Djgitized by C'iikv’Ic
Pie pereJifttmkeit eine
ober
©runblinien einer f^jlematifcken
93on
D. §ranj ^^eremin.
Zweite, »erbefferte iSuflagc.
53 e r l i n ,
Verlag tton Sunefee unb «Ountblot.
1837.
Digitized by Google
Digitized by Google
0 r r e t) e.
iÖiefc ©c^rift, bic id) juerjl im 3abre 1814,
au^gab, erfc^cint ^ier, bid auf metitge unb unbebcu^
(enbe SScrdnberungen unb 2iuöla|fungcn, in ib«r frü*
(>ercn ©cjlalf. Jg)dttc ic^ an einjelnc Jb«de bie J^anb
(egen tvoKen, um fte um$uarbeiten unb weiter aud«
jufübren — wie icb bie^ (eifere in 93ejiebung auf
bie geifUicbe Serebfamfeit oft gern getban bdtfc —
fo würbe baraud eine Umfcbnie(jung bed ganjen (8u»
d)ed entfianben fepn. Jg)ierju moebfe icb mich nid^f
entfcbließen/ um fo weniger, ba icb noch jt$t
mit bem 3nbalte beffetben einoerfianben bin, unb
niebtö baoon jurüefnebme. 3a e^ gereicht mir ju
einer befonberen greube unb ©enugtbuung, eö febon
bamald, oor jwei unb jwanjig 3<>brtn? au^gefproeben
}u bnben, baft bad innere 0laubenäIeben bie einzige
Üuelle ber geijllicben 33erebfamfeit fep ♦). €ine folcbe
*) 59 — 67 .
a *
Digitized by Google
IV
Söc^auptung mu^lte bamafö fc^r befrembcn; aber
fc^eint mir bai^ 3«iialter fcbon mehr in biefe lieber»
jeugung bereingerücft ju fepn.
Slnflait alfo boö, roaö ic^ noc^ über bie geifllic^e
5Berebfamfeit ju fagen b<»bc, an nerfc^iebenen ©teilen
in bem S5ucbe felbjl ju »ertbeilen, id) toorgejo»
gen, e^ b«ft jufammenjufaffen. betrifft ben «DJaag»
(iab,ium ben ?ajertb einer ^rebigt ju beurtbeilen,
bad SSerbalten bei bem J^ernorbringen ber ^rebigt,
ihre gorm unb ihre ©prac^e.
fehlt an einem aßgemein anerfannten 5)iaafk
(labe, um naeb bemfelben ben 5CBertb ber geifllicben
Sieben ju beurtbeilen; unb ein feber „^rebiger mufi
roünfcben, porerfl auch' nur «n ganj fubjectiöeö Äri»
terium jur ©cbd^ung feiner eigenen Slrbeiten ju be»
ftfeen. 2)ieö mürbe ficb aber auö ben öon mir auf»
geßeßten ©runbfd^en ohne 3)?übc ableiten taffen. 3)ad
bbcbßc @efe$ ber 93erebfamfeit, anmcnbbar auf aOe
SSerbültnife, roorin ber Siebner ficb befinben fann,
bat in biefer ©cbrift ben Slu^brucf erbalten: (Er fud)e
feine jebedmalige 3bee auf bie bem Bubbrer notbmen»
big inmobnenben 3been jurücf jufübren ; unb bie^ @e»
feb, mie ebenfaßd bemerft morben ifl, fann er nur
erfüflen, menn bie flttlicben 3been frdftig unb leben»
big in ibm felber mobnen. ®iefe 3been in ihrer @e»
Digitized by Google
V
/
unb bcr burd) i^n
bem sOJcnfc^en, unb namentUd) bem S^riflen, »orge^
}fid)net< 55cruf. 3luö jener oflgemeinen gormel würbe
ftd) olfo für ben geifilicben SRebner ba^ ©efe§ oblet»
ten lajfen: ©r (hebe feine 3u(>örer — unb bamit bteö
gefc^e^en fonne, juerfl ftc^ felbfl — nad) bem SßJtl«
len ©offeö ju bilben. Unb biefe gormel würbe wie»
ber g(eid>bebeufenb fepn mit ber folgenben, bie wo^l
überhaupt «lö bie flarfle SBejeic^nung für bie 2lufj
gäbe be^ (ßrebiger^ würbe angefe^en werben fbnnen:
€r (Irebe, in feinen ^rebigfen ©off ju gefatten. ©o
^at ftc^ fc^on €^r 9 fo|Tomuö *) hierüber au^gefpro«
d)en: „SUfo foll audj ©erjenige, fagf er, ber ben
Äampf ber ©ele^rung übernommen ^af, nic^f oon
• ) 2Jom ^riefferfbum, fi6erfe|t t50n SRitter, ®ucb V, Äap. 7.
Mti ToCrvy fitfit o ßiSaaxnX(a<; ävnde^rifteroq toi-
dywvn, Tal? rwv tiitpiiftlai.i Äjoaf/tTW, fttißi ann
■zovTuv Tt)y fauToT; xara^a)J.fiu «Ai* i^yaJ^öfU-
xoq tntiq Xöyovg, tu? av df>eatit toi 0foi (oi'to; yap
niiTiii xai'ojy xat OQog ioToi fioroi; aQtarij^
ylaq Ixilvoiv, xqöxot, fn\6i tiqirifclni) tl fih' inttovoiTo
xnl TtaQa tÜv dvO-Qwfloiv, firi ßtaxQOv/a&oi rn iyxtifttrt.
/III naQiynyToix ße aircn rax tixQortTWv, ftfißi ^xiTfhoi,
/ttjßX <lXytiT<u. ixavii yäg avTiö naQnfivO-ta xotv jtövoii',
xai näxToix fuCQur , ot av tavrm avxfißevai ßvrt^tu,
«gö? nQioxeiav Tov 0foD avvTiO-eh; xal ^vd-fiCQon' Tt;r
ßißuaxaXUiv,
Digilized by Google
VI
bcm iBcifaß anb<ccr o6^>dngcn, noc^ i^refwegctt bett
9Rutt) finffrt laflfcn; fonbcrn feine Sieben fo ou^ar^
beiten, ba^ fte ©ott gefallen fbnnen — ba^ fep für
ibn bie Siegel unb baö einjige 3id i^rer 3lnfer«
tigung, nidjt Seifatt, nic^t gob. — €r »erachte jroac
bie SBeifall^bejeugungen nic^t, wenn fte i^nt bon ben
?Dfenfd>en gefpenbet werben, fudje jtf fo
wenig, noc^ betrübe e^ i^n, wenn feine Su^orer fte
if>m nic^t ertl)eilen. ^a(>ren unb über aQe^ er^abe^
nen Jrojl bei feinen' 2lrbeifen, giebt ibm allein ba^
SBewußtfe^n, feinen SSortrag nad) bem SBeifaße ©otf
te^ eingerid)fet unb au%arbeitet ju haben." J^ier«
mit wdre alfo ba^ fubjectibe s0ierfmal für ben geijl»
liehen Siebner jur ©cha^ung feiner Slrbeiten gefuw
ben: .€r hat ©runb bamit jufrieben ju fepn, wenn
er bei ihrer J^eröorbringung nach allen prüften ge«
(trebf hat; ©ott, unb jwar ©ott allein, nidjt ben
SJienfchen, ju gefallen. S)ieö i(l h«« nicht nur ein
richtige^ Sjjcrfmal, fonbern e^ ifl au(^ ba^ einjige
fichere; unb eö wirb ftch barthun laffen, baß nichts
anbereö, nicht bie Sluöbilbung ber ©ebanfen unb ber
gornt, nicht ber S5eifaU ber Suhörfr; nicht bie eigene
Begeiferung bei bem J^eröorbringen unb J^alten ber
iprebigt, ja baß nicht einmal ber ©egen ben ße wirfet,
ein gewiffeö Seichen für ihren SBerth abgeben fönnen.
Digilized by Google
Vit
^dn fonntc glauben^ gehöre $u einer guten ^ipre«
bigf, ba^l ber c^rifHtc^e ©cbolt/ ber nie fehlen barf,
grünblic^ unb jufammenbungenb enttoicfeit, unb in
einer febonen gorAi bureb bie ©proebe bargefiellt fep.
Unb gewi^ wirb man bie Srfiißung biefer Sebingum
gen unnacbficb^It^ denjenigen forbern burfen,
welche bie gdbigfeit ba$u beftben; wenn biefe e^ baran
fehlen liefen, fo müflfen fte ficb »ortoerfen; bafi fte
bie Ärdfte, bie ©oft ihnen gab, nicht ju feiner ©hff
angewenbet, nicht nach ihrem heften 93erm6gen ge«
fucht h<iftfn, ihm ju gefallen, ©ine iprebigtweife, bei
welcher eine bialectifche unb dfthetifche SSoOenbung
angeftrebt wirb, muf aifo denjenigen, bie einen um
oerfennbaren SBeruf baju haben, geflatfet, unb gegen
ben ungerechten SSorwurf, a(^ woOten fte boburch
nur menfchlicher ©itelfeit frbhnen, in ©chu| genom-
men werben, durch einen folthen elenben SSewegungö^
grunb würbe man ftch auch niemals hinlänglich ge-
(tdrft fühlen, um bie großen ©chwierigfeiten, bie
eine folche 3lufgabe barbietet, ju befdmpfen; unb man
wirb nur bann bie baju erforberliche Äraft unb Slu^»
bauer befihen, wenn man um ©otte^, unb nicht
um ber SiJtenfchen 5Bißen feine 2lrbeiten einer folchen
SSoßenbung näher ju bringen bemüht ift. diefe ^re»
bigtweife ift jeboch nicht bie einzige, e^ ift nicht ein-
Digilized by Google
VUl
mal bie befie. giebt fromme, in i^rem Zinnern
febr Icbenbigc unb roeitgeforberte SScrfünbtgcr be^ gott»
lieben SBorieö, benen bie @abe eine^ tiefen unb ju*
fommenbdngenben S)enfen^, fo mie eine^ angemelfe«
nen unb fd)6nen 3luöbrucfö, nicht oerlieben ijl. JQai
ben nun auch bie ^ortrdge folcber 0)!änner manche
unoerfennbare ^dngel, fo fann ftch bo^ tro$, ja
fogar oermittelfl berfelben — toenn fie ndmlich in
einer unbeftegbaren ©chranfe ber 9fatur, nicht in Un«
/
fleiß ihren @runb h«ben — baö ©örtliche baö in
ihnen ifi, mit großer Klarheit unb Kühnheit au^«
fprechen; unb ihr SBirfen wirb nicht nur oor ©ott
ooUfommen begehn, fonbern auch oor ben SJIenf^en,
unter benen bie ©ebilbete|ten fich oft gerabe burch
ba^, wao ihrer fonjligen ©inne^art am frembeften
i|l, am meiffen erbaut fühlen. 3u ojelcher oon bie*
fen ^rebigttoeifen ein ©eifllicher berufen fep, wie weit
er ju ffreben, toomit er {ich itt begnügen ^aht, ba^
fann ihm nur flar werben, wenn er {ich, unbefüm*
mert um homiletifche Siegeln, in ^ejiehung auf ©ott
unb feine gorberungen prüfi.
Sluch baju fönnte ber geijiliche Siebner oerfucht
werben — unb leiber wirb er eö nur gar ju oft! —
in bem SSeifaß unb in ber größeren Slnjahl feiner
Suhorer ein 3c«9ni0 f«f SSortrefflichfeit feiner
Digitized by GcJOgle
IX
^pwbigten ju fe^cit; ober ben ftnfen }u laffen,
toenn biefe Ermunterung i(>m fe(>lt. mu^l jebocfy
etnleud)ten, baß biefe Erfolge oft burc^ {ufdOtgeUm»
jidnbe bewirft werben; boß eö ßdj bamit oer^dlt wie
mit bem Siubme überbaupt, mit bem SJeic^tbum unb
mit ben EbrenßeDen, welche nie einen 9Raaßßab für
bie SBürbigfeit unb für bie böb<«n gdbigfeiten eineö
5J?enfd)en abgeben fönnen. S)eöboIb wirb fc^on für
natürlitb eble sßfenfcben bie Erlangung beö Üiubraeö
niemals baö bocbße 3i«l ff 9 «, wonach ße trachten;
fonbern ße werben eine würbige Siichtung »erfolgen,
unbefümmert ob ßch ber £)2uhm an ihre ^ußtapfett
hefte ober nicht. Unb für ben geißlichcn Slebner
foUte bie ©unß ober bie SKißgunß ber SRenfchen baö
hochße Urtheil, unb ihren S5eifaQ }u gewinnen, bie
hbchße Slufgabe fepn? !Daburch wdre plbi^lich fein
SBirfen, ba^ nur auö ben reinßen 31ntrieben heroor»
gehen foQ, }u einer Solf^fchmeichelei erniebrigt; unb
e^ fonnte ßch nur bie chrißliche J^omiletif bequemen
Äünße JU lehren, beren bie heibnißhe Sihetorif ßch
geßhdmt h^Ue. SRan würbe auch einer großen SHns
jahl hoehß frommer unb achtungöwerther ©eißlichen,
bie aber gerabe feine Lieblinge beä ^ublifumä ßnb,
ben Jroß abfprechen müffen, ben ba^ Seugniß ihreö
©ewißen^ ihnen gewdhren fann unb foß. S)aö iß
Digitized by Google
X
mir rin trefflicher 9{ebner, bem e^ ganj sleid}gultig
iß, ob er öor brei 3uhörern, ober »or breitaufenben
prebigf. Ser Jg)inblicf auf ihre Slnjahl; ba^ Häufchen
auf ihre gunfligen ober ungünfiigen Urfheile, i|! eine
fchmachuotle Slbhängigfeit für ben ©eijilichen; unb
ein jeber foQfe eilen, ftch uon biefer Äette ju be^
freien, bie SOIan^e ihr ganjeö ?eben hint>urch h*nttf
fich htt fchlrppcu. Sie^ wirb man aber nur errei»
(hen fönnen, burch ba^ S3eharrcn bei bem oon un^
angegebenen «OJerfmale, unb bei unferm ©runbfa^e,
ber auch ber ©runbfa^ be€ ^auluö war, welcher
fpri(ht*): 2Ufo reben wir, nicht alö wollten
wir ben SÄenfehen gefallen, fonbern ©ott,
ber unfer J^erj prüfet.
Sa nun ber SBeifall ber Buhbrer fein ftchereö
Seugnifi für bie SSortrefflichfeit einer ^rebigt iff, fo
wirb man auch niemals etwa^ au^ bem einjigen
©runbe, ioeil (ä baju bienen fbnnte biefen ^ifalt
ju erwerben, bem ©eifllichen jur ^flicht machen ober
anrathen bürfen. Sholuef unb J^ormö, jwei üon mir
hoch Perehrte 50?dnner, h^^ben in biefer 35ejiehung, fo
wie über manche^ anbere, baö jur geifflichen 55ereb?
famfeit gehört, 3lnftchten geduficrt, benen id) nid^t
•) 1. Zpcffal. 2, 4.
Digitized by Google
XI
beipimnifn fann. in feiner lehrreichen 58or» .
rebe jum ^weiten Steile feiner ^rcbigfen, geht »on
ber Srage SBelche^ finb bie 5DZittel,
bie gebilbeten ÄUffen »ieber jur
nöhnie am ©ofteeSbienfle junicfjuföhren?
3d) glaube/ eö giebt nur €in ?9?ittel $u biefem 3»e(f :
aifo ju prebigen, ba0 man ©ott gefallen fonne; »ob-
len bie ©ebilbeten al^bann ihr !|:h(ii (Erbauung mit
himoegnehmen / fo wirb man fich be0 freuen ^ »ollen
fie eß nicht/ fo »irb man e^ bebauern; aber man
hat feine ©djulbigfcit gethaU/ unb »egen ihre^ 9?ach«
theilö hn^fn |»e feinen anjuf lagen/ aW ftch felbjf.
sSiH mon aber auf bie 3feigungen unb ben ©efchmacf
ber ©ebilbeten/ bie 25orfchläge ju anbern ?9fitfeln grün»
ben/ fo.ȟrbe man ben geifflichen 9iebner baburch
ber aHeinigen Slbhüngigfeit pon ©ott/ »orin er fich
fiet^ befinben foll/ entiiehn/ unb man ȟrbe ihm
nicht einmal einen fichern Erfolg perfprc(^en fön»
nen. /,3n einer 3«iti führt Zfyolud fort*) **)/ »o
«in« fiürfere 2lutoritüt für 3Siele ijl, al^
^aulu^, unb ein ®iflichon ©öthe’ö eine früftigere
95elegfieße/ alö ber ganje Siömer» unb ©alater »35rief/
*) ®. IX.
••) ©. Xll, Xlll.
Digitized by Google
XII
barf bnr »clever auf feine ©emeine tuirfen
»iß, mit if>ren ©ewd^römdnnern nic^t unbefannt
fepn SBoflen »ir unfere ©ebilbeten ber Äanjel
ndber bringen, fo »erben »ir nic^t uermeiben fb»
nen, öfter alö ber ge»öbnlid>e ©tpl e^ t^ut, auf
bie ©ebiete, in benen i^r geben »urjelt, hinüber ju
»eifen. ipauiu^, ber in 3ltben ben 31ratu^, unb uor
ben Äretern ben Spimenibe^ in feiner ^rebigt citirt,
»irb unfer ©c^irm fepn, »enn bie Jg)omi(eten un^
anfiagen unb öerbammen.'' 3eh »iß feincö»egeö be»
haupten, baß Sitationen auä diteren ober neueren
^rofanferibenten immer auä bem ^anjcloortrage t>er>
bannt fepn mußten; benn »arum foßte et»aö, baö
an ftd) fchi(flich unb anßdnbig ifl, nicht auch in einer
^rebigt gefagt »erben fönnen? 5Benn bie mehrefien
foicher Sitationen, bie mir bi^htr oorgefommen ßnb,
et»aä Unangemeffeneä unb ©törenbe^ }u halben fchie«
nen, fo i(i bamit' noch gar nicht gefagt, baß ße nicht in
einem anbern Sufammenhange höchß paßenb unb fehief«
iich erfcheinen fönnten. 3nbeß glaube ich, baß man
ßch folche Anführungen nur bann geßatten barf, »enn
ße bei ber natürlichen 95e»egung ber ©ebanfen ßch
ganj oon felbß barbieten, ©o bietet ba^ Sitat au^
bem Aratu^ ßch bem ^auluä h^chß ungejmungen
bar; unb eeJ fann nicht auffaßen, baß er, inbem
Digilized by Google
XIII
er ju bm 2lt^<ntcnfeni üon b«tn b<n J&eiben in*
tno^ncnbm @otf(^bcn>u^tfcpn fpric^t, bie^ burc^ bie
5Borfc eine^ ^eibnifc^m S)ld)ferö belegt, b«r gefagt
i>af, bie 9Jienfd)en ftnb göttlichen ©cfchtechrö *). 3a,
e^ war ihm h«r gerabe ein folcheö Stugniß noth»
wenbig, unb er burfte ftch »or ben 2lti>enicnfem auf
fein anbereä berufen. ^ifibiOigen aber imiflte ich
burchau^ folche älnfuhrungen, fobalb fte
gen würben toon einem ^rcbiger, ber ben jßeifatt ber
©ebilbeten gewinnen, unb geigen wollte, baß er auch
ein ©ebübeter fep ; unb fte würben aläbann oermuth*
lieh ouch ba^ @efüh( ton Schief lichfeit, ba^ ben
@ebi(beten eigen }u fepn pflegt, terle^en. Slber auch
nicht einmal bann, wenn fte nothwenbig §ur ®eban*
fenreihe gehörten, würbe man ftch ton ihnen mit
©i^erheit ben Erfolg terfprechen bürfen, bie mober*
nen 3lthenienfer ber ^anjel nüher ju bringen. 2)aä
SSeifpiel beö 2lpoßelö beweifet allerbtngö, baß ße in
biefem gaüe ju geßatten ßnb, aber nicht, baß ße
wirfen; benn ^paulu^ fanb wenig (Eingang $u lUthen.
©0 iß eö mir, ich fc*orf befennen, aud) auf*
*) Nec vero mirum cst PaiiluiD, cui sormo erat apud boitii-
nes incredulos, ct verae pictatls ignaros, poctac trstlnioiiio
iiti, in qiio cxMnbat ejus notitiae roiifessio, qiiae iialiira-
liler biimanis nicntibus indila e.st ar iiisculpla. Calvin.
Digitized by Google
XIV
faflenb genjefcn/ wenn 6<i ber ^vaQtf ob man
Sogma ober SKoral prebigen folle, ftc^ auf ba^ Ur^
t^eil beöSSolfeö beruft’*'). ;,S)ic wir un^ aber auf
unferem ©ebiete, ba^ wir fo nennen/ ju Ralfen ^>as
ben/ wir fragen blofi: wie i(l baö aufgenommen toom
SSoin unb, waö wirb je^t lieber gehört, ©lauben^»
le^>re/ ober ^flic^fenle(>re? . . . 50?an mag beibe nic^f,
ben ©lauben nic^t, unb bie 8iebe nic^f; bod) wenn
wir ben ©lauben prebigen/ fo befommen ober fo be*
galten wir ti^tnn wir bie Siebe,
bie SJJoral prebigen. ... 3emanb mirf>
aufgeforberf, in ben erflen 3a^>ren meinet J^ierfepn^:
prebigen ©ie sSKoral, ?SRoral, fo muffen wir bie
Äirc^e gröfer bauen; id) jweifle aber feinen 3iugen«
Uid, wenn ic^ get^an ^dtte, unb im ©inne bie<
fe^ SJfanneö, fo würbe ic^ fe|f öiel weniger 3u^6rer
^aben, al^ id) (>abe." Ser »eref)rte SSerfaffer weif!
fe^r wo^I, bafi man feine ^fli^t t^un, unb ben
©lauben prebigen muffe , felbff auf bie ©efa^r, äße
Su^orer ju oerfc^euc^en. ©r fagt auc^ halb bar«
auf: „Uebrigen^ bcrfraue ic^ i^nen, baf fte anbere
©runbe f>aben ben ©lauben ju prebigen, al^ ben 3u»
lauf, ben S5eifaß, welc^eö aud) blof bienen foH'ju
*) Oer ^rebiger, 0- 85.
Digitize?^ hy Googic
XV
einftn be jlo frcubigeren 21uft^un i^reö ?0?unb<ö. “ 2)a
olfo anberc unb bejfcrc ©rünbc gibt, fo ^dtte
fid) aud) n>o^( gqiemt, bicfc allein
anpatf bie jungen ©eifllic^en auf baö Urt^eil beö
5Solfö unb ben 95eifaH be^ ^ublicumö ^injuwcifen.
2lud) bie 95egeif?erung , bie man wdbrenb beö
SluÄjrbeitenö ber ^rebigf, unb bie 3«frieben^eit bie
man fu^It, na^bem man fie gehalten, beweifen »obl
nic^t^ mit ©ic^er^eit für ben SBertb ber ^rebigt;
fie fbnnen wenigfiend fehlen, o^ne bafi fie be^^alb
fc^lec^ter fep. ®ie erfle »erlangt J^rmö, wenn er *)
„ein kommen ber©ebanfen forbert, ba fie mef>r ge>
funben alö gefuc^t erfc^einen, unter ber greube, bafi
fie nid)t au^bleiben, unb. einer greube um meiner
Subbrer mißen, um meinetmißen nid^t, ba^ bie wer*
ben bauen erbaut werben.'^ S)ie eigene Sufriebenbeit
febeint Jboiucf J« »erlangen, wenn er fagt**): „S)er
^rebiger, wenn er »on ber Äanjei herunter fommt,
mu^ ?0?utterfreuben fühlen, greuben ber 50?utter, bie
unter ©otteö ©egen ein ^nb geboren 2Bir
wünfcben aßen denjenigen ©lüdE, benen ebne fötU
mifcbuttfl menfcblicber Sitelfeit foI(^e (Erfahrungen ju
*) 'iJJiit rcbcn. 0tut)ien unb .Sritifcn. 1833. IDriU
fcä 0. 821.
*•) '2?orrcbc jum jweifcn £b*i( feiner ^rcbigten, ©. XVII.
Digiüzed by Google
XVI
werben; aber wir muffen eö jur 6teuer ber
SBabr^eif unb jum Jrofl nieler a(^tung^wertben ©ei(l>
litten behaupten; ba^i auch ohne folche- Smpflnbum ^ ,
gen toor unb nach bem J^alten ber ^rebigt, ja ba^l
bei entgegengefe§fen Sufldnben, bie ^rebigt benfelben
^ertb hoben !ann. iJßie ndmiich ba^ 0ebet, bad
fleh oh«« Sreubigfeit auö einem troefenen J^erjen loö'.
winbet; oft gerabe baö befie unb wirffamjle ifl, fo
fann auch bie ^rebigt gut fepu; bei welcher man
burch feine SSegeiflerung getragen’; nur bur(h fejlen
€ntfchlu^ unb anhaltenbe^; obwohl freubenlofeä $e»
ten; bie ftch h<^uf<nben €chwierigfeiten überwunben
hat. SRach einer folchen ^Jrebigt; wirb man freilich
nicht mit ber greube einer 03?utter; bie ein ^inb ge«
boren hot/ fonbern man wirb mit bem fchw^rjüch«^
©efuhl; einem großen ^Berufe nur üniureichenbe Ärdfte
wibmen }u fonneu; bie .^anjel oerlaffen. ^ber man
wirb auch; um bie eigene Unjufriebenheit ju befdm«
pfen; unb um {ich über ungünfiige Urtheile ju trb«
fleu; bie QBorte beö Jg)errn auf (ich anwenben bür«
fen*); SCBaö befümmert ihr ihn? Sr hot
f-
gethon, wa^ er fonnte.
9?icht einmal ben bie iSortrdge eineä @eifilici)en
be«
*) ÜRarci 14, 6. 8.
Digitized by Google
XVII
kgleltcnben ober nic^t bcgieitenben ©egen würbe id)
olö ein fidjereö Srugniß für ober gegen fte onfe^en.
5Benn man freilich einen ©egen meint, ber früher
ober fpüter erfolgt, ber oft nii^t wa^rgenommen, fon»
bern geglaubt wirb, fo wirb biefer bei einem freuen
geijflidjen SCBirfen, einem aufrid>tigen ©freben nac^
bem 2Bo^lgefaHen 0ofte^, ju hoffen fepn; aber er
wirb nic^t nof^wenbig bei einer jeben einjelnen gu*
ten ^rebigf ^eroortreten müffen. SBoIIfe man
aber fd)on bie burc^ einen Diebner ^eroorgerufene
Siü^rung unb S5egeif!erung für einen ©egen galten,
fo müflte ic^ bie^ für einen großen 3rrt^um er*
fldren, inbem id; glaube, baß folc^e €rfc^einungen
auch o^ne eigentliche tief gebenbe Erbauung ©taff
ßnben fonnen. 3a man wirb nicht umhin fbnnen,
ßd^ baö gehlen unb Sluöbleiben be^ ©egen^ felbß bei
einer chrißlichen, oortrepchen ^rebigt, aB einen
mbglichen gall ju benfen. 3)enn woßte man ihn
nothwenbig baran fnüpfen, fo würbe man bie menfch»
liehe Äraft ju fehr erheben, unb bie göttliche ©nabe
befchrdnfen, bie ihn gewdhren ober oerfagen fann.
3Ba^ ein oon ber Äanjel gefprocheneö SBorf jur €r«
bauung beö J^brer^ wirft, ba^ wirfet eö nie buri^
bie S5crebfamfeif be^ ^rebiger^, ja nicht einmal burch
feinen ©lauben; fonbern aUein burch ben ©eiß @ot»
b
Digilized by Google
XVIII
fe^, bem cß gefdßt btefeö 5£Borf mit feinem Segen
iu begaben; bem e^ aber auc^ gefalTen fann, burd)
ein minber frdj^igeö 533ort, wenn tß nur nic^t gerabe
und^rifllic^ ift, nod) »Ul größere ®jngc ju wirfen.
5)?üßten bie gemalftgßen unb S33orfe aud)
immer bie gcwalfigßen ?SBirfungen ^eroorbringen, fo
müßte bie^ an ben SBorten; »eld)c bie etvige
Sß3a(>r^eit felber gefproc^en ^at, nacßweifen laßen.
2lber S^rißu^ erfidrte au^brücflic^, baß oiele feiner
3u^6rer »on feinen Sieben burc^uö feinen ©egen
^aben mürben *). ©agegen warb bie ^rebigt be^
^etru^ am ^ßngßfeße, bie man bocß »obl nicßt
bbber ßeöen wirb; atö bie Sieben be^ öon
einem Erfolge begleitet; wie i^n biefe niemals gehabt
hatten^ benn <ß war bie ©tunbe beö ©eißeö unb
beö ©egen^. «Wan barf fogar annebmen; baß ba^
2Bort eineß reblicßen Siationalißen jur Srwecfung be^
©laubenö; ber ihm felber fehlt; gefegnet werben fönne;
unb ba^ mürbe baburcß ju begreifen fepn; baß bie
Suhbrer in folcßen §dtten ßeh tdufi^en; unb ihren
eigenen ©lauben in bie SEßorte be^ ?0ianneö
legen. SBenn man aifo; mie man foü, bahin firebt
©rbauung ju bemirfeu; fo mürbe man felbß bei bie^
•) gWaftWi 13, 13 — 15.
Digitized by Google
XIX
fern 0freben, burd) ben oieOdd^t f<bf<nben 0€gfn,
in ^emirrung gerätsen fbnnen, nxnn man nid^t baä
cinjigf unimglid;« 5Kerfmal fefibielfc; ?Kan prebige
gut, wenn man nac^ feinen Ärdffen |lrebe, burd> fein
^rebigen @ott ju gefallen.
Sie^ »dre aifo ber fubjectiue ?0?aafljtab für ben
geifflic^en dlebner felbff. Ü)ie Bu^&rer werben aOer;
bingä berechtigt fepn, au^jufprechen, bie ^rebigt höbe
fie erbaut ober nicht; aber fte würben woh( thun,
and) in bem (e$ten §aQe, fleh eine^ ungunfligen Ur»
theil^ über ben l&krth ber ^rebigt felbfl }u enthob
ten. Den fritifchen SBeurtheilem möchte man anra*
then, fleh mit einer ^horofteriflif )u begnügen, unb
mit einer J^erporhebung foicher SteDen, welche bie
^Richtung eineö geifllichen SlebnerP'bejeichnen; nie*
malö ^aber fleh über feine Sirbeiten ein »erwerfenbe^
Urtheil }u erlauben, benn biefeä trdfe fein innere^
2eben felbfl, unb ginge weiter, alö ein «Dlenfch gegen
einen anbern ^enfd^en gehen barf.
2Ba^ nun ferner baö Verhalten unb bie ?5Rethobe
bei bem Jg>erPorbringen ber ^rebigt betrifft, fo würbe
hier bie grage $u beantworten fepn: ©oH man auf*
fchreiben unb au^wenbig lernen? @oQ man fleh mit
bem erfien begnügen, ba^ jweite aber unterlaffen?
@oU man fleh non bem einen wie oon bem anbern
b*
Digitized by Google
XX
frei madjen; nur btc ©ebanfen üorbereiten unb orbi
nen; wegen M 3lu^brucf^ aber ber Eingebung bed
Slugenblicfe^ »ertraucn? 3^ ontworte nact) meinen
©runbfd$en: ifl ^fli^t eineö jeben/ biefe oerf
fd)iebenen sWetboben ju öerfueben, unb biejenige für
fid) ju wdblen, bei twlcb^f «*■/ gewijfenbafter
©elbflprüfimg , hoffen barf, fein innere^ 8eben am
»oUfIdnbigÜen aü^jufpreeben. ©o bonbeit er nach
bem 5öillen ©otfeö/ ber ben SRenfeben »erfcb‘ti>fOt
©aben ertbeilf, unb ihnen babureb auch in bem SBir«
fen für fein SReicb ein uerfebiebeneö SSerfabren borge»
febrieben boi* SRdnner, benen ein langet,
einfameä Sßacbftnnen nicht forberlicb/ fonbern binber»
lieb ifl; bie halb baö SBicbtigfle gefunben bal>fn, baö
über einen ©egenflanb ju fagen ifl; beren Segeifle»
rung in ber lebenbigen 3?>en>egung be^ ©preebenfj
»dcbfl, unb benen gerabe bann bie frdftigflen ©eban»
fen, SBenbungen unb 3Iuöbrüde juftrbmen. ©olcbc
tOldnner ftnb jum Sptemporiren berufen; fte würben
ben SSJillen ©otte^ fd)Iecbt Perfiebn, wenn fie nid)t
biefe ?5)fetbobe befolgten; unb fle wdren nur ju war»
nen, baji fte, im SJertrauen auf ihre ©aben, ficb
nicht auch ber 25orbereitung ber ©ebanfen, bie auch
ihnen unerld^Iicb fepn möchte, überboben glaubten,
giebt anbere SOlenfcben, bei benen ba^ innere 2e»
Digitized by Google
XXI
brn old (an^famer fließt. S3et bem erfien $(id auf
einen ©egenfianb feßen fte wenig ober nicf^t^; er ent»
^uOt ißnen nur bann feinen 9ieic^tf>um, wenn fte if>n
lange unb unoerwanbt betrad)ten. ®ie 95egei|lerung
ergreift fte nic^t pI6|Iic(;; fte t)afM an ben ©eban»
fen, unb fte muffen ftc^ wie in biefe, fo in fene,
a(Inml)(ig ßineinarbeiten. S)a^ Sßort, bie ^enbung^
bie ißnen }uerf! einfaQen, ftnb niemals bie paffenb»
ffen; nur bei Idngerem S^ac^finnen gelingt eö ißnen,
ben angemeffencn Sluöbrucf ju finben. fdUt in
bie Singen, baß folc^en ?9?enf(^en, wenn ße ^rebi»
ger ßnb, oon ©ott felbß bie ^ßicf>t auferlegt iß,
nietet nur bie ©ebanfen oorjubereiten, fonbern auch
bie SEBorte aufjufdjreiben, ja biefe ?QJorte, wenn fte
ftcb nlt^t toon felbß bem ©ebdd^tniß einprdgen, form»
lid) auöwenbig ju lernen. SBenigßen^ würben ße
hierin fo oiel t^un muffen, alä ße nac^ ben S}er»
bdltnißen, worein ©ott ße Perfekt i)at, ju leißen
oermogen. Sine foldje Slrbeit iß fc^wer, unb e^ wdre
ju wunfd)en, baß bure^ eine frußjeitige Uebung im
ejetemporirten Sieben, wofür man aber in unfern beut»
fc^en S5ilbung^anßalten ju wenig t^ut, ber Unter»
f(l)ieb jwifc^en biefen beiben Slrten pon SRenß^en eini»
germaßen ausgeglichen würbe. SS fann aud) juge»
geben werben, baß baS Ülnhoren einer ganj ober }um
Digitized by Google
XXII
mit bcr unioerfennborm ©abe bajU; e^tcmporiri
ten Sieb« für bm ^6rer erfreulicher unb erregenber
iji; wenn mon aber nur cm fold)e Sieben ben gotts
liehen ©egen fnüpfen; unb ihn ben oudgearbeiteten
unb memorirten obfprechen wollte, fo würbe man
mehr behaupten, alö ein sDfenfth ju wiffen im ©tanbe
ifl. Äeiner hot fo gefchieft wie genelon *) bie SSors
iüge eineö freien ©prechenö au^einanbergefe|t. 5GBenn
er aber jeneel anbere, mühfamere Verfahren gdnilich
oerwirft, fo hat bied wohl feinen ©runb barin, bafi
ber theure unb treffliche ^ann hitr nicht genug auö
ftch felber hrrau^gegangen iff, um fich in anbere oer*
fchieben begabte Siaturen hintinjubenfen. S)enn ihm
war e^ freilich Sfflfben, ohne SSorbereitung unb ?0Juhe
auf bad Slnmuthigf!^ }u reben; aber warum foU benn
gerabe 3eber einen folchen 58orjug befi^en? Sluch
bem S)emo(lh<neö hat er gefehlt.
S5ei einem »tieferen Einbringen in bie Sefi^affen»
heit beö ©lauben^lebend, welche^ fich ber ^rebigt
barfießen foß, werben fich über bie gorm berfel»
ben folgenbe Siefultate ergeben: ®a^ ©laubenöleben
ifl in einem 3eben, ber ti wirflich lebt, unb ber fich
*) Scnelüii’ä Sialo^cn über bie jöerebfamfeif, überfe$t »on
©(blwtcr, 86 folg.
Digilized by Google
XXIII
nid)f mit b«r 9?ac^a(>nmng eintö fremtxn b<»
gnugt, ein ganj eigent^ümlic^e^, bdä mit bem cineä
anbem ^e()n(ic^feit ^ben, aber nie gan$ bamit
fammenfaden {ann. !Diefen feinen etgentbümlic^en
0tempe( wirb e^ adern n>a^ au£( brmfelben
gebt, ber getn&bnlicbtn ?Htbe, bem SSerbalten, ben ^anb'^
lungen, unb alfo auch ber ^rebigt aufbruefen (bnnen
unb muffen. Srwdgt man bie^, fo muß e^ ader«
bing^ befremben, baß bie ^rebigt unter un^ nur an
eine wenig uariirte gorm gebunben erfebeint. €in
angebenber geißliebtt S'iebner wirb }war Wobltbun,
unter ben beßebenben formen bie ibm am meißen
jufagenbe ßtb an$ueignen; aber e^ läßt ßcb erwar«
teil, wenn fein innere^ £eben ßcb einigermaßen friß
tig entwicfelt, baß d halb biefe erße gorm bureb-
breeben, unb baß eö für jebe neue ©tufe, bie ti er^
reicht, auch eine neue gorm ber Siebe ßcb f^affen
werbe. S)urcb Siegeln, bie oß nur be.
fcbrdnfte unb befcbrdnfenbe ä^orurtbeile ßnb, fodte
hier Siiemanb ßcb juruef holten laßen; benn ecl giebr
feine im $orau^ außußedenbe Siorm, in welche jebe
^rebigt bincinpaffen mußte; fonbern eine jebe fuhrt
ihren eigenen ^aaßßab jur ^eurtbeilung mit ßcb.
©aber Iß e^ eine erfreuliche (Jrfebeinung ber neueßen
3cit, baß ausgezeichnete 5fanzelrebner ßcb ib<^t eige.
Digilized by Googic
XXIV
nm ^ege bahnen; unb ba^ bmdbrfe ÜJ^dnncr, toie
Z^olud unb J^arni^ in ben «ngcfü^rt<n ©c^riftcn,
2lnnxifungcn crt^cilen, bie nac^ i^rem allgemeinen
©inne bie Slufforberung ju enthalten fc^einen, bie ^er»
fonlic^feit in bee ^rebigt freier malten $u taffen, ^an
wirb alfo ba^ 9f?eue in ber ^rebigtform gern anerfen«
nen muffen, fo fern e^ ndmlic^ mirllic^ au^ bem
inneren ©lauben^Ieben entfprungen, nic^t auö einer
ungeregelten €inbilbung^traft ^erüorgefprubelt, ober
um Stuffe^n ju erregen, toiHfürlic^ erfonnen i(l. 9iut
rnirb man immer beoorworten bürfen, baß baö §rm
^ere baneben nic^f oeraltet ijl, unb ba^ tß fie(>n blei»
ben fann, aW eine gorm, in »el^e fromme @emu>
t^>cr i^re ©ebanfen ^ineingebilbet ^aben, unb melc^
fdr oermanbte ©eijler, unb auf d^nlicf^en ©tufen,
biefelben S)ien(le leijlen fann.
9^ac^ biefen ©runbfd|en tourbe, toie id^ glaube,
ein billiget Urt^eil über bie unter un^ am ^duftg«
jlen oorfommenbe ^rebigtform gefdßt »erben fonnen.
ifl bieä biejenige, »o man baä au^ bem !^e^tc
gefd^bpfte S:^ema in j»ei, brei, auc^ »of)l Pier 2;^eile
t^eilt, unb biefe na^ einanber entmicfelt. ifl
ni(^t JU perfetmen, »ie <ß mit fc^eint, bafi biefe 3lrt,
bie ^rebigt ju conffruiren, il)re großen 93oi^üge ^af,
Digitized by Googic
XXV
inbem fic eine grünblid^e, umfaffenbe QJearbeitung beö
©egenfinnbeö, eine lit^ttjoße 3lnorbnung ber ©eban»
fcn nic^t nur begünfiigf, fonbern gebieferifc^ forberf,
unb bem ©eifie be^ längeren
Siebe off abfc^tveiff ober ermubet/ einen gaben bar»
biefef, woran er |tc^ jurec^f finben fann. @ie b<*f
aber aud> freilich ihre 9?ad)tf;eile. 3nbem man einen
©ebanien burc^ i^^ema, It^eile unb Unterabt^eilungen
binburc^fübfff fnnn er Iei(^f efwaö oon ber ^raft
unb grifc^e einbußen, womit er juerfi »or ben 6inn
trat. Um bie $wei ober brci ^^eile f^mmetrifc^ {u
gefiaifen, wirb wobl bei bem einen etwa^ Siebenten»
beö au^gelajfen, bei bem anbem efwa^ Unbebeufen»
be^ ^injugefügt. 50Je(>rere ?9iale, nämlid; in einem
jeben iSl^eile, fängt man oon SSorn an, inbem man
immer mit bem 93egrijfe an^iebf, unb mit ber 2ln»
wenbung auf baö 2eben fc^Iie^t; eine ©informigfeit,
welche ben Siebner unb bie Su^örer ermuben fann.
2lud) unter ben franjbfifdjen Äanjelrebnern auö ber
glänienbjien ©podje, finbet ftc^ biefe gorm ; j. 35. bei
?9iaffiüon unb 35ourbaIoue, unb jwar in nod> gro»
fierer Strenge, al^ bei' unö, inbem fie felbji bie il^eilc
wieber eintbeilen, unb biefe Unterabtbeilungen anfün»
bigen. ©d)on bajunial erfiärte jt^ genelon bagegen,
Digitized by Google
XXVI
unb er TOÜnfdjt bicfc gorni gdnilid) burc^ eine an-
bcre, bie er »orfc^ldgf, »erbrdngt ju fe^n *). SJeuer»
lief) ^at aue^ @icfet manc^e^ nic^t o^ne @runb ba^
gegen erinnert **). 3cf) fann fie nat^ meinen ©runb»
fd$en feineänxge^ t>ern>crfen, inbem ic^ glaube, ba^
fie ^ant^em $ur nac^brucfuoQjfen ^uäbilbung feiner
©ebanfen gute ©ienffe geleiffet b«t, unb noch leijlen
roirb. !Daber mochte ic^ affen jungen ©eifilic^n ra^
t^en, ftc^ barin ju Derfuc^en, fte mit ber grollten
©trenge burcf)jufü^ren, aber freilich auc^ fie auf>
jugeben, fobalb ein niefjt mehr auöjugleic^cnber SBii»
berfpruef) iwifeben biefer S)ar|lelIungiJt»eife unb bem
(Sang* ihrer 3becn unb ©efüble ficb funb getban b<»(*
, 2llöbann mochte unter anberen bentbaren gormen auch
»ielleicbt bie fofgenbe pcb barbieten unb empfehlen.
3nbem man auf eine eigentliche <£intheilung SSeriieht
feiflet, giebt man nur im iUffgemeinen bie Ülbficht an,
bem 3«horer bie auel bem Sejrte gefchöpfte £ehre an
ba^ J^erj ju fegen. S)iefe ?ehre entmiefeft man fo-
gfeich ooflfidnbig, ohne fte in mehrere Shrifr ju jer^
■ fchneiben, aber in mogfichfler Äürje, fo baft biefe Snt«
mirfefung nidjt einen J^aupttheif ber fprebigt bifben
*) Oialoi^cn über bie 25crcbfamfcit, 9(i — 101.
•*) ®mnbri§ ber ebrigiicbeii Jpatieutif, @.71 folg
Digilized by Google
XXVII
fönnte. 3|l berge jlalt bie 3bee an (tc^ juc Sänfc^auung
gebracf)t, fo läßt man fte inä £eben übergehn, unb
bd(t fte }ufammen mit ben (Erfc^einungen, bie if)c
roiberfprec^en, ober bie ibr gemdft ftnb, unb auö ibr
entfpringen. 5Ran bebanbelt bit«* bie ganje ^rebigt,
wie man jeben einzelnen bebanbeln pflegt;
fie ifl, fo ju fagen, nur €in SlbfÜ» ftt 9 «ni auö
einem ©tücf, inbem bai SUbbrecben unb Surncfsebw
auf bie begriffe, womit bie einjelnen 5b«f^ anfan«
gen, b*«t ©^®tt finbet. 5J?an l)at, ba bie 3bee
in feine fo beflimmte ©cbranfen eingejwdngt ift, eine
gcbfere Freiheit in ben ^enbungen, unb wirb burcb
feine SRücfft^ten auf ©pmmetrie öerbinbert, bie @e»
banfen, welche bie wicbtigfien ftnb, auch am meiffen
au^jufubren, unb einen jeben babin ju fielen, wo er
am frdftigflen erfi^eint. (Eö wäre jeboc^ wobl ju
, bemerfen, baf man bitf fcbeinbar regellos, aber
be^bölb nur um fo geregelter einberp^reiten, unb nicht
minber flreng alö fonfl ben .^auptgebanfen fefibaften,
unb bie SSorffeßungen, bie ibn in^ Ei^t fe^en, au^t
wdbien müfte.
gragt man nach ber ©prad)e unb ber Sluöbrucfds
weife, welche bem geifllichen Siebner gejicmt, fo wirb
geantwortet, halb: bie 55ibelfprache; halb: bie Q3iti
cherfprache; halb: bie ©prache bed gemeinen Eebenti;
Digitized by Google
XXVIlJ
balb: eine einfache, natürlichem balb: eine funfige«
md^e, eine bilberreiche, poetifche. fonnfe auci)
fepn, bafi bie ©prac^e irgenb eine^ ou^gejeii^nefen
SCebner^ befonberö angepriefen würbe. 3ch fann,
wenn gefragt wirb: 5Belche ©prad}C foH ber ©eijl^
liehe auf ber Äanjei reben? nur antworten: ©eine
eigene. €in chrijTIiche^ 2eben i(l in ihm entjianben,
unb er ndhrt (ich unaufhörlich burch baö 5Bort ©ot»
Uß, auö welchem piele 2lu^brucf^« unb S5or(le0ungö«
weifen ihm gelüufig werben. !Dieß chrifiliche ^eben
bilbet aber nicht einen abgefonberten ©trom, fonbern
fließt mit feinem ganjen inneren feben jufammen.
3u biefem gehören ^höntafie, ©emüth, Sharafter,
©eifl, mit ihren, in einem jeben Perfchiebenen Ärdf»
ten; Lebenserfahrungen, wiflenfchaftliche unb littera*
rifche Silbung. SiuS atten biefen Seftanbtheilen entj
fleht baS innere ©efprdch feines .C^erjenS, bie ©prache,
in welcher er ju fciöfl unb ju ©ott oon ben
j^eilSwahrheiten rebetm unb biefe ifl ber ©runbton,
ouS weld)em er auch Pon ber Äanjel herab fprechen
foO. ©in 3eber lajfe alfo feine ©igenthümlichfeit
walten, aber freilich ohne 3<ererei, ohne mehr jur
©chau JU tragen, alS in ihm ifl, mit bem befldnbif
gen Seflreben, nicht feine J^drten unb ©den herpor»
jufehren, fonbern biefe burch Slachahmung beS poUs
Digilized by Googic
XXIX
fommncn 2Sor^>iI^c^ 3cfu 6^ri(li objufc^Idfen.
nutJ mürbe in ber ©prac^c ber gcijKtc^cn Siebner eine
boc^ji reiebe unb onjiebenbe sDiannigfaltigfeii bfföor»
gebti/ bie niebf bureb Siegeln ; bic 3fnianb für gut
befunben b^de, nach feiner eigenen 3ttbit)ibualitdf
(mfjultellen, befcbrdnft merben bürfte. ©o foH num
j. Sß. nid)t forbern, bn0 ein jeber funfi« unb febuU
gerecht/ ober eben fo mtnig, bofi ein jeber einfo(^
unb funftlojJ, ober mie man ju fügen pflegt/ natürlich
rebe. S)enn bei bem (Sinen mürbe in ber funfl» unb
fchulgerechfen ©prache/ bie ihm nicht geldufig 1(1/
ba^ innere £eben nicht bci^öorbrechen fbnnen; bei bem
ülnbem hingegen ift bie SRafur felbfl fchon fünfUe»
rifch/ burch lange Äunflübung gebilbet/ unb foQte er
ni^t auf biefe SBeife rebeu/ fo mürbe er feiner 9?a>
tur Swang antbun müffen. S)iefe SBemerfung/ ba^
ndmlich deiner etmad ald eine allgemeine Siegel auf»
(teilen foll/ mad nur für ihn/ unb für ihm oermanbfe
©elfter gelten fann/ mürbe Ich mir in ©ejiebung auf
bie 3iatbfd)ldge unb Stnmeifungen erlauben/ welche
Jg)armd für bie j^anjelfprache erfbeilt bat *). //S)ie
©prache/ fagt tr, wirb eine bilberreiche fepn.'' 3ch
glaube, bied fep nur bann lobenöwertb, wenn bie
*) 9)iit3ungen reben. ©tubien unb .ft'rififen. 1833. ©rif«
Ui Jpeft. 823 folg.
Digilized by Google
XXX
Sinfagen bc^ ©<i(leö unb beö alfo mit
fid) bringen; i(i bie^ nid)t ber goU, fo t^ue mon
(tcf) feinen 3<vang an, um SBilber }u fiinben, benn
unentbebrlid) (inb fi«
fdbrt ber geiflreic^e 50erfaffer fort, wirb bie ©prac^e
fepn, ©piefien unb Sidgeln glei^, wie fo bie ?D?ei(ler
in ben !8erfamm(ungen fd^rieben. ^reb. ©alom. am
(Snbe. !Denn bie glatten ©teine liegen am ba
fte auc^ Daoib aufla^, too fte burd) langet 0eröQe
über einanber bin (tcb nbgegldttet b«ben, bie urfprung^
lieb <cf« 9 cn, fcbarfen, fpi^en." ®ine foicbe Siebe fo0
un^ febr toiKfommen fepn, bocb bie glatte tooUen wir
barum nicht freiten, ^ar e^ bod) ein glatter ©tein,
womit S)aoib ben 0o(iatb rrfcblug: fo fönnte au^
eine Sieibe wobfgegldtteter ^ertoben alfo gefcbieubert
werben, wenn ©ott feinen ©eifianb oerleibb bafi ber
getroffene Unglaube erliegen mu^. „S)ie ©pracbe
fep, ^ti^t eä ferner bei J^arm^, nacbldflig, incorrect,
wie man e^ auch ben SSerfajfern ber SBibel ©cbulb
gibt." @anj richtig, ba^ fann unb ba^ barf fte
fepn, unb wir haben fchon im Slnfang ber 3ncorrect»
beit ihre unbeffreitbaren Siechte uorbebalten ; aber ba«
burch finb bie ber gorrectbeit nicht aufgehoben, unb
eö Idfit fich nicht abfeben, warum ®erjenige, ber fich
bei geringen SSeranlaffungen einer guten ©chreibart be«
Digitized by Google
XXXI
fic^ gerabc bei einem fo wichtigen ©efd^dfte/
wie ^rebigett/ bie 3»«rreci^eit jum ©efe$ ma*
eben foilte.
& mirb nlfo n>ob( !Denen, bie fttb baju berufen
fubiett/ bergonnt fepn, auch auf ber Äanjel correct
;u fpred)en, unb fteb um bie fernere 31uäbübung ber
rbeforifeben ^rofa ju bemübn, benn biefer febeint mir
nod) öiele^ an ber SJoÜfommenbeir ju raangrin, melcbe
bie pbi^ofop^>f<^^r erjdblenbe unb bie befd^reibenbe
unter un^ erreicht haben. S)ie ^eriobe, wie i^ in
ber Dorliegenben ©ebrift wrfuebt habe e^ barjutbun *),
i(l ber rbetorifeben ^profa notbwenbig; eben fo »efenfj
lieb aber i(l ihr bie ftbneöe Fortbewegung » unb eö
wirb un^ febwer, beibe^ mit einanber $u bereinigen.
9Bir fbnnen wohl mit ©ebneßigfeit reben, bo(^ ohne
^erioben; ober in ^erioben, boeb ohne ©ebneßigfeif.
3n bielen furjen, hinter einanber geßeßten ©d^en
fönnen wir leicht gebrdngt unb conci^ fepn; boeb
bie ^rioben, bie wir bauen, hnben eine (afienbe
©cbwere; beim 58ortrage faßen fte gewöhnlich anheim
anber, jerbreeben gleicbfam in mehrere ©tücfe, unb
fbnnen bon bem iDh>^c nicht atö ein ©anje^ aufge»
nommen werben, ©ei ben bielen bumpfen bauten in
•) ©eite 197 folg.
Digilized by Google
XXXII
anferer (Sprache/ bei ben tuenigen SRefaüflängen, bei
ber befci;t»erlic^en £dnge »ieler ©ubjlantiöa, bei ben
Idjlig naci)icblfppfnben Jg)ulf^ 5 eitn)örtern, bei aßen bie»
fen Jg>inberniffen, wer wirb unö lehren wohlflingenbe
^erioben ju bilben, beren jebe burch eine befonberc
©eftfllfung ftcb au^jeichnef, unb bic boeb leicbf in
einanber üerflie^ien/ unb aüe mit ©cbneQigfcit \)moU
len? ®ie ©proebe i(l freilieb reich/
ben 9)?itteln, bie fie fo freigebig borbietef, i|l SSieleö,
ba^ für folcbe 3n>tcfe unbrauchbar febeint.
!Diefe Unuollfommenbeiten ber ©pra^e werben noch
ttuffaöenber burd) bie b«rfcbfnben UnuoHfommenbeiten
bed SSortragd, benn biefem i|l ed gewöhnlich anjumer»
fen, bafi er aud bem ©ingen entfprungen iff, unb auch
baber feine meiflen Siegeln entlehnt. 2lber ©pred^en
unb ©ingen ftnb fehr »erfebiebene ^robuctionen, unb
feiten wirb 3emanb in beiben zugleich audgejeiebnet
fepn. Sei bem ©ingen werben bie ©plben, bie h«*
uortreten feilen, gejogen unb getragen ; bei bem ©pre^
eben muffen ftc gehoben werben. Sei bem ©ingen
fann biefelbe Solge Den Jonen wieberfehren; bei bem
©preeben mufi ftcb ber Jon mit jeber ©plbe oerdn»
bern. S)?an fragt juweilen: 2luf welcbfd 5EBorf, auf
welche ©plbe in einem ©a^e ber Slccent faßen muffe?
J)ie Slntwort ifl: foßen eben aße ©plben accen^
fuirt
Digilized by Google
XXXUl
tuirt werben, nur freilid) jebe auf eine befonbere
SäJeife. ber ©prac^e würbe ftc^ aud) bn^ ©pre«
, cf)en t>ert)oafotnmnen, unb bie Siu^btlbund in bem
einen wie in bem nnbern würbe bann feine^wegeö
al^ etwaö ©ejierteö unb ©ebrec^fefte^, fonbem fte
würbe afö efwaö ?eic^reö, SRatürlic^eö, fic^ ganj m>n
feibfl SSerfiebenbe«^ erfcbeinen.
Sarf icb «ine mir uieUeicbf eigentbümliebc
2lnficbt äußern, fo würbe id) fragen, ob nid)f bie
Äanjel, unb toornebmiid) bie ^bf)t berjelben, ein ^in»
berniß für bie 9luobiIbung ber ©prac^e unb be^
©precbenef bei ben geißlicben Siebnern fe»)? SSeibed,
fowobl ©pracbe wie ©prec^en, empfängt feine £eben#
bigfeit, feine cigenfbümlicbe gärbung, feine fd)Iagenbe
unb einbringenbe j?raft nur bur(^ ba^ bem Siebner,
wie bem :^6rer ftefö gegenwärtige ©efü(>I ihrer bei»
berfeitigen SBecbfelwirfung auf einanber. 2)iefeö ©e»
fühl muß aber bem 3?ebner entfch^inben, wenn er
pon einer bebeufenben J^oße auf bie SSerfammlung
berabblicft; unb bem 3ubPt«t/ wenn bie ©timme,
bie ihm baö SBicbfigße anö J^erj legen foH, au^ wei«
ter Entfernung, unbcutlicb unb Perunßalfet ju ihm
bernieber fommt. ?9?ancbe ©eißlicbc werben besfbnib
auch lieber por bem 3lltare, wo ße faß auf berfelben
gläebc mit ihren 3ub®eern, ober nur wenig barüber
c
Digilized by Google
XXXIV
fle^n, alä t>on ber ^anjel/ ju i^nen reben. ^mn
bic Saumdflcr gegen bie S’anjel alö eine ©tbrung
ber arc^itectonifcb^n ^er^ditniffe eingenommen ftnb,
fo mod>fe ic^ ju ©unflen ber Äanjelberebfamfeit i^re
aibfdjflffung beantragen. 3(t nur bie Äirc^e nie^t
im 23er()dltnifl ju i^rer 58reite ju lang, »elc^e^ ^icr
ba^ einzige J^inberni^ fepn mochte, unb ifl nur bie
gldd^e, auf welcher ber Sllfar (le^f, me^r alö gewöhn»
Ii(^ er^ö^t, fo würbe fit^ ja aud> wo^l oor ober ne>
ben bem Slltar, ein Ort finben, auf weld^em ber ^re»
biger feinen Su^örern na^e jle^nb, unb i(>nen inö
aingcfie^t fc^auenb, ju i^nen reben fönnte.
Berlin, ben löten ©eptember 1836.
2!^eremin.
Digitized by Google
©einem
oerct;rten SSater
Sul^toig !Sftcremitt
^cebigec }u ©cantion» in bet Uferntarf
g e TV i b m e t
»nm fSevfaffer,
Digilized by Google
weifft, mein t^eurer SSatcr, wie bie ®e«
banfen, wcl(^e bicfe fleine ©d}rift enthält (bcr
id> jum meiner finblic^en SSerc^rung
©einen Sflamen öorfe^c), in mir entflanbcn
jinb. 2(B id^ onjing ju prebigen, fünfte id)
bflö 93ebürfniß fejier, in jufammen^ängens
ber, attgemein anwenbbarer ©runbja^e, um
mid) bei biefcm ©efcbäft ju leiten; bocb cS
gelang mir nidbt fol^e foglcitb üorjuftnben.
3d) fa^ mid) aifo genot^igt, jie mir felbft
JU fdjoffcn; unb meiner Ungewißfieit, mei#
nem blinben Um^ertappen warb nur burcb bie
Ueberjeugung ein (Snbc gemadjt: bie 95ereb«
famfeit müjfe i^ren ^öcbflen ^rincipicn nach,
»on jlunft unb ^^üofo;>^^ic gänjlid) getrennt
Digitized by Google
unD eine m’if fttth’d^e Slprigfett betrautet
roerben.
war feine neue (Sntbedung; wie ^ätte
icb einem ©ebanfen trouen fönnen, ber mir ju#
erff unter Sitten, bie über bic iöerebfamfeit ge#
boebt unb gefibrieben haben, eingefallen wäre?
SSielmehr habe icb an nerfebiebenen ©teilen
gleidblautenbe SJleinungen Sinberer angeführt,
unb iib hatte biefe 95eIoge aub Sllten unb S^eue#
ren no(^ »ermehren fönnen, wenn idb nicht ge#
fürdbtet hätte, mi^ in abfebweifenbe Unterfu#
(bungen einjulaffen. ^ab ttteue in meiner Sin#
fi<i)t befiehl «ur barin, baff i^ eine befannte
SBahrheit jum ho^flen ^rincip erhoben, unb
oerfuebt habe, baraub allein, mit Slu6fcbließung
Digitized by Google
aller anberen ©runbfä^e, bte 9te$eln ber
rebfamfeit abjuletten.
Unb ba tcb nicht blo^ bte 0erebfamFeit
jum ©e^enftanb meiner i0etra^tungen ma^te^
fmtbern auch $uglei(^ nerbunben mar, fle noch
meinen Kräften au^juüben, fo fonnte idb baS,
maö ich bon meinen @runbfö§en ableitete, fo?
gleich un ber Sluöübung prüfeit, unb genof fo
beö SSortheil^, ben ber mechfelfeitige beridhti?
genbc (Einfluß oon Slhcb^ie unb ^rayiö jur
SSeroollfommnung beiber immer gemährt. 3o
hätte ich flu^ für bie ^rari6 feinen anbem
©eminn erhalten, afö eine grünblic^ere ©injii^t
in meine ÜWängel, fo mürbe ich birfrn SSorthril
nicht gering ad)ten, jumal ba üch nach meiner
Digitized by Google
Slnfic^t bic ÄÖerebfamfctt ni(^t abgcfonbert aub<
bilben läßt, fonbcrn ftcb glcicbmäßtg mit ©itt#
li'cbfcit unb SWcligiofitöt cntroicfcU; i'cb olfo au<^
burd) fie ju biefen ^öcbflcn menfcbKcben JBcftrc#
bungcn immer jurüefgefü^rt warb.
Sben biefe SSort^cilc, unb nodb onbere,
bic icb nid)t me^r crlongcn fonnte, ^offe idb
nun burd) 5Kittßeilung meiner ©runbfägc bc#
fonberd denjenigen jujuroenben, bic fi(b auö
mabrer 0fleigung ber geijTli^cn 93ercbfamfcit
wibmen. 9Öcr ftdb, jur ©ntwicfelung
feiner ©eelcnfröftc, meine Ueberjeugung aneig#
net, unb fteb banacb felbfltbätig bilbet, ber muß
(anberö fonn id) c^ mir nid)t benfen), mo ni^t
ein glänjenber, boeb tin bbcbft nügli(^er unb
Digilized by Google
erbaulicher SRebner werben. 3a waö no^ mehr
ifl, feine IReigung jur IBerebfamf eit wirb ihn
jur Prüfung feinet Sharafter^, jur Erwerbung
Üttlicher JlBei^heit unb gefh'gfeit aufforbern;
unb bieg }u einer Qpodfe, wo man gewöhnlich
ber SBiffenfchaft unb ^unfl juoicl einräumt,
unb wo alfo eine fol(^e ÜRahnung h<^<hfl
fam fcpn bürfte. @r wirb (unb biefe ^off#
nung ijl mir befonberö theuer) fich bewogen
fühlen, baö pofltioe Shriflcnthum, baö ich olö
eine nothwenbige ©afiö ber geiflli^en 93ereb#
famfeit bargeftellt habe, feinem @emüthe näher
)u bringen, ba er jlch fonfl oielleicht begnügt
haben würbe, barüber ju fpefuliren ober ju
phantaitren.
Digitized by Google
ifl gewiß immer, felbfl wenn matt bie
Sßa^r|>eit für fidb l^at, ein fiöcbft traurige^
©cbicffal, wenn unfere ÜKeinungen mit ben alls
gemein |>errfcbenben, einen gar ju fdbneibenben
^ontrajl bilben. ®ieö ^ättc i(^ »ielieicbt fonfl
befürchten müffen; boch bie SÄicbtung, welche
ber genommen h<tt, laßt biefe 53e#
forgniß günjlich »erf^winben. Sn jener ^e#
riobe, wo ßch bie ®eutf(^en für bie ihnen un#
terfagte ein ganjlicheö SSerfin?
fen in SBiffenfdhaft unb ^unjt ju cntfd>äbigen
meinten, wöre ber SSerfuch, bie 33erebfamfeit
' biefem ©ebiete ju entjiehen, unb afö eine Xm
genb barjuflellen, »ielleicht nicht gebilligt wod
ben. ©odh je^t, wo ßch bie Oeutfehen in ÜRaffe
Digitized by Google
ju einer tugenbüd^en, fteggefrönten S^ätigFeit
er(>oben, n>o fleb i^>re wiffenfdbaftKdjen unb
funfliiebenben Söefhrebungen in bem SBrennpunft
i^reö Jpelbenmut^e^ bereinigt ^aben, wirb eö
JRiemanb befremben, wenn tcb auch in ber 33ej
rebfamfeit nur ein fittli(^ed ipanbeln fe^e, wel#
d)eS alte baju mitwirfenben Kräfte be^errfcbt.
©onfi, wo bie ^Religion nur SBenigen, unb
au(^ biefcn Faum in i^rer ganjen Äraft unb
gefligFeit beFannt war, möd)te meine S3e^aup?
tung, bap bie SBirFung ber geifrticben ©ereb;
famFeit bon i(>rem Slnfcbließen an bad pofitibe
G^rijFent^um ab^ange, fef>r bezweifelt worben
fepn. 3e^t, bünFt mi(b, muß biefe 2Öa^r^>eit
einem einleuc^ten, ber in ber wieber
Digiiized by Google
rege geroorbenen Steligiofität bie SRetterm fei#
ne^ SSaterlanbe^ erfennt, unb fid^ burc^ eine
fo ^>errli(^e ©rfa^rung überjeugt f>at, bafi jle
SUieö in 3(Item ift.
©ie geifllicbe Söerebfamf eit, bie in ber
jüngft »erfiojfcnen ^eriobe wenig Siufmerffam#
feit erregte, ijf bureb bie SBirfung ber Umflönbe,
unb burd) bie S3emübungen öieler bödbft »er?
bienftnotter beutfeber Sfebner auö ihrer ©unfel#
beit bcr»»r 9 C 9 Ängen, unb ben ihr gebüb#
renben ©inftufi wieber erbalten. S3ei biefer
je^t berrfebenben ©timmung bürfte i^ mir
»ieUeiebt mit ber Jpoffnung fcbmeicbcln, baf
biefe ©(brift auch »on ©ol^cn geiefen würbr,
bie üd) 5 »ar nicht ber 33erebfamfeit gcroibmet
Digitized by Google
^abcn, aber bodb gern über bie ÜRi’ttel naebben?
fen, bureb n>el(be eö einem SWebner, ber i^ren
93eifall ^at, gelungen ift, fie ju erbauen, unb
für atted @ute ju erwärmen. ©oUte biefe
^Öffnung erfüttt werben, fottten bie bicr
gefreuten ^nflcbten in bie öffentlicbe 9)2einung
übergehn , fo würbe icb baüon bebeutenbe
SSortbeile erwarten: nämlicb, größere Sldjtung
für ÜRänner, benen man oft nur ein glän#
jenbeö IXalent jufebreibt, unb in benen man
nun auch, waö man fonfl weniger beadbtete,
einen eblen Sbarafter anerfennen würbe; unb
eine SBirfung beö ^ublifumö
auf bie ©eifHicben felbjT, weldbe biefen ®runb>
fä^en no(^ treuer fci^n würben, wenn fie
Digitized by Google
überzeugt wären, baß man fte banacb bcur#
©0 ptte icb benn, mem t^curer SJatcr,
alle bte SBünfebe, Hoffnungen unb @rn>artun#
gen, womit teb biefe ©ebrift bem ^ubKfum
übergebe, nnr ®ir au^gefebüttet. ©te^t i^nx
(Erfüllung fein anbere^ i*” SBege, afö
bie, idb erfenne eö, bßcbff mangelhafte ©arffel;
lung meiner ©ebanfen, fo wünfebe mit mir,
baß ßcb balb ein Sinberer ftnben möge, ber ße
mit mehr ©ele^rfamfeit, ©rünbli(bfeit unb ©e?
wanbßeit entwirfeie.
93 er l in, ben 20ßen Sfßril 1814.
■^ranj ^h^remin.
Digitized by Google
S n ^ a I t.
@rflcö S3uct>.
€<ii(
@rf!e^ Kapitel. 9(6ftd)t unb 9lu$en ber anp^eQcn^
bcn Unterfud)un() 3
3«>eiteä .Ropitcl. ©ie Serebfamfeif ifl fein SRitfof«
bing §roif<b«n ^ocfte unb ^fjilofopfiie -10
©ritte« Äapitel. ©ie 95erebfomfeit i|i weber^oefte
no<^ ^biiofobbic
i8ierte« Kapitel, ©ie S3erebfamfeit ifi eine Zugenb. 20
Sfinfte« Äapitel. 2)on ben 3been 26
®ed)(ie« Jfapitel. iBon ber politifc^en unb religiJ»
fen ®eflalt ber praftifdjen Sbeen 31
©iebente« jfapitel ^on ben ©attungen. ... 37
9((bte« .Kapitel. ©a$ »tugenb aucf> .Klugheit fep. . 43
9leunte« .Kapitel, ^on ben untergeorbneten 3been
ober .Kategorieen 50
Setinte« .Kapitel, ^on ber SSa^rfieit 52
Slfte« .KapiteL SJon ber rfietoriftfien Segrfinbung
ber 2Ba^r(|eit 55
SwMfte« .Kapitel. ®on ber 9Jl5gIid>feit unb ber
ffiirflicbfeit 68
©reijefinte« Kapitel. ‘iOon bem ®nhourf unb ber
(Jintfieilung ber SKebe 72
^Bierje^nte« Kapitel. Srfie ©runbjfige jur ©fijje
be« SRebner« 89
Digitized by Google
3»cttc^ SBud).
Seit«
®r(leä Kapitel, ^on bem 9iffeft unb ber Seibenfdjaft. 99
3n>eiteä Kapitel. ed be$ SRebner^ fc^,
mit 'Äffeft ju fpretben, unb 'Äffeft ju erregen. . . 109
^ritte^ .Kapitel, ^on ben verfc^iebenen Ärten ber
Äffefte 117
Äntiang. 2Jom ©c^erj 126
IBierte« Äapitel. 9Bie ber Äffeft erregt «erbe; ober
von ber r^etorifcf^en Sarffedung 130
S&nfteä Äapitel. 9Jon ber Ängemeffen^jeit. . . . 136
Änl^ang. ^om @efc^moif 165
@ec^ffed .Kapitel, ^on bem fidtigen $ortf(^reiten. 168
@iebente$ .Kapitel, ^on ber £ebenbigfeit. . . . 185
Äc^te« dfapitel. 2Jon ber ^rpfa 196
Sfeunted .Kapitel. 205
Digitized by Google
/
1
D^itized by Google
Digitized by Google
iinb 9?u^tn ber anjuflelfenbrn
Unterfuc^un^.
l)at «lief) oftmafö befrembet, ba^, »äljrenb in
neueren Seiten bte Xt)coric ber Äünfle unb namenb=
Ud) ber ^oefTe, ju entern fo l)obf« »Jon Älar#
heit unb aSoUjlänbigfett gebietjen ifl, bte JÄ^ctorif nod)
immer auä unjufammen^ättgenben ®runbfä$en beflebt^
unb meber bie äiu^iibung ber SSerebfamfeit burct) fiebere
SHegefn ju leiten, nod) über bie 9?otur unb ®efct)ajfen=
beit ibre^ ©egenflanbe^, über bie JBerebfomfeit felbjl,
befrii'bigenbe 2(uöfuttft ju geben weiß. Daher bat e^
mir nid)t überflüffig gefd)icnen ju »erfueben, ob niebt
bie ®abe ber 33erebfamfcit alö eine ber ©runbfroftc
be^ ÜKenftben bargefieltt, unb ihre ®efe$e bon einer
ber böb^ra pb>tbfopMftt)«t 2Bij|cnfcbaften abgeleitet
werben fönnteit, fo baß auö ihrer Xbwrie, wie au^
4
il^rer Stu^ubun^, aCfcg 0cf)tt>anfcnbc «nb UnjTd)erc
üerfd)tt)änfce.
3n)ar muß id) bcfiirdjtcn, baß ein foId)c6 Untere
neljmcn 9JJaitcf)eii erfdjeine, iinb baß man mir
fage: 3Ba^ i(l überbauet mit ^tbccriccn gemennen?
^at in ber neueren 3<*it ^büofopbiren über Äunjl
eine fd)önere 93tiithe ber ^oeße berbeigefübrt? i^at
nid)t bie Jöerebfamfeit ibre bbd)ße 5noUfommenbeit bei
ben 3Uten erreicht, obgleich oermutblid) bei ihnen, wie
bei unö, ihr böd)ßeö ^rincip entweber unbefannt ge#
blieben iß, ober hoch ben 9?ebnern niemafö beutlid)
t)orgefd)»ebt b«t? 9Jur burd) 9tegetn, bie au^ ber
Erfahrung gefchöpft waren, unb bie Sluöbitbnng ber
9iebe im ©injelnen betrafen, nur burd) raßtofe Uebung,
bie öon ber früheßen 3ugenb anßng unb nie aufborte,
nicht burd) attgemeinc Xbeorieen haben ßd) ®emo#
ßbened unb Cicero gebitbet; nur burd) eine ähnliche
0chu(e, nicht burd) Lehrbücher, famt bie unter und
fo fehr gefunfene SBerebfamfeit gehoben werben, wenn
ße onberd ju br^>m iß.
®iefc (Sinwenbungen würben »oUfommen gegrün#
bet fei)n, wenn bie SSerebfamfeit nicht feit Sntßehung
ber d)rißlid)en Äird)c in einer ©eßatt erfd)ienen wäre,
bie ben Litten gänjlid) unbefonnt war, unb ouf welche
wir eine befonbere Diücfßcht nehmen müffen. Die pe*
Digitized by Google
5
litifcfjen mib bürgerKdjcn SBcrbäftuiffc, unter »eitlen
fTc ctnjtg imb attetn bet ben SUten l)eröortrat, »nren;
fd)on alletn btnreicbenb, fie »or Stbroegen ju jtdjeru;
unb getmuerc Xbeorteen cntbebrlirf) ju mocbeti. 9Ber,
»or @crtcf)t ober in SSolBberfammlungen über eine
3lngelegenbett fprad)/ bie notf) geenbigter Dtebe foglcid)
cntfd)ieben würbe, bem war ber 3luögang bte fldyer^e,
^robe, ob er gut gefproeben ober ntdjt; wo baö börbflc
perfönficbe 3nterejfe auf bem @ptcle (lanb, ba war:
e^ febr natürltd), baß man alte Äröfte jum ©elmgett-
aufbot, unb baß mau gebier feunen unb Permei'beii.
lernte, bie ben Serlnil oon SSermogen, (Einfluß, ?ebeti;
unb greibeit nad) ßcb jieben fonnten. Der geijHtd)e
9iebner hingegen ßebt ^u feinen 3«börpnt in einem
SSerbältniß unb bebanbelt einen ©egenflanb, bie
nie ju einer fo nad)briicflicben ^robe fommen laffcn.,
D)b er belehrt, erbout, gebeffert, ober bloß oberfläd)^
.lieb gefallen luib gerührt höbe, baüon forni ihn ber
Erfolg feiner ^rebigten feiten überzeugen, ba biefer
ja feiner 9iotur nacb im ©emütbe oerborgen bleibt,
unb fajl niemolö ßcbtbor in bie Slugen fpringt. Do.
et alfo nicht wie ber SKcbuer Oor ®erid)t unb in S3olfö#<
»erfammlungen, »on einer bringenben ©efabr noeb
bem oorgeßeeften 3irlc bingetrieben wirb; ba er nicht
in fo enge @cbran(en eütgefcblofen ijl, bie ihm jebe
Digilized by Google
6
2lbn)fid)ung jur 9led)ten unb jur ?t«fcn fafl «nmog«
ltd) mod)en, fo tauft er ohne fcjlc ^nficf)t unb
ct|)ien bic attergrößtc ©cfabr flct) juöerirrcn; ermuf
üon ollem, »oö er tl)ut, fid) bie genoucfle 9ted)en?
fdjoft ju geben wiffen, unb bic tiefere @infld)t in bic
©runbfä^e ber IBercbfomfeit, bic ber alte SÄebner nid)t
braudjte, ifl i^m unentbeljrtid).
8lud) finb biete ber ÜReinung, bog bic SBercbfom«
feit, bie in @ried)cnlonb unb 9iom einen fo ifoiien
®rob ber 93oUfommcnt)eit erreid)t ^ot, mit bcm Um
tergong ontifcr ^reil)eit »ou ber @rbc berfdjwunben,
unb nie wieber auf berfetben beimifd) geworben fe^.
©iefer 9Weinung nod) ift jle olfo weniger ali bic ^oeffe
ein urfprünglidjcr strich im ÜJlcnfd)en; fic ifl ein @r#
jeugnig ber Umgönbe, bon benen ge nid)t nur mehr
ober weniger begünfligt, fonbern f)erborgebrod)t unb
unterbrueft wirb; bie rc^jubticonifdjen SBcrfogungcn
be^ 3tltertbumd waren ju itjrcr @ntwidclung not!)«
wenbig; unb je$t, wo geben, @eig unb 9lcgicrungöü
form fo gänjtid) berfdjieben gnb, ig bad, waS man
IBercbfamfeit nennt, entweber biefed Siamenö gänjlit^
imwcrt^, ober nur ein ©(gattenbitb jener alten ge#
wattigen Äraft*). ©b biefc ÜReinung gegrunbet feij
*) Magi^a ista et notabilis cloquentia quae in bene
Digitized by Google
7
otc'r md)t, baö fann ftd) eittjtg unb aKein aud einer
foId)en Unterfu(i)ung, wie n>ir ffe t)ier anju(leQen
(en^ finb, ergeben. (Gelingt e^ nid)t {u ietgen, ba^
bic Serebfantfeit eine ber ©runbfräfte im ü^tenfc^en
iePf fo bleibt jene Meinung unongefoct)ten flet)n^ unb
»er fid> in neueren 3 «ttn fär einen 9?ebncr \)äü, mag
iritr feine ^nfprüc^e aufgeben. ®e(ingt ei aber, unb
»h^ in ber X^at eine einzige urf)>rüng(id)e ^aft auf«
gejeigt, bereu (Sntwirfefung nad) einer gewiffen 9lid)«
tnng, notbmenbig S3erebfamfeit ^erborbringt^ fo ijl fie
aud) nid)t met)r bie epl)emere Ü3lütt)e eine^ einzigen
Beitalter^; unb obwohl fie fid) »erbergcn unb ju»ei«
len unter anberen 9{amen au^eten mag^ (ebt fie bod)
in ber neueren 3 «t on eben fo wabre^r frdftigcd ?e«
ben af^ in ber alten.
(Jnblid) giebt e^ üKänncr, unb 3 »ar burdj @elel)r«
famfeit unb <H5iffcnfd)aft fe^r auögejeid)ncte ÜWönner,
»eld)e bie iSerebfamfeit tief brrabfe^en unb burcbau^
nid)tä mit ibr ju fd)affen bof*cti mögen. Z)enn^ bad
liege am Xage, meinen fie^ baf fie barauf au^gebe^
bie 3lffefte 31 t erregen / »eltbe^ immer unnii^^ ju»ei«
len aud) fd)äblid) fe^; ja gcwöbnlid) treibe fie ihre
constitutis clviutibuj non oritur. De catis. corr. cloq.
C. 40.
Digitized by Google
8
?lnfprü(f)f nod) »etter, unb e^ fep bei ben beflen 9tcb#
nem beutlid) berborfpringenbe unb »on t^nen fefbfl
cingcflanbcne 2(b(td)t, jtcfj ber ©emittier ju bemct|lern/
ben ffitßen ju beljerrfdjen, unb ibn binjulcnfcn, n>c#
bin fic »oßen. Dicfcö fc^on attein, auf meid)« ^rt
eÄ ou^gefübrt werbe, fep bem SSerbältirijfc, worin bet -
ÜÄcnfdj ju feinen 5Kitmcnfd)en ftc()e, burebau^ nid]*
angenteffen, affo, (hreng genommen, etwad Unßttlv
d)e«; unb bieö werbe c6 nod] meltr baburd], bag »on
ben 9iebneni anftatt ebriidjer Sßaffen, gewbbnüd) b»«*
terlijlige unb betborenbe Äunfigrtffe .gebraudjt wür»
ben. 2tn ben SBerflanb aßeiu muffe man ftd) wenbert,
meinen fie, unb ibm bureb flringentc Seweife genug
tbun; alte Erregung ber Stffefte, unb ?enfung bc^
SEBißenö würbe beflfer unterlajfen. ®icfe ©cgner finb,
wie gefagt, febr bebeutenb; an ihrer ©pi^e ftebn
gewichtige 9tamen, Striflotefc^ ♦) unter b«t
Äant **) unter ben SRcueren; ihre Sinwürfe hoben
ben aUergrögten ©djein ber 3Dahrhcit, unb finb no<h
oott feinem ber mobernen ©onner ber SBerebfomfeit,
bie gd] ein oief ju (eid]te^ ©piel bamit machen, auf
*) oifot/i 7ri)o<; Joiav spny^ttnTttn? TTtpl
T/jv Qfjcoffixtii', oi>;f dig 6 q&Ü<; i'/oi'rog, dXX’ (5? dxnyxatov
% 1 /y imfi0.tiuv noifixtor. Rhetor. Lib. 111. C. 1.
**) 3<b tnug gegeben, bag ein fchinei ®ebid]t mir immer
Digitized by Google
9
eine befnebigenbe 9Beife beantwortet. Uber and) i)iefe
grage, ob nämlid) in bem löeflreben, jld) ber ©ernit#
t^er ju bemdd)tigen, etwad Unfcttlid)eö liege, fann
nur bur(^ eine fofcbc Unterfud)ung, wie bie, weld)e
wir »orl)abcn, entfd)icben werben. 25enn foßte ei fid)
wirffid) afö eine Unmög(id)feit au^weifen, aUe unb
jebe 9tegcln ber 53erebfamfeit »on Einern unb bem*
feiben ^rincip abjuleiten; follte i^re X^eorie wirMid)
nur au6 einigen @rfaf)rungöfä^en unb 9Bal)me^mun*
gen befielen, bie unter feine @inl)eit jufammcngefa^t
werben fönnten: fo wäre bieö aßerbingd eine febr
jlarfc ^räfumtion wiber jTc; bie Unmöglid)feit, it)re
ein retnei ^ergnägen gemacbt bot, anßatt ba$ bie £es
fung ber beflen SKebe eineä r5mifd)en ober je$i»
gen Parlaments« ober .fanjelrebncrS, jeberjeit mit bem
unangenehmen ©efäbte ber Mißbilligung einer binterli«
ftigen ^unfl oermengt mar, bie bie Menfcben alS Ma«
(deinen in micbtigen iDingen ju einem Urtbeile }u beme«
gen oerfiebt, n>e((beS im ruhigen Dtacbbenfen aQeS ®t>
triebt bei ihnen oertieren muß. — IKebnerfunß i|l, alS
jfunfi fi<b ber ©ebrodeben ber Menftben ju feinen 3(bs
ßebten JU bebienen, (biefe mbgen immer fo gut gemeint,
ober auch mirflieb gut fe^n, a(S fte immer moDen) gar
feiner Stebtung loertb- Srit. b. Urtb- ©. 215.
3tu(b in bem Dial. de Caus. corr. eloq. C. 40 bri§t
eS oon ber fSerebfamfeit, fte fe^ alumna liccotiac, quam
stulti libertatem vocabant, comes seditionum, eflrenati po-
puli incitamentiim, sine obsequio, sine servitute, contuiuax,
temeraria, adrogans.
Digitized by Google
10
^riitcipien pJ)irofophifcf) ju geflartcn, ȟrbe fic tief
l)erabfe$en, unb fIc mit anberen awribcutigcn gertig#
feiten, »0 eben biefe^ ber gaU i(i, mit ?eben«tt>ei^
beit, SBeltHugbeit, @d)mei(t)eiei, ober nad) ^loton *),
mit ber Äod)fun|f, in eine Älaffe werfen, ©elingt ei
aber, i^r ein aUumfajfenbeö ^rincip jum ©runbe ju
legen, nun fo wirb fid) ja aeigen, ob bie« ein gute«
ober ein fd>ted)tc^ fe^; wiewobl fte burtb bie bloße
pbdofopbifdje gorm ihrer Xbeorie fd)on gegen aßc
3lnflagen ber Unßttlid)feit gerechtfertigt fet>n würbe,
inbem baöjenige, wad »on einer ©runbfraft im 9Ren#
fd)en abl)ängt, unmöglich feiner ßttlichen Slnlage wi«
berfprechen fann.
Sloeited ^apiteL
3>it ^crebfomfeit iß fein «Kittelbing awifchen
*Poefie unb ^h'lofophie.
$rci »erfchiebenc SKcrfmale ber Screbfamfett fal#
len foglcid) bei ber erßen ^Betrachtung in bie Slugeii.
@rßlid) iß eö nicht au öerfennen, baß ße baö SEahrc
»on bem galfchen au fonbern unb ben Söerßanb burch
•) Platonis Gurgias cd. Heindorf, p. 53.
Digitized by Google
11
SBewrifc ju befriebigcu fucfjt. ®ic frafhjoUcn
menten l>e^ ®emojlt)eneÄ, bte S5el)Ottptun9 be^ 3tri|loü
tele^, bie SBerebfamfeit fe^ ber Dialefttf »emanbt, uitb
&'cero’Ä aSerfIdjerung, md)t in ben @d)ufen ber 9tt)e«
toren, fonbern in ben ©dngen ber Slfabemie habe er
fid) jum aiebner gebübet*), fpred)en taut genug für
bie Ser»anbtfd)aft ber a5erebfamfeit mit ber ^bito<
fopl)ie. 3»»citend ndljert fte fid) aud) ber ^oefie burch
bie ?ebenbigfeit ifjrer ©arfleltung, unb bnrd) ben &e*
brauch bon iiBenbungen unb Figuren, bie ben poeti«
fd)en äl)ntid) ffnb. ©ritten«, unterfd)eibet (ce |Td) aber
femoht »on ^oefTe, burd) ben
äußeren 3»ecf, wonad) ffe jlrebt, burcf) bie ^errfd)aft
über bie ©einüther, bie ffe nidjt btoß ruhig erwartet,
fonbern fämpfenb erobert, unb burd) bie unjähtigen
SRücf flehten, bie bei einem fotchen Seftreben beobad)«
tet werben müffen, unb bie ber wie ber
^oefte gänjtid) fremb ffnb.
«
ftnben ßd) aifo in ber IBerebfamfeit breiertei
d)arafteri(lifd)e 5Kcrfmate: @ine SSerwanbtfchaft mit
ber fwc SSerwanbtfd)aft mit ber ^oeffe,
unb ein Streben nach einem äußeren 3wecf. Um ein
*) Fateor me oratoifm, non ex rlictoriim olTicinis, seti ex
*' acadeiniae s]>aliis extitiue. Orator, c. 3. ‘
Digiiized by Google
12
l)öd)|leö ^rinrip ber SBcrebfamfcit ju ftnbcn, mug (Siiic
»Ott bicfeti brei ©eiten jwr üorl)errfrf>ettbett gemacht
toerbett; benit nebett etncittber in gieid)er ^ürbc föit^
tten fTe nid)t bejleljeit, SBoHte mait bel)aupten, baö
@d)öne unb boö SBabre, bie iit ber ^oejte unb
iofopbie erfcbienen in ber Serebfamfeit ab#
bärirenb unb ju äußeren 3tt>e£f«t bienenb, fo würbe
baburd) bie ©cf)Wierigfeit norf) nid)t gehoben; benn
ei fragte jld) immer nocf|: 2Beirf)eg ifi baö @efe§,
nad) n>eid}em baö SBabre unb ©cbone jur Erreichung
äußerer 3»>ecfe gebraucht werben fönnen? ©o lange
bied nicht angegeben iß, ijat auch b« löerebfamfeit
nicht ibr b&thßc^ ^rincip gefunben.
S3(eibt man auf biefem ©tanbpunfte ßeben, wo
bie SSerebfamfeit aW ein ©chwanfen jwifchen
fopbie, ^oeße unb ©eltflugbeit erfcheüit, fo fann alfo
bie noch biffff 3lnßd)t entworfene Xifeotie bem ^b*^
lofopben nicht genügen; eben fo wenig wirb ße aber
auch für ben Sebrling ber SRebefunß ein ßcherer ?eit#
faben fepn.
3uerß fagt man ihm, mußt 2)u 2)ir einen ©egen#
ßanb wählen unb mußt fuchen ihn grünblid) SU be#
bonbeln. ®aö tbut er getreulich, unb fo entßebt ihm
unoermerft unter ben ^änben eine pbilofopbifche, 2lb#
i, ‘
banblung. Daö taugt nichts, fagt man nun; wo
Digitized by Google
13
bleibt ber ®d)wung, baö ?ebeit, bcr poetifcfjc 0cf)murf,
ber biefe« SJabrljeiten Eingang »crfcbajfcn folt? Uie#
fer llabel fdjeint il)m geredet, er wirft jid) nun in
baö anbere örtrem, unb waÄ er bemorbringt, i(l bic
nnangenebmfle alter Äarifaturcn: poetifcf)e ^rofa.
Slbermalö gefeljlt, beigt e^ nun, fprtd)jl J)u bod), aW
(länbefl I5n allein ba, unb bättefl feine 3«^örer »or
25ir, in beren 9Serl)ättnijfe, in beren Denfung^art ®u
eingehen mugt! — 9Ber wirb eö ^ier bent ?ebrling »er«
argen, wenn er in eine 3lrt »on SSerjweiflung gerätl),
unb fid) ungefähr folgenbermagen ju feinen ?e^rerii
wenbet: Um beö Äimmefö SEBilten! 9ßaö »erlangt
3br »on mir? Dreierlei folt id) »ereinigen: ^Jbilofo«
|)bifd)e @rünbtid)feit,'poetifd)en Sdjmucf, äugere 9iücf«
fidjten? 3(1 biefe SScreinigung benn aud) mögtid)?
unb wenn ge ig, nun fo gebt mir baö Rohere an,
unter weldjem brei fo »erfcgiebene gorberungen »er«
einigt werben fönnen; jeigt mir bie (Kegel, weld)ebc«
gimmt, wie»iel id) bem ju bei)anbetnben 0togF, wie«
riet ber 0d)6nbeit ber g'orm, wie»iet bem
einräumen barf, bamit ^lled mit einanber begebe,
unb nid)t immer nad) einer 0eite bin ein unglücfli«
d)ei Uebergewid)t fd)wanfel Denn id) fann nun fd)on
einmal nicht meine ätrbeiten in eine alte $orm giegen,
ohne mid) um bo^ Sarum ju befümmern, obne mid)
Digitized by Google
14
ju fragen, roamm bae, »a4 id) ber»or6ringe, gerate
fo, unb ob ei utd)t oteUeicbt' ganj anberd au^fet^en
muffe; idj wilt in meiner 9iebe, »on 3(nfang bi4 ju
®nbe bic atotbwenbigfeit eine4 jeben ©liebet einfeben.
SBobian benn, jeigt mir ben @runbfa$, ber Sittel am
bere unter jtd) begreife unb auö bem jt(^ atte Stegein
mit ?eid)tigfeit abfeiten faffen.
* ®ie 93erebfomfeit i(t iveber ‘Poefie noch
^(>ifofopf)ic.
SBenn aifo eine4 oon ben breien djarafteriflifcben
SDicrfmafen ber SSerebfamfcit jum oorbcrrfcbenben ge#
macf)t werben muß, fo fönnte man gfauben, bie4 fe^
il)re SBerwanbtfdjaft mit ber poefTe, nnb baffefbe ^rin#
cip, tt>efd)e4 in ber ©arflelfnng biefer festem berrftbe,
muffe aucf) bie Sfu4übung ber 9iebefunfl feiten. 2)icö
würbe aber »orauöfe^en, baß' bie ©erebfamfeit ibr
©treben nad) einem äußeren 3»ecfe, aW etwaö mit
ber poeße Unoerträgfidjeö, aufgäbe; wag ße nitßt
tf)un fann, ohne ihrer 3tatur unb @igentbümfi(hfeit
}u entfagen; ober baß bie 9>oeße ßd) ju biefem ©tre#
Digitized by Google
15
ben unt) ju alten 9iü(fi(d)ten^ tooju e^ tjerbinbet^ bt*
<fuemen wollte, »etdjed eben fo umnögKcb ifi.
2Benn bie ^oefie ihre 3been in (Deflalten fleibet,
fo fann fte weiter nidjtö »erlangen aW bie Slnerfen#
nung, ba§ bie 3bee ber @eflalt unb bie ©eflalt ber
3bee öoUfomnien angenteffen fe^; ihre älbficbt fann
nietnafö fe^n, bie Sbeen, bie (ic fo fetbflgefällig au^
bitbet, einem fremben @emütl)e einjupjlanjen; @in^
würbe bem Slnbern fd)aben; bei bem bojspetten S3e*
fhreben fein eigene^ ®emüt^ barjufletlen unb auf an«
bere ju wtrfen, würbe bem 2)id)ter feinet »on beiben
getingen. 3fuct) i^ wo^t nid)tö fo fe^r baju geeignet,
baö ®efüt)t be^ Unwitten^ unb be^ @fetö t^erborju«
bringen, aW eine mit poetifc^em ®cf)mu(f übertabene
Siebe; man bemitleibet ben Un»cr|länbigen, ber ju
feinen 3n>etfen fo unpaffenbe bittet wä^tt; man sumt
auf ben Unbeitigen, ber bie ^oejte jwingen Witt au^e«
ren 3»ctfen ju bienen. ®ie Serebfamfeit fann alfo
nie atö ein X^eit berfetben betrachtet werben.
©ottte ed aber jweiten^ nidjt möglich ff9n« baö
bann jum SBorherrfchenben ju machen?
Da in ber IBerebfamfeit, wie in ber ^hitofophie, 3bcen
in einer gewiffen wnb in einem gewijfen 3wf4nt«
menhange bargeficUt werben, fo fönnte ihre lieber«
einflimmung mit ber ^nfl ju woht fo
Digilized by Google
16
groß baß ße mit biefer jufammeitfteie/ unb nur
einen 5tl)eil babon an^mad)te. ®od) cö jeigt ßcf) ^ier
»ieber eben baö i^inberniß, n»cid)eÄ bie ^Bereinigung
ber Söerebfamfeit mit ber ^oeße unmöglich mad)te/
nämlid) jene^ 0trebcn nad) einem äußeren 3b>ecf,
welcfjcö ber SSerebfamfeit eben fo mefcntlicb, ofö ber
^bitofopbie fremb iß. ®ie ^bilofopbie fann fein anbe*
reö ®efe$ für ihre Darßettungen anerfennen, aI6 bo^
ienige^ ba^ in ben 3been felbß liegt; biefe foßen mit
ber größten Klarheit unb im größten Umfange t)er«
öortreten. 2)ie Siufgabe ber SBerebfamfeit hingegen
iß, ein fo ober fo befdjaffeneö ©emütl) für ihre 3b«n
ju gewinnen. Die ©efe^e ber p^itofopljifdjen Dar»»
ßeUung fönnen alfo nicht bie böchßen unb einzigen
Siegeln ber S3erebfamfeit fepn, weil ßc außer jenen,
noch anbere ;u beobachten hat, bie il)r burch ben äuße«
ren wonach ße ßrebt, auferlegt werben.
Diefe SEBahrbeit iß für bie golge unferer Unterfu*
chung bon ber größten Sichtigfeit, unb ich wuß um
fo mehr barauf aufmerffam machen, ba e^, bei bcm
großen .Ipang ber Deutfchen jum ^ht^ofophiren, aller«
bütgd ju befürchten iß, baß ße bei manchen meiner
Sefer SBiberfpruch ßnbe. 0otlte nicht, fönnte man
mir einwenben, eben biefe^ tiefe unb fräftige Slu^bit«
ben ber 3been, welche^ bad SQSefentliche ber philofo«
Phi«
Digilized by Googic
17
p()tfd)rit X^arfleduitg an^mad)t^ aud) bad untritgltdjfle
ÜRittct fc^n, btefen 3bcfn in anbcm (Sin#
gang ju »erfd)ajfen unb fo aucf) alte gorberungen ber
S3crebfamfeit ju erfüllen? S0?an macf)e biefen SBer«
ivL&f, aber man mad)e itjn mit ßonfeguenj, otjne fid)
burd) bie Umflänbe non bem einmal gefällten S3orfa$e
abteiten ju lajfen. 5)?an berfinfe gänjiid) in bie 3bee;
man bitbe fie in ihrem ganzen Umfange and; man
nerfd)n>eige aud) nid)t ba6 ©eringfle non alle bem^
maö baju bienen fann |Te beutlid)er barjufleDen; man
nergeffe barüber, wie billig, ben £)rt wo man jleht;
man binbe fld) an feine beflimmte 3cü/ fonbem fpred)e
fo lange, btö ber ©egenjlanb erfd)öpft ifl; man füm#
mere (Td) nid)t um ben 3nbnrer, um beu @rab feiner
S3ilbung, um feine gähigfeiten, @igenfd)aften, SBorur#
tbeile unb 9teigungen, in einem 3Bort: man fud)c nur
fid) felbfl auöjufpred)cn; — wirb ein fold)er Sortrag
' baju geeignet fei)n ein wiber(lrebenbeö ©emüth ju ge#
Winnen, unb bie ©eflnnung bed SWcbnerö in feine 3u#
hörer überjutragen? 3d) foßtc nid)t meinen. Äeiner
non Sillen, wetd)C bie rt)etorifd)e 2?ar(lellung auf bie
philofobbifdje jurüeffübren, ijl baljer aud) im ©tanbe,
biefem ©runbfa^ bei ber Sludübung getreu ju bleiben.
Unbermerft geben fie ber 3«t/ ^>tnt £)rt, ber ®ele#
genheit, bem 3uhbrer etwad nad); unb fo entjlel)teitt
2
Digitized by Google
18
^robuft, ba6 wcbcr ein ^)t)üofopbtfd)Cö noef) ein rbe*
torifdje^ ißf unb fflietnaub befdebigen faitn, ber gc#
wohnt ijl, cö mit ben Singen jbrengc ju nehmen.
Siefen SSerfurf), ber immer öerungiücfen mu^, bie
33erebfamfeit mit ber ^njl beö ^Ijifofop^iren^ in SSer#
hinbung ju bringen, «nb ihr fo ein einfaeffe^, fefle^
^rincip ju oerfd)offen, mod)t fcl)on, wenn id) ihn
red)t »erflehe, Slrijlotefeö. ©leidj im Stnfang feinet
SBerfö flellt er ben ©a^ auf, bie SScrebfomfeit fep
ber Sialcftif »erwanbt, unb eö gewinnt baö Slnfehn,
atö foUe nun »on biefer Sllfe^ abgeleitet werben, unb
bie Dlbetorif auf biefe 2lrt eine wijfenfchaftfiche ditu
heit befommen. Sod) fdjon jene erfle Behauptung
nbthigt ihn ^u einer jweiten, woburd) ba^ ©ebiet ber
Berebfamfeit feltfam befchränlt wirb. f,@öfTnb, fagt
er, in ber Berebfamfeit, bie ja »on ber Sialeftif ab?
hängig ifl, bie Ueberjeugungggrünbe baö einjige jur
Äunfl gehörige, unb fie foUtc fid) eigentlich bloß bar#
auf bcfchrdnfen, ju geigen, ob eine ©ad)e gefchehen
fep ober nicht 3Jur bie Un»oIlfommenheit ber ©taatä#
»erfaffungen ifl baran ©chulb, baß ße bie Sbecn »on
SUccht unb Unrecht mit in ihr ©ebiet hcreingejögen
hat, unb baß ße ßch anmaßt bie Slffefte ju erregen.
5Run wäre eö intereßaut gewefeii gu fehen, waö für
eine SÄhetorif entßanbeu fepn würbe, wenn Slrißotele^
Digilized by Google
19
jenen ©rnnbfajj mit ©tren.qe fejlgebaften nnb burd)«
geführt hätte; bod) er läßt ihn fegfetd) »teber falten,
fc^’ö bnß ihm eine fo befdjränfte 53erebfnmfeit felb|l
nidjt genügte, fep’ö baß er cö für feine ©djuibigfeit
hiett, ßc fo jn nehmen, wie ßc ihm in ber 5BirHid)#
feit gegeben mar. ßKan erßaunet baher nießt mem'g,
wenn man ßcht, mie er gfeieß barauf ßcß nid)t meßr
mit ben rein biafeftifeßen S3emeifen begnügt, fonbern
außer biefen aueß noeß bie Ueberrebiingömittct ju ^ülfc
nimmt, bie in ben ©itten be^ Siebnerö unb in ber
©timmung liegen, worein ber 3«ßötcr »erfe^t wirb.
3ur Slufßnbung biefer le^tern iß aber bie Sialeftif
nießt mehr ßinreicßenb; eö wirbÄcnntniß ber Xugen»
ben unb Slßefte ba^u erforbert, unb Strißoteled ßeßt
ßcß JU bem SSefenntniße genötßigt, bie SSerebfamfeit
fep nießt meßr ber Siateftif attein, fonbern aueß ber'
SOBißenfeßaft ber ©itten, weteße ^ofitif ßeiße, »er»
wanbt. ©0 befommt er einen hoppelten @runbfä$,
ber aße wißenfeßaßlicße @inßeit aufßebt, bie aud) wei»
ter in bem ganjen SEBerfe nießt anjutreffen iß.’ • • ' '
r:-.-
• '•
2 *
Digitized by Google
20
33tetted ^a^itel.
®ie ^erebfamfeit t(t eine ^ugcnb.
®a oifo btc D?l)etorif feine »iffcnfcfjaftncfje ©cjlalt
befommen fann^ wenn man in ber 93erebfamfett ein
fdbwonfenbeö 5iKitteIbing jwifdjen ^oefie unb ^l)Uofo#
:pbic ba man fie ferner »eher ber ^oefTe, nod)
ber ^t)iiofo^)l)ie unterorbnen barf; fo bleibt unö nur
nod) dn 9Beg übrig, il)r ^ödbjteÄ ^rincip ju finben,
wenn fie anberö ein fold)eö nämlid), bie brittc
ber an if)r bemerften @igenf^aften, baö ©trebcn nad)
einem äußeren 3tt>ecf, ju betrachten unb ju fel)en, ob
ei un^ auf einen feilen ®runbfa§ fuhren wirb.
I)ag ^)oetifd)e unb ^eröorbringen i|l
eine SIrt ber Xbotigfeit, welche man bie ifolirte ober
in ffd) feibjl jurucfgehenbe nennen fönnte. 2)enn jle
bilbet eine Sbee aug unb hat babei feinen anbern
afö biefc 3bee unb ihre Siuöbilbung felbfl. Da^ alfo
«
©ebilbete famt freilich wie aUeö waö eriflirt nad)
außenhin wir^n; hoch nie hat eö ber Slbffcht fo ju
wirfen, fein @nt(lehen ju »erbanfen.
Qi giebt eine anbere 2irt ber Xhätigfeit, bie im?
mer eine äußere SSeränberung beabßdjtigt, fep ei in
ben ©eßnnungen ober in ben Äanblungen ber ÜKen#
Digitized by Google
21
fd)cn, fep eö in bcii ^reimbfdjaft^# unt» ^amiKcit«
3Ser()äIttit)Teii, ober in bcn bürgerlidjcn unb h’rdjfithcn.
3u btcfer 3(rt bcr ^tbätigfeit, bereit ©efammt^eit baÄ
gefeUtge ?ebcn au^mad)t, gefjort nun aurfj bie JBereb#
fatnfeir, unb fte ijl fo febr mit ben jebe^matigen Um«
ftänben öerfd)hntgen, bafi fie fefbfl für bie SReflerion,
ba»on nidjt getrennt werben fann. Denn wenn e^
bei einer Xragöbie bc^ ©opitecle^ fel)r wo^f mbglid)
ifl, ffe aW etwaö ju betradjten, ba^ für fid) fefbfl
beilebt, unb fte öon a0en bürgerfidjen Ser^ftniffen
bcö Did)terö abgefonbert ju benfen, fo i(l ein fofdje^
(trennen bei einer Siebe bed Demojlbene^ burd)aud
nid)t ju beroerfileUigen. Äeine babon ifl ein ifolirted
Äunflwerf; feine fann au^ bem ©ewcbe bon Umjlän«
ben, worin ffe gefprod)en würbe, bcrab^gfrifFfb wer«
ben; nur mit biefen jufammcngenommen bilbet ffe eine
(Sinbeit, bie wieber nur ein flft, ein ^unft in ber ^>o«
litifcben ?aufbabn be^ Siebnerö war. Sß^enn bie af«
ten Siebner auftraten, fo war ibr ©prcd)en ein ^an«
befn in ber engjlen unb gewöbnficbften S3ebeutung bed
®ortg; ein ipanbefn, baö wabrfid) be^wegen md>t
weniger biefen Siamen berbientc unb be^wegen nidbt
weniger fraftig war, weif ffe ffd) ber Siebe unb nid|t
etwa ber 3frme, ber ffiaffen ober anbcrer SBerfjeugc
bebienten. 3« fefbfl in unfern unrbetorifd)en
Digitized by Google
22
wenn man bte SSorträge einc^ gcifHtdjen 9{ebitcrd ald
eine 9?cil)e Weiner abgefonberter, fonntäglid) gelieferter
Äunflwerfe betrachten moUte, fo mürbe jtd) gewiß et«
jeber gegen eine fold)e Stnffdjt »ermabren unb »eriait^
gen, baß man feine 5Äcben aW einjelnc SSerfuche auf
feine Zuhörer ju mirfen, afö einjclne Slfte feiner
fübrung anfet)en foße; woburd) ße ßd) bann ebenfaUö
in bie ©efammtbeit feineÄ gefeßigen SBirfen^ »ertte#
reit mürben. Da aber aßc^ UBirfett bed SKenfdjen
in feinen SSerbäßnißen, unter ber Leitung bed Sitten#
gefe^cö ßel)t ober ße^en foß, fo fann bie Stuöubung
ber 83erebfamteit, ba ßc nidjt^ anberd iß afö ein fot#
d)eö ®irfen, aud) feinen anbern ©efe^en untermor#
fen fepn afö ben etl)ifd)cn. Sic ßrebt in ben ©eßn#
nungen uitb ber 5?anbiungömcifc anberer SKenf^cn
eine SSeränberung i)ctt>«>rjubriugcn; bie gragc nach
ihren ^rincipien oermanbeß ßd) aifo ganj natürlich
in biefe: meftheö ßnb bie ©efefee, nad) metchen ein
• *
freiet SEBefen auf anberc freie 3Befen mirfen barf?
unb biefe $ragc fann nur anä ber @ti)if bcantmortet
merben.
. l£Bir moßen nerfuchen ßc jit beantmorten. Unb
foßten ßd) auö ben ©efehen^ nach mcichen ein freiem
9Befen auf anbre freie ®cfcn mirfen barf, aße, aiö
mabr unb ridßig. anerfannte, aber bi^b<^>^ unjufammen#
Digitized by Google
23
bängrnb neben einanber gejlellte ÜKcgeln ber 25ereb#
famfeit abfeiten faflen, fo würbe ed feinen 3n>«fcl
leiben, baf bie Sibetorif, aW Xljeorie ber ©erebfam#
feit ein Xb«l ber ®tbif, bie SBerebfamfeit fetbjl aber
eine gertigfeit nad) ctl)ifd)en ©efe^en jn würfen, b. b»
eine Xugenb fei.
Unb babureb n>äre benn and) ber Sferfegenbeit ein
(Snbe gemad)t, worin fid) bie Xbeoretifer beftnben,
wenn f!e befhntmen foUen, ob bie Serebfamfeit eine
^unfl ober nid)t, unb waä {Te benn überhaupt eigent«
lid) fep. ©ie mögen |ie nid)t für eine Äun|l auöge#
ben, ba eö in bie iSugen fällt, baß ffe bie @rreid)ung
eineö äußeren «id)t eine freie unb unin#
terefßrtc DarfieHung bcö ©d)Önen beabfiebtiget. 3n
emcin Ännbwerfc möchte man fie aber aud) nicht her?
abwürbigen; man unterfebeibet baber fd)öne unb nicht
feböne, äßbPlifcbe unb nicht äflbrtifcbc Äünßc; wuw
berbare unb febwer ju »erflebenbe 3luöbrücfe! *) 3n
biefe (entere Älaffc wirb nun bie öerebfamfeit gewor#
fen, mit ber Söcifügung, ffe »erbiene ben ■'JJamen einer
Ä'un(l, in fo fern wir mit jenem Slu^brucf ben äöe#
griff einer geübten unb gebilbeten göbigfeit unb ger**
*) ©cbott, 2I;coric ber 95cr«bfanifeit. 1807. ©. 17. ©cfTcl>
ben ®e^r&nbitiifl ber fKbeforif u. .Ipomitctif. ISl.i, ©. 420.
Digitized by Google
24
tigfett »erbiiibeit, ÜBcrfc bcröcrjubriitgcn, bcrcn ctit*=
jclne X^eile in it)rer tnnigfien äScrbinbung ju einem
unb bemfeiben f«d) bereinigen. Unter biefen
iöegriff gehört aber and) jcbe mcd)anif(f)e ^ertigfeit,
unb eg i|i ba^er burd) eine fo(d)e Unterfd)eibung für
bie Sbrc ber SSerebfantfcit nid)t^ gewonnen. ©oÄte
fid) aber bie »on un^ aufgcflettte Sinffd^t ber S3ercb#
famfeit burd)füi)ren Taffen, fo würbe ihr baburd) nid)t
nur ein fe^r fefler unb beftimmter, fonbem aud) t)öd)fl
ebrcnboUer ^ia& berfdjafft. Sie gehörte ju bem, wa^
im ?Wenfd)en ba^ .^öchfte ijl, jur !Iugenb, unb fönnte
nur in fo fern eine ^nfl genannt werben, aW biefer
Dtaine ber Xugenb felbfl gegeben werben fönnte.
3nbem id) aber fage, bof bie S5erebfamfeit eine
Xugenb ifl, meine ich bamit feine^wege^, baf ein ge#
wiffer @rab ethifcher SBoBfommenheit, nun auch fchon
jur S3erebfamfeit binrcid)cnb fe 9 , unb aUe^ übrige enfe
bebrlid) mache, ba^ fic ffd) au^ Äunfl, ©elebrfamfeit
unb Slßiffenfchaft anjneigncn pflegt. 3ch meine nur,
baß ba^ Sinorbnen unb ©ejlimmen beffen, waö bie
SSerebfamfeit airö biefen »erfd)iebcncn gdchern in fich
hcreinjieht, bem cthifchen @cfe^e toorbehaiten bleibt;
eben bieg aber ifl eg, wag »on einem höthflen ^rin#
ctp geforbert wirb, ffier S. woBte leugnen, baß
bie ^bantaße bie höchßc ©efeggeberin für ben fÖJa#
Digilized by Google
25
Icr fc 9 ? Unb bod) wirb fein Oemälbc burct) ^ban#
tafle oUein ju ©tanbe foinmen. @6 gel)6rt baju me«
d)anifd)e gertigfeit, Äenntniß ber garben, ber ^er«
fpeftiöe, ber 3lnatomie, ber @afd)icf)te; bie ^bontafTe
ofö bÖcbfle^ 'Princip befhmmt bio^, wie jebe »on bie«
fen ^enntniffen unb ^ertigfeiten angewenbet werben
foß. (5ben fo |Tnb bem JHebner, nad) ben »erfd)icbe«
ncn SBcrbältniffen, in bencn er fid) befinbet, unb nad)
ben »erfd)iebenen Wc et ßtb »orfeöt, aud)
gar mand)erfei 9Ritte( notbwenbig; bie nur burd) ©tu«
bium unb Uebung erworben werben fönnen; ba^jenige
aber/ ba^ befh'mmt/ wo/ mit, unb in we(d)em ^age
ein jebeö ber »orbanbenen 5Diittel angewenbet werben
fott, bad i(l bag etbifd)e ©efefj/ bem jebe S3eurtl)ei«
lung unfrer aSerböItniffe, unfrer 3Wfcff «nb unfrei
gefelligen i&Krfenö ant)eimfaßen mug. ©o bag
baf moralifd)e ®efeO nid)t etwa bfog ben SRoment
anjeigt/ wo get)anbelt werben foß/ bie Leitung ber
i;tanbiung aber einem anbem ^rincip übertägt/ wie
ed bei Üludübung einer jeben Äunß ber gaß fe^n
würbe; fonbern bie SBerebfamfeit in aßen il)ren »er«
fd)iebenen formen ijl nid)tö weiter aI6 bie @ntwirfc#
lung beö etbifd)en Xriebe^ felbjl.
Digitized by Google
26
$unfte6 S^apiUl,
^on ben
ÜBic lautet nun aber ba^ ^6cf|fle.@cff^ ber 8e^
rebfomfett, tpcldjc^ nad) bem Sßor^ergebenben, notf)«
»uenbig ein etbifdjcö feint mug? (ii fdjeint un^ l)ier
nid)t not^wenbig ein eigene^ 0ttflem ber 5Woral »on
©rnnb anö aufjufü^ren; e^ ntirb !)inrcicl)en, bad Set#
Wftnig genau ju betradjten, worin fid^ bet 3tcbner
mit bem 3Mt)&rer beftnbet. Sie wenigen »on unö ouf#
jufleltenben @runbfä$c werben ()offcntIid) burd) ben
Stu^fpmd) eineö jeben gebilbeten jittlid)en ©efübiö be#
fldtigt werben.
Ser SWebner ^at '])(ane tinb 2lbfTd)ten, bic er in^
Üßerf fe^en wiÄ, unb ju biefem (Snbe rau^ er t()ei(^
bie Xrägl)eit ber gteidjgiUtigen ©emittber überwinben,
unb ihnen einen Stnflog geben, wonad) ffe bnnbeln;
tbeifö bie offenbar wiberftrebenben befiegen unb mit ftd)
fortreißen. jlebt ihm aber burebau^ fein 3wang^ .
red)t über bic ©cmütber jn; er ijl fein ©efe^geber,
ber bic Serbäftniffc ber 9Wenfd)cu orbnet, unb ffe fo
ouf eine mittetbare, aber fiebere unwibcrfieblicbe 3ßeifc
Icnfet; fein ^errfeber, ber ein ganjeö Soit hier »fcpr
bortbin fübret, wcU er über ©igentbum, ?eben unb
Digitized by Google
27
(äiftc ftnrt jebfn gebiftrt. (5r beiten gonj flieid)/
auf bte er »irfen »ttt; unb ba ihm fein Scr^dftniß
fein offenbaret 9le(f)t über ifjre ^rei^eit jufid)ert, fo
barf er pd) aud) ein fofcbct auf feine f|eintlid)e SOBeife
erfd){eid)en; er muf i^rc grcibcit adjten, unb ihnen
biet S8orrcd)t »cber burd) @rwecfung ihrer ?eiben#
fdjaften, nod) burd) SBethörung ihret Serjlanbet rau#
ben. ©erjenigc ber fortgeriffen wirb, mug aud) ju#
g(eid) feibPPänbig hanbein; unb inbcm er bent ^ii#
ien bet 5Äebncrt folget, mug er feinem eigenen 9Bit#
len nid)t b(og }u fotgen gfanbcn, fonbern auch'mirf#
lid) foigen. lEBoburd) wirb nun aber bic Söfung einer
fo fd)n>ierigcn unb, wie et fcheincn möd)te, unaufibt#
liehen Aufgabe mbg(id) gemacht? S^aburd), bag et
etmat ganj ^Ugemeinet unb ?{othn>enbigct giebt, bat
aüc ÜKenfehen »ollen, bag ge, ihrer pttlid)cn 9Jatur
nad), »ollen mitffen; babureh, bag bie »ahre ^ei#
beit bet ÜKenfehen pett nach ber SRcaliprung ge»if#
fer 3been ftrebt, bie geh berechnen unb beutlich auf#
jeigen lagen, ©er Stebner hat olfo aßen gorberun#
gen ber ©ittlichfeit ©enüge gclcigct, fobalb er feine
jebetmaligc Slbgcht auf eine ber Sbeen jurneffuhrt,
bie ein jeber feiner 3«hörcr »it 3Berf ju fehen »imfeht.
©enn fo »irb burch bie Sßirfung bet (Jinen auf ben
^ttbem, bie Freiheit bet Settern nicht aufgehoben.
Digitized by Google
28
unb bicfcr erfüllt nur auf fremben tfntrieb, er
au^ iraterm Xriebe jlerö ju erfitßen tradjtet.
böd)(tf ®efc$ ber 2)erebfamfctt ift olfo: bie 3bee,
weld)c ber Slebner ind 9Berf ju fe^eit roünfdjt, fott
auf bie uot^wenbigen 3brru ber jurürfgefüf^rt
werben.
®iefe notbwenbigeu Sbecn muffen wir nun näher
tenneu lernen. Sbeen überhaupt finb probuftire ©e#
banfen, bie jum ^errorbringen unb ^anbeln antrei«
ben, unb felbjl ber Äeim be^ ^erüorjubringenben, fo
wie bie Siegeln ber gorm jT«h, bie e^ erhaften foff.
©0 giebt eö plafiifchCr mufPfalifche, poctifrf)e 3been,
auö benen bie ©d)öp^gen in einem jeben biefer Äunfi!»
gebiete entflehn; fo giebt eö nun andj etl>ifd)e 3been,
bie fid) im ?eben barfleöen wotten, bie in ber S3er#
nunft liegen, bei jebem ?0ienfd)en, oW einem mit 35er#
nunft begabten SSBefen öorau^gefe^t werben muffen,
unb and) einem jeben, obgleich nicht in g(eid)er (ar#
heit unb ?ebhaftigfcit, wirfiieh inwohnen, gür ba^
hanbelnbe ©emüth fließen biefe 3been in @inö jufam#
men, unb hüben ein @an}e^, weiched ihm a(d bo^
.^öchflc öorlenchtet, wonoch eö ftrebt, unb weichet
burch fein ^anbein realifirt werben fann. ^ür bie
Betrachtung aber unb für ben SInöbruef jerfpaftet ffch
ba<5 ^ochfle in brei perfdjiebene 3hffür je nachbem
Digitized by Google
29
man auf bie Umiläitbe beiietft, unter benen ge^an^
beit wirb, ober auf bie S5cfrf)afcnl)eit be^ l)anbeUtbcn
@ubjeft^/ ober auf bte notbwenbtgeu inneren unb äuße«
ren goigen ber J^anbiungen. 3eber ÜRenfd) »ilt bad
ipöct)(le, in fo fern e^ burcf) feine befonberen SBerljölt#
nijfe näl^er bejlimmt unb bebingt n>irb: bieö i(l bie
^flid)tibee. 3eber üKenfd) »itt geneigt unb tüd)tig
fepU/ ba6 Jp6d)|le überall beroorjubringen: bieö ifl bie
Xugenbibee. 3cber SKenfd) will, baß eine jebe feiner
^anblungen eine golge bon inneren unb äußeren 3«*
flönben erzeuge, bie i^nt für bie 3«f«nft fcif ^)en)or#
bringung be^ erleicfjtern: bie^ i(l bie ©lücfö#
ibee. 3n einem 9Bort: ein jeber SKenfd) mitl feine
^ßitfjt erfüllen, will ßd) jur Xugenb bilben, will fein
@lü(f beförbem. Die^ ßnb bie notl)n>enbigen |)raf«
tifdjen 3been, bie bei jebem ÜÄenfdjen anjutreffen ßnb,
unb bie grei^eit beßebt nur barin, biefen 3been un# ,
bebingt ju folgen.
9iun jeigt eö ßcb beutlicf), »orin bie erße ^ßießt
beö Dlebner^ beßel)t. J)er Su^örer, inbem er fortge#
rißen mirb, foll bennod) frei bleiben, unb ju bem @nbc
foll ber SÄebner feine jebe^malige 3bee auf bie not^#
»enbigen 3been ber 3u^örer jurüeffü^ren. (5r jeige
ihnen alfo, tt>ie ße, um i^re ^ßid)t ju erfüllen, um
ßd) jur Xugenb ju ergeben, um i^r @lücf }u befor#
Digitized by Google
30
bern, notbwcnbtg aud) feine a3orfd)Iägc inö ®erf fe^cn
müjfen; wie btc Sbeeit ber ^flid)t, ber Xugenb, be^
©iücfeß burd) ffd) feibfl eben biefe @c|tnnung erjeu#
gen, ffc ju eben ber ^anblung onrreiben muffen, wojn
er ffe bewegen Witt. @o refpefdrt ber 9?ebner nidjt
mir bie Freiheit be^ 3ul)örerö, fonbern, inbem er i^n
ganj ju überwältigen unb nieberjubrüden fc^eint, t)at
er il)n burd) SBelebung feiner Sbeen, jum
@rab bc6 SBewußtfetjnö unb ber ©elbflflänbigfeit er«
l)oben. 2)ot)er fommt eö benn oud), bog bie ÜRen«
fd)en, weldje jeben 3wang öcrabfd)euen unb fid) je«
ber @ewafttf)otigfeit jü wiberfe$en bereit finb, ben
Stebner lieben unb il)m mit gwuben folgen, weil er
ffe burd) Sbeen ienft, weld)eß »on attem, wad bie
SO?enfd)en bef)errfd)t, tai ©ewultigfle unb 3wfcflä«
figjle, jugleid) aber aud) baö Unfd)ulbig|le ijl. ffSOBer
fid) gezwungen fül)lt, fagt 3eenopl)on, ber l)afft, afö
wäre ü)m ein ®ut entwenbet; wer überrebet i(l, ber
liebt, afö l)ätte man il)m eine 9Bol)ft^at erzeigt
*) Mcnior. 1. 2. 10.
Digitized by Google
31
33on ber politifc^cn unb retigibfen ®c|l«(t b<r
praftifc^cn
3(bev nur in betn allerottgemctnjlen 2>crl)ältntffe,
wo bte SWrnfrfjen cinanber nur afö freie SBBefen ge»
gemiberflebU/ unb wo fid) auö btefer urfprüngnd)en
S3ejiebung nod) feine engere entwicfclt t)at/ erfd)cinen
bie lenfenben Sbecn beg SBilfenö afö ^fltd)t, Xugenb
unb @lücf. I)urd) jebe engere SSerbinbung unter ben
SWenfdjen, woburd) jene^ urfprüngltd)e SSerbäftniß ■
mehr entwfcfelt unb auögebifbet wirb, beforamen aud>
biefe Sbeen eine genauere 3?e(iintmung, eine weitere
§(u6bübung unb fotgfid) oud) einen anbern ^tarnen.
Qi giebt aber unter ben ?Wenfd)en jwei Sßerbältnijfe,
welche ben gemeinfd)aftfid)en 3»®ecf hoben, bie SÄea»
fijtrung ber etbifdjen 3been ju erieid)tern, unb bie
beibe »on @ott, baö eine auf eine übernatürliche 9Beifc,
bad anbre burd) eine Siaturnotbwenbigfeit, gejliftet
flnb. 2)aÄ erftc i|l bie Kirche, baö jweite ber Staat.
SOBir betrachten juer(l, wie ffd) t>ie ethifchen 3been
in biefetn le$tem aSerbaltniffe geftalten. 25a im Staate
ba^ allgemeine etl)ifchc @efe^ in feiner Slnwenbung
ouf eirtjelne gäße burch pofftine @efc$e unb SBerorb»
Digilized by Google
32
nungcti ndf)er beflimmt t(l, fo tritt f)ier baö 3icd)t an
bic ©teile ber ferner im ©taate bad
©liicf jebee ©iiijelnen, in feinem ungeljinberten ftaatö«
bürgerlichen Üöirfen be|lel)t, unb ba biefeö nidjt be#
flehen fann, ohne einen blühenben 3u(lanb beö @e#
meinmefeng, fo »erwanbelt fleh bie etbifche ©lücKibee
in baö ©treben nach ber SBohlfahrt be« ©taat^. Bie
Xugenb enblich fommt hier nur in fo fern in ^Betracht,
alö baö ^löchfle, ju bejfen ^eroorbringung ffe geneigt
unb gefchieft ifl, auch bie SCBohlfahrt be^ ©emeinme#
fenö befbrbert, unb in biefer SBejiebung heißt fTe Ser«
bienfl. Siecht, ©taatöwohl unb Serbienfl, ffnb alfo
bie nothmenbigen Sbeen, moburch jebe^ ÜJZitglieb eineö
©taateö, afö ein folche^, in feinem ^anbeln geleitet
mirb; unb bie erfie Pflicht beö Siebnerö, wenn er feine
3uhbrer afö ©taatöbnrger behanbelt, befiehl barin,
ihnen ju jeigen, wie burch bie Slu^führung beffen, wa«
er öorfchlägt, Dlecht auögeübt, baö ©taaWwohl be«
förbert, unb bürgerliche^ Serbienfl erlangt werbe.
3hre »ollfommene 2luöbilbung erhalten biefe 3been
aber Weber im allgemeinen cthifchen Serhältniffe, noch
in bem befonberen politifchen, weil ffe hier in ber
©phäre be^ 3rbifchen eingefchloffen bleiben, baö ben
‘ ÜJlenfchen feiner Statur nach nicht befriebigen fann.
3hre hochfle SGBürbe befommen ffe nur burch bie SReli«
gion
Digitized by Google
33
gton unb burd) bic SSejic^ung auf btc n>eld)c
it)«cn biefelbe gtcbt. @o crfdjeinen ffc in ber Ätrdjc,
wo ber al^ ein fotdjer auf ben ß^riflen »trfi, »
\
feine 5£l)dtigfeit afö einen 2Iuöflu0 ber ©Ortzeit, ober
olö ein ©treten in jTe jurücfjufcljren betrachtet/ unb
feinen 3been baburch für ffef) unb anbere eine feitenbe
Äraft giebt/ bie ihnen überaU mangeln noirb, wo ber
SDienfet) nicht weiter hinaufjufleigen »ermag aB bid
ju feinem eigenen 3ch.
3n ber Äirche nämlich/ einer göttlichen ©tiftung/
bie unter göttlicher Leitung (leht/ fann bie menfehliche
SBerjiunft nicht alö oberfler ©efehgeber angefehen wer#
ben; bieö ifl ©ott allein/ welcher burch fein natürli#
cheÄ 2ßort im ©ewijfeU/ unb burch fein offenbartet
Sföort im Soangelio ju unt fpricht/ unb unt eine
SKichtfehnur bet aSerbaltent giebt; wat alfo biefe in
einem beflimmten galle gebietet/ ifl nicht bloß ^fficht
(eine 3bee/ bie ben 5!)lenfchen nur auf fleh felbfl ju#
rüdführt)/ fonbern üßillc ©ottet. ^Betrachtet ferner
ber ßhrifl biejenige IBefchaffcnhcit ber ©ectc/ bie jur
SBerrichtuiig guter 2öerfc jlett aufgelegt unb tüchtig
ifl/ fo fann er unmöglich bei ber lugeub (leben blei#
ben; beim biefer 5(utbrucf bejeichuet benjenigen ©rab
morolifcher SSollfommenheit/ ju bem (Ich ber 9Kenfch
erheben/ ben er bureb beftänbigen Äampf mit ber
3
• I
Digitized by Google
34
6ünbc erringen fann; ber aber fennt etwaö
:^51)ereö; er fd)aut bic jittlidje 9SoUfommenl)eit an,
»ie iie ot)ne Äampf unb ohne Streit im gbttfidjeit
SBefen i)errfcht; unb jener »oUfommene 3uflanb ber
Seele fann baher für ü)n nur in ber 2(ebntid)feit mit
©Ott, ober, ba bie un(id)tbare ©ottbeit SKenfd) ge«
worben, unb in menfd)Iict)en aSerbältnijfen gelebt unb
gebanbelt ^at, in ber 2tebnlid)feit mit Sbrijiu^ be«
jlet)n. 2)aö ©lüct fann er unmöglicfj btoß in einer
D?eibe tion Sufiönben fucben, wooon ein jeber bie ^er«
»orbringung beö l^bcbjlen ©utb in bem folgenben er«
leichtert; anflatt itjrer erblicft fein Stuge, wefcf)eb iit
bie ©wigfcit öorbringt, bab enbfiche Siel, wobin biefc
Sleibe »on 3w|lanben führt, ndmficf) bie innige SBer«
einigung mit ©ott, ober bie Seligfeit; jur Icitcnben
3bee erwählt er alfo bloß biefe, welche bab ^iel i|l,
unb nicht ba^ ©lücf, welche^ in ber hochflen etifU
fchen SÄeinbeit gebacht, hoch nur ber| 5Beg ju bie«
fern 3ieie ffh«
3ßenn baher ein Dlebner fich unb feine 3ubörer
alb 5Jiitglieber ber Äirche betrachtet, fo beliebt feine
erfle Pflicht barin, bie Sbee, bie er ihnen mittbeileii
will, mit ben Sbeen in SSerbinbung ju bringen, bie
er notbwenbig bei ihnen »oraubfehen mu^; unb biefe
|Tnb, nach bem SBorigen, 5Bitle ©otteb, Slehnlichfeit
Digitized by Google
35
mit @ott/ Seligfcit. ©ottte in einer ffincr
biefer @e(Td)töpiinfte öcrberrfcf)enb fepn, fo i(l fo öiel
wenig jlen^ 9en>i^/ baß jie nid)t jum ©ebiet ber S3e«
rebfamfeit gehört. läßt ßd) aber nicht abfehen,
warum ber geißliche JRebner eö feineö Slmteö unwiir«
big halten feilte, auf biefcm ©ebiete einheimifch ju
fe^n, ba ja, nach bem Sßorigen, bie SSerebfamfeit
nicht nur baö Sllterunfchulbigße, fenbern bie Xugenb
felbß iß. ©0 hat ße ßch bisher gejeigt, unb fo wirb
ße ßch hoffentlich noch mehr im ^olgenben bewähren.
3ch muß hict meine l'efer bitten, auf ein 5Kefultat
aufmerffam ju fe^n, baö ßch auö ber bisherigen U»
terfuchung mit ber größten ©ewißheit ergiebt, unb
beffen Wahrheit hoch bisher noch nie ßreng bewiefen,
ja öon ben ÜJieißen bejweifelt worben iß, baß näm«
lieh bie firchliche S?erebfamfeit mit ber politifchen,
ihren 3been, baS heißt ^ ihrem SBefen nach, burchauS
Sine unb iJiefelbe iß. SßBoburch wir übrigens nicht
leugnen, baß ße nicht in ihrer äußeren Jorm bebeu#
tenb »on einanber abweichen ; benn Staat unb Äirche
ßnb fehr uerfchiebene SSerhältniffe , unb ben 5ßerhält<
niffen hnt jebe ßttliche Xhäßgfeit immer einen wefent#
liehen Sinßuß auf ßch geßattet*).
*) .^>erber fagt in ben Briefen bo§ ©tubium ber Jbeolofl'«
3*
Digitized by Google
36
(Si crgicSt ferner, baß wenn ancf) bie
fd)e unb gericf)t(icfje SBerebfamfeit ber Sllten unterge^
gangen fe^n foUte, nur eine gorm ber ©adje, nid^t
aber bie ©adje felbfl »erloren iß; benn biefe iß in
ber fircf)licf)en Serebfamfeit mit einem l)6i)eren ©fanjc
wieber auferßanben; it)re Sbeen ßnb »erfiärt »orben,
inbem ße burd) baö 9Kebinm ber Dleligion l)inburd)s
gingen, unb ße erfe^t burd) bie ®röße beö ©egenßan#
beö, »ad il)r an SSoIlfommenl)eit ber gornt/ i«
gleid) mit ber antifen, abgeljen mag, »ie benn über«
^au;jt bie äußere SSoUenbung leicßter bei einem min«
ber ^oljen ©egenßanb ^u erreidjen iß, ald bei bem,
*
»ad unbebingt bad ^5d)ße iß. @d ergiebt ßd) enb«
lid), baß, »enn and) felbß bie fircßßdje SSerebfam«
feit berfd)»unben fet>n foUte, »ie ed »irflidj öon @i«
nigen bebau;)tet »irb, bie SSerebfamfeit felbß bennod)
nid)t untergegangen fe^, fonbern im SSerfe^r ber ÜJien«
fd>en, in i^rem täglid)cn Umgang angetrojfen wer«
betreffenb, 40r 95rief: „3Ber bi 2 gericbfficfjen Dieben ©e=
moßbene« unb ßicero fcblecbtb>» J« 9Jiußern unfrer
bigfen nimmt, hat weber SSegriff »on ^rebigt, nod) oon
gerichtlicher Diebe; beiber 3*»ecfe hot er nicht »eriianben."
Sreilich, menn <r ti fehl echt hin thut. Ooch fo wie ich
ben ©ebanfen aufgejiellt hohe, wirb mich hoffentlich bie=
fer ^Joru'urf nicht treffen.
Digitized by Google
37
bcn mi'iflfe. 3« einem 5Bort, fee i|l ewig, benn fTc
beruf)t auf bem, wa6 ewig im fJJJenfdjeit ifl, auf fei#
neu etbifcf)en 3been *).
^on ben (Gattungen-
£>b uun gleid) gar füglid) bei einer unb berfelben
aSeranlaffung alte brei 3been afö SSewegungögrünbe
gebraudjt werben fonnen, fo läßt ffd) bod) gewoffn#
Kd) bie 2(bfTd)t beö Stebner^ mit größerer ?eicbtigfeit
auf eine berfelben bejie^en, wefd)e bann öor^errfd)t,
unb wefd)er bie anbem, wenn mau ße überl)auf»t
anweubet, untergeorbnet ßnb. Diefer Umßanb l)at
fd)on bie SHten bewogen, breierlei ©attungen »on Ste#
ben anjuncl)men, öon beneu bie eine 9flcd)t unb Un#
red)t, bie anbere öjfentlid)en SSortbeif unb @d)aben,
bie britte ba^ SSerbienß unb baö bemfelben Entgegen#
gefegte jum Objeft bnt. Die crße iß bie Siebe »or
*) LV-loqui'nce peilt su troiivcr dam Ics cotretiens et Jans tout
genre d’6crirc. Elle cst rarement, ou on la cherchc, et
eile CSt quelqucfoü ou on ne la clierche point. <
La Brnycre:
Digitized by Google
38
bic jroeitc bie btratl)f(t)Ia 9 cnbc ober ©foatd«
rebc, bic britte bte ?ob« ober @(baurebe. @o rid)«
tig bicfe ©int^eilung ober oud) ifl, fo l)oben bocfj bie
3Utcn, fo »iel id) »ei^, feinen befriebigenben @runb
bofür onjngeben gewußt, wie ffe benn überbauet jur
Sluffojfung unb Unterfcbeibung be^ SBirflidjen jwor
febr gcfd)idt, ini 3«riidfiibren beffelben auf iföiim
'>])rincipien ober weniger gtüdlid) woren. 25enn wod
Siriftotcleö, »on bein bic fpäteren 9tt)cfown biefc @in#
theifung onnebmen *), ju it)rer 9>led)tfertigung bei«
bringt**), boö fiebt, fo ernftboft eö outb gemeint
ift, bO(b wobrK(b mehr einem @d)erje öbntid).
giebt, fogt er, fo nie! ©ottungen ber Dieben, ofö eö
©ottungen ber Buborer giebt; ber 3wbÖtpy ifl
entweber fd)aucnb, ober beurtbeiienb, unb bieg Ie$#
tere wieber in SDctrcjf beg 3«fünftigcn unb in ^Betreff
beg ^Vergangenen, fo baß baraug bie 0d)ourebe, bie
beratbfd)fagenbe, unb bic gericbtlicbc entfteben. 2(m
aufattenbftcn ijl biff Stnnobmc cineg Bubörerg,
ber bfoß febauen wiß. 3n>«r würben ju Slrifloteleg
Beiten bie ©ebaureben ber ©opbiß«« (b. b* SJorträge
*) Quinctil. III. 4.
**) lUietor. I. 3. @b«n fo leitet auch Sicero biefe SintbeiUint;
ilbf de partitionc. C. III.
Digitized by Google
39
of)ttc anbereii 3wccf fcurfl) SiBortgeflinflcl ju gliin?
Jen) öon Sßicfen mit SBcifaß angel)6rt; bod) bie^ mußte
nur ofö ein fd)ted)ter @efd)macf, unb ntrf)t atö ein
natürltd)er 21rte6 tm ÜKcnfd)en, auf ben ftc^ ^^bitofo»
pl)ifd) etmaö bauen ließe, angefet)en »erben, ferner
ßnb burd) ba^ öeurtbeilen be^ Vergangenen ober 3u=
fiinftigen j»ar bie Vejiebungen not^bürftig bejetd)net,
»ortn in ben alten greiflaaten bie 3«i)öter jw bem
SHebner ju flehen pflegten, eö »irb aber feine^»egeö
baburd) ermiefen, baß eö nur fo öiel, unb nid)t mehr
fold)er Vejiebungen geben fonne *).
v* 9 dlt man hingegen biefe brei ©attungen Sieben
mit ben brei öon unö aufgefiellten Sbeen jufammen,
fo fiebt man leidjt, baß biefe ber einjige ©runb ßnb,
»orauf jene (Sintbeilung beruht. I5enn ba bei ben
Sitten nur ba^ potitifd)e SScrbältniß auögebilbet »ar,
fo fonnten biefe 3been nur unter ber ©eflalt Sled)t
unb Unrecht, SBobt unb 9lad)tbeil beö ©taatö, Ver«
bienfl unb baß ©egent^eil beffetben bei ihnen »irffam
fepn, unb eben ba^ »irb ja aud) aK ©egenjlanb ber
brei ©attungen angegeben.
9Bill man überhaupt in ber Verebfamteit eintbei»
•) 3lucb ba« fcbeint ni^t befnebigcnb, nai bcm Quiiiotili.in
cuncta rimanti cinfdQt, 111. 4.
Digitized by Google
'40
hn, fo bürfcn btc ©attungcn nid)t burd) gorm unb
©toff, unb burd) btc 2 (rt, wie betbe einanbcr burd)#
bringen, beflimmt »erben; in bcr ^oefte ifl bie^ mög«
lid) ; in ber SBerebfamfeit fann eö beöl^alb nidjt ©tatt
finben*), »eil gomt unb ©toff mit bem S5er^öft<
niffe »ed)feln, »orin fid) SHebner unb 3 «^orcr beftn#
ben, unb biefe 3Serl)dItnij|e finb unjdl)Iig unb tonnen
nid)t berechnet »erben. Die leitenben 3 been finb baö
Sleibenbe in ber S3erebfamfeit, baö Sinnige ba^ (ccb
nid)t ueränbert, be^balb tonnen fie aud) allein einen
(Sintheiiungögrunb abgeben.
©eiten biefe brei ©attungen für bie poUtifdje SBe#
rebfamteit, fo muffen fie, ba bie Sbeen überaff bie»
felben finb, aud) in ber geifWid)en S3erebfamteit ©tatt
finben. lieber ba^ 3Bol)t beö ©taatö beratbfd)iagen,
unb ben üßeg jur e»igen ©eiigteit jeigen, ifl eine
unb biefeibe Sirt ffttlicber Xbätigteit; fo »ie eö aud)
in bem ^t^nn teinen Unterfd)ieb mad)t, einen 5Ber»
bred)cr anjutiagen, unb gegen ein Sajler ju eifern,
I
einen Oerbienten 3D?ann 31 t greifen unb eine Dugenb
gu empfei)ien. Seiber ^)affen bie STJanten, »omit bie
Siiten biefe ©attungen begeiebnen, affein auf bie >)oli#
*) Oralorum gcncra osse dicunlur tamquain poütarum. Id sccus
<'sl. Cicero de optinio genere oraturuni. C. I.
Digitized by Google
41
tifd)c S5ercbfamfeit; unb cö wäre wünfdjenöwertb,
ganj aHgemcine SBcncnmtngen rinjufübren, bic mon
auf jebe^ 5ßcrl)äftn{§ anwcnbcjt fonntc.
Unter allen l^at fidj bie ©attung naef) ber ^lugenb#
ibee am fpätejlen entwicfelt; erfl burd) bte Äirdje bat
jee ihre öollige Slu^bilbung erf)alten, welcf)cr baö
littfefje SSerbältni^ fletö ungiin|h'g war. X5eöl)alb i(l
fle aud) öon ben 2(lten nie in ihrer 9?einl)eit erfannt
worben. Slrifloteleö begreift fie bloß »on ber 0eite
be^ Sobe^ unb beß Xabefö, ben fte außfpenbet, unb
mad)t fTe ju einer @d)aurcbe ohne ^)raftifd)en 3wecf.
Sicero, welcher biefer 2ln(id)t getreu bleibt, jweifett
ob man jte iiberl)aupt al6 eine ©attung anfeben fonne,
unb ob eö nötbig fep Siegeln barüber ju geben*).
Unb »Olt feinem ®ejcd)t6punlt au6 betrachtet, gehört
fle allerbing^ nidjt jur Söcrebfamfeit. 2Bcnn mau
lobt unb tabelt ohne anbere 9lbffd)t aK gu toben unb
JU tabeln, fo fann barauÄ jweierlei entflebeu: ein
Iprifched ©ebid)t, wenn mau fid) feinem ©efübl über#
läßt; ober eine hi jlorifchcSarftetlung, wenn manbem
gaben einer ©efchichte folgt. @ine 3?ebe wirb ci
nur bann, wenn man mit bem ?obe unb bem Xabet
bie atbßcht »erbinbet, im Swh^iffr eine gewiffe ©eßn#
*) De Oratorc II. C, 11.
Digilized by Google
42
nung ju erroecfen, i^n ju einer gemijfen ^anbfung«»
weife JU beflimmen. ©o wirb bie Xugenbibee aßer«
bingd bon ben SUten gebraud)t; bocf) feiten ifl ffe
l)errfd)enb, unb gewbl)niid) nur untergeorbnet, wie
wenn DemofH)eneö ben Sltbenienfem baö ®eifpie{ i^rer
SSorfo!)ren a(g eine 2!riebfeber ju großen ^£t)aten bor#
ließt, ober bie S5erworfenl)eit eine^ ©egner^ fct)Ubert,
um feiner S3ertl)eibigung, ober feiner 3infioge ein gro#
ßere^ ©ewidjt ju geben.
@rß in ber cf)rißlid)en Äirdje bilbete ßct) eine
eigene ©attung nod) ber Xugenbibee; hier würbe bie
SBoßfommenl)eit, bie man ßd) in ©ott bad)te, bie ßd)
in ß^rißo berßd)tbarte, ber ganje @d)aaren bon ^ei#
iigen nad)(lrebten, at^ ein l)obe6 Sorbilb, ben ©läm
bigen jur SJiadja^mung aufgeßeßt. 3um ^anegpricuö
beripeiiigen gefeßte ßd) halb bie l'eidjenrebe, bie wie
jener nad) ber ^tugenbibee conßruirt iß, unb bie nur
bann ben SRamen einer SKebe berbieiit, wenn ße burd)
bad ?ob eineö SSerßorbenen ben 3ul)örer ju guten ©e#
ßnnungen unb ©ntfd)Iießungen antreiben wiß. 3ebed
©ebiet ber ?itteratur bat jebod) feine ©renjen, wo»
burd) e^ an ein anbere^ anßreift; fo mad)t aud) bie
©attung ber Sieben na(b ber Xugenbibee ben lieber#
gang »on ber S3erebfamfeit jum lt>rifd)cn ©ebid)t »on
ber einen, unb jur l)ißorifd)en 25arßeßung »on ber
Digilized by Google
43
anbern 6eitc; beflo nothwcnbigcr »trb ^ier bem SÄfb#
ncr bie größte S8or(td)t, um fld) nicf)t in baö eine
ober baö onbere ju »erliercn. wäre lBergeffenl>eit
bei aSerbäftnifleö, worin er ju feinen 3«l)örem jle^t,
unb fo(glid) ein unfTtt(id)eö ^anbeln^ wenn er o^ne
on ihren 9iu$en ju benfen, fid) ganj feinen ©efüblen
überfieße, ober eine l)i(lorifd)e Corflellung ouöfiibrte;
beibeö barf nur in fo fern gefd)el)en, alö eö jur @r#
reiebung eineö et^ifeben beiträgt, di i|l fdjwer,
icb gejlebe ei, feinen gelben mit einer gewiffen SSott#
(länbigfeit ju febifbern, unb bennodj atteö unter fotebe
praftifebe ©eficbtöpunfte ju bringen, woüon man fid)
Einfluß auf ben 3ubörcr »erfpreeben fann. 25ocb bie
l'öfung biefer 2lufgabe i|l nicht unmögficb, wie große
5Wufter beweifen.
^aß 'Xugenb auch f<9-
2ßenn ber 3?ebner babureb, baß er feinen 3»c(f
auf bie etbifeben Sbeen bcö 3«böw»^ bejiebt, ben gor^
berungen ber Pflicht ©enuge teiltet, fo fragt eö fitb,
ob biefeö ^Betragen auch ber Äfugbeit gemäß fep, unb
Digitized by Coogle
44
ob ei mrf|t anbere, unb bet ttjcitcm wirffaracre Wtit^
tel gebe, jid) bei ben S0?e«fcben Eingang ju öerfebaf*
fen unb jte ju lenfen. ©oUte baö »oirHid) ber galt
fe^n, foUte bem Dtebner wirftict) nur bie 3Ba^t blet#
ben, entweber mit|93efo[gung (Tttlictjer ^rincipien un#
ftug, ober mit Sefotgung ber Ätugt)eitöregetn unfttt?
Itc^ ju bonbetn, fo müßten toir bem Sor^aben ent#
fagen, ber Xi)eorie ber 55erebfamfeit eine f^flematifdjc
gorm ju geben, inbem nid)t^ einer fotd)en fat)ig ift,
baö entweber ju feiner SSoüenbung gelangen fann,
ober mit einem ber ©runbtriebe im S0?enfd)en, mit
bem jtttlid)rn, in einem offenbaren SGBiberfprud) jlel)t.
Stber auef) fetbjl biefe grage fönnte gar nid)t aufgc#
worfelt werben, wenn bie ÜJioral nur ein wenig mei)r
au^gebitbet wäre afö ffe ei teiber, ob man gteid) feit
,fo »ielen Sabr^unberten baran arbeitet, wirftief) ifl.
9)?an würbe aföbann einfeben, ba0 bie @tbif, ba ffc
baö ganje menfd)Iicbe ^anbetn umfaßt, aud) bie ÜJJit#
tel jur @rreid)ung oernitnffiger 3tt>erfe angeben muß;
baß ße afö UBiffenfebaft gar nid)t erißiren, baß eö
überhaupt gar fein i^anbetn nad) ^rincipien geben
fonn, wenn biefetben ©efe^e, welche unö unj/re Xbä#
tigfeit oorjeiebnen, nid)t aud) jugteid) bie 2trt unb
SBeife angeben, wie ße am beßen gelingen wirb. 9Jad)
ben je$t brrrfebenben SSorßellungen aber fpriebt man
Digitized by Google
45
»iel »on ber Ätugl)ctt ofö öon einer ©igenfe^aft, bic
»on bem jlttlidjen SBege ofterö abwärts fntjrc/ unb
bie and tt)reit burd) @rfal)rung unb eigene 93eobad)#
tung fd)fau jufammengetragenen ©efjd^en, bie juöer#
läfjTgfien S 0 ?ittel jur @rreicf)ung unferer Bweefe an bie
^anb gäbe. 9ßie ei fonfl bamit flet)en mag, loffe
id) bal)in geflellt fe^n; baß aber für benSKebner bod
ffttlirf)e .^anbeln auef) Äiugl)eit, b. bie Äunjl fe^,
feine S^eefe ju erreichen, baö läßt ßc^ fc^on an bem
bartl)un, mag ßd) auö ber bi^t)erigen Unterfueßung
ergeben ^at. 9Öir haben nämßd) bai &cfe$ gefun#
ben: ber SHebner fott feine 2 (bßd)t ben ßttlid)en Sbeen
ber 3 «hörcr unterwerfen, fonß barf er nidjt unter#
nehmen ße ju lenfen. ©o fehr iß aber Xugenb einer#
lei mit Äfngheit, baß eben bieö SSeßehen auf bie ßtt#
ließen 3 been beS 3uhöreti5, and) baö ein 3 ige untrüg#
ließe ÜRittel iß ißn 3 U lenfen. 5Ttein, wirb man fa#
gen, an bie Ueibenfeßaften ber 5Kenfcßen muß ßeß ber
3iebner menben; ße muß er benu^en, mo er ße ßn#
bet; ße erweefen, wo er ße nießt »orau^fe^en fann,
benn nur fo werben bie ©emütßer regiert. 3Ber wirb
leugnen,, baß ße nießt oft fo wären regiert worben,
nnb baß ein geübter Diebner, ber bie ?eibenfeßaften
31 t nitßammen weiß, über einen minber geübten, ber
nur ßttlicße Sbcen er 3 eugen will, ben ©ieg baöon
Digitized by Google
46
tragen fönne? ©o mu0 man aber ben galt m'ctjt
fe^en, fonbern man benfe fld) jmei Mebner »on gfet#
djem Xalent, »on benen ber eine, auf bem öon un^
öorgefebriebenen 2Bege, ben feinen fittlU
d)cn 3been, b. b. bet feiner (larfen ©eite ergreift,
unb öon benen ber anbere i^n bei feiner fcf)mad)en
©eite fajfen, ibn bejieeben, bienben, üerfübren mitt:
ber erfie, behaupte id), werbe immer jtegen, ber jmeite
immer öerlieren.
Unb jwar fd)on be^balb, weil einem jeben 3nb6«
rer, »ermöge feiner menfd)licben 9iatnr, ffttficbe 3been
inwobnen, ba e^ hingegen bie menfd)ücf)c Statur nic^t
immer mit fief) bringt, baß man »on Scibenfebaften
regiert werbe, ober and) nur befonberö empfdnglid)
bafür fep. 3ßenn man ffe alfo öorauöfe^t, fo i|i eö
leid)t mbglid), baß man ßd) irre; unb wenn man ße
erregen witt, fo bleibt ein foieße^ Untemebmen immer
febr mißficb, ba eö an einem feßen ^unft febit, wo
man onfniipfen fonn. Siefer iß binsegen immer
gefunben, unb man iß immer gewiß 3ntereße ;u
erweefen, fo halb man bie ©ittlicßfeit in Stnfprud)
nimmt.
3weitenö, wenn aud) bie Seibenfebaften eben fo
allgemein bei bem 3nbörer hetrfebten afö bie ßttlidjen
3been, fo iß bod) immer biefer SSortbeil bei ben le|#
Digiiized by Google
47
tercn, ba§ jie in aßen biefetben, bie ?eibenfd)aften
bingcgcn bet einem Seben »erfdjieben flnb. ü)?an fonn
aber nid)t einen 3eben einjeln bearbeiten, fonbem burct)
eine unb biefelbe 9?ebe foß in ben »erfdjiebenfien &e*
mütljern eine unb biefelbe SEBirfung l)er»orgebrad)t
»erben. 2Bie unflug wäre eö l)ier, »enn man ba^ oß#
gemeine Sntweffe ber ?Wenfd)l)eit bernad)läf(Tgte, um
baö befonbere 3ntereffe einer Seibenfd)oft jur ©pradje
ju bringen, ba^ nur immer einige ©emittier berühren
fönnte, unb wobei bie meiflen falt bleiben würben!
^ier^u fommt, britten^, eine feljr wahre unb für
bie 9J?enfd)en fehr ehrennoße Semerfung, bag fie jwar
einjeln genommen, »oß öon fleinlicheu ?eibenfd)afteu
fepn mögen; fo halb ffe aber in großer ?0?ajfe »er#
fammelt finb, fo fcheint Sfber ben fd)led)ten Xl)eil
feiner 3nbi»ibualität aufjugeben, um nur baö rein
ÜKenfd)liche, welcheö immer gut iß, ba»on ju behal#
ten. ©0 wie er ßd) unter eine SKenge öerliert, iß
er nid)t mehr baö engherjige ©efdjöpf, baö »on Se#
gierbe unb ©elbßfucßt beherrfd)t wirb; fonbern fein
3ntereffe fchmiljt mit bem aßer übrigen jufammcn,
unb fann baher nur ein reineö unb ebleö fe^n. 3c
größer baher bie 2?erfammlung iß, um fo großarti#
ger muß ber 5Kebner fet)u, ober er iß »erloren.
3a felbß ber SSetrug, welcher fo häußg »on SSolfö#
Digitized by Coogle
•18
rebnern getrieben worben, bewrifet baß bie üßenfeben
nur burcf) fcttlid)c 3bcen gelcnft werben fonnen; beim
woburd) i(l er ihnen gelungen? ÜBahrlkt) nicht bo#
burch, baß (te ßch unmittelbar an ^^labfucht unb an
flache gewenbet, unb biefe Seibenfehaften ju entflam#
men gefucht h<tben; benn baburch niemanb
eine große ÜKaffe fortreißen fonnen. I)ie Äunfl ber
S3oIKoerfüh«f h^t »ielmehr öon jeher barin beflan#
beu, bem waö ihre befonberen ?eibenfchaften begehr#
ten, ben Schein ju geben, afö fe 9 eö eine ^orberung
aUgemeiner ßttlicher 3been. So haben bie J)emago#
gen in ber fran^ößfehen 9ie»oIution nur baburch fo
große ^iBirfungen herborgebracht, baß ße ihre eigen#
nu^igen Stbßchten unter SKed)t, Staat^wohf, b. h. un#
ter ßttlichen Sbeen »erbargen; unb ße mußten ßegen,
benn burd) baö Unglucf ber Briten gab eg deinen,
ber biefe Sbeen in ihrer reinen ®eßalt mit eben bem
9iad)brucf hätte barßeUen fonnen. Daß aber bie rei#
nen ßttlichen Sbeen, wenn ße mit Äraft »orgetrageu
werben, auch in hen feidjtßnnigßcn, »erberbteßen @c#
muthern ben Sieg über jeneg faffd)e Spiel, mit 3bcen
behaupten, beweifet bag Seifpict beg Demoßheneg, ber
wahrlid) nicht bloß burch feinen gebiegnen Stpl unb
feine »oUenbete Dectamation feine ©egner fchfug, fon#
bem
Digitized by Google
49
bent Dcrjügltd) burd) bie 9teinhett feinet unb
bie Äraft feiner ffttHd)en Sbeen.
Söierteng, erwäge man, baß feber 3u^örcr üon
3i'atur argwöhnifd) ijl, befonber^ wenn er bemerft,
baß man ^nfprüc^e mad)t fein @emiit^ ju bcarbei«
ten, unb baß er ed nur IDem ^ingeben mag, ber il}U
ein rebiicf^er SDZann bünft. 2)eöbalb legen aucf) bie
?ebrer ber Dibetorif ein fo großeö @ewid)t auf bie
3Irt wie man ßd) bem 3«^örer barßeUt, unb auf ben
erften Sinbrucf ben er »on bem Diebcnben empfängt.
3iid)W iß aber fo fd)wer afö ben ebrlid)en 2Raun ju
fpieten, unb man wirb weit Icid)tcr bafiir gehalten
wenn man ed iß. l!enn baö Sewußtfepn einer guten
®ad)e giebt bem Stpl eine garbe, bem Xon einen
9?ad)brud, ben ein fd)led)te^ SSewußtfepn nur $um
Xt)eil, unb nie gänßid) erfünßeln faun; unb ba^
ßttlid) ©cblccbtP^ welche^ burdjblicft, wirb immer
bem 3wl)örer einen SIrgwobn cinßößen, ber feine dm*
pfänglid)feit »erminbcrt. 2Benn baber Sßouffcau einem
jungen, nacbma^lö febr berühmten franjbßfd)en 3(b#
oofaten, bem l‘oifeau be ^auleon, ben Statb gab,
nur bie SSertfjcibigung foldjer ©acßcn ju übemeljmen,
»on bereu @ered)tigfeit er überjeugt wäre, fo war
bicö eben baburd), baß cd eine ctbifdjc Siegel war,
4
Digilized by Google
50
aud) eine rl)ctorifcf)c, uiib fff foUtc in gietdjem ÜÄaßc
5Hcd)tfcf)affenf)cit unb SBerebfamfeit beförbern.
9leunte$
^on ben untergeotbneten ^been ober
^ategorteen.
Dem ftttltdjcn 93e|lreben bc^ SÄcbncrd, feine be#
fonberen Sbecn mit ben allgemeinen unb notijmenbigen
feiner 3ui)öter in SSerbinbung ju fe^en, fann ein brei#
fad)eö ^inbemiß im ÜBcge (tet)n. Dieö finb crjllid)
bic bunfein unb unentmicfelten begriffe, bic fid) ber
3uf)örer »on bem ffiefen ber Dinge mac^t, unb »o#
burd) er j. S3. gel)inbert »erben fann, (Jtwaö, baö
ber Dlebner für ^flid)t, Xugenb ober ©lud auögiebt,
bafiir anjuerfennen, unb fo in feine eigenen 3beeit
auftunef)men. 3n>pitcnö fonn ber 3u^^rer au^ man#
gelf)after S3efanntfd)aft mit ben jebeömaligen SBerl)äIt#
niffen unb mit bem 3u(ianbe ber Dinge, bejmeifeln,
bo^ eine Sbee, »eld)er er fonfl feine SilKgung nidjt
»erfagt, au^fiil)rbar fep. ©nblid) fann er, öon bem
Hergang einer 6ad)e, worauf ber 9iebner eme ber
höheren Sbeen anwenben »itt, fid) eine anbere SBor#
Digitized by Google
51
(Icltung mad)cn, ober überbrtupt bon ber SBirfItebfeit
/
berfetben m'cf)t überzeugt fe^n. ©o entjlcbt für ben
9tebner bic 9iotb»cnbigfeit, erfUtd), ben 3ubörer »on
ber wahren 9Jatur unb ©efd)affenheit ber Singe ju
belehren; jweiten^/ibm bie Slnöführbarfeit eineö in
93orfd)lag gebrachten Unternehmend anfchautich ju ma#
(hen ; brittend^ ihm bie reale SBefchafenheit einer ©ache
bar;ujleßen, ober ihn »on ihrer hiflorifchen ©ewißh«*
ju überjeugen. Unb baraud gehn für bie Xheorie ber
SBerebfamfeit brei untergeorbnete 3been, ober Äate#
görieen, wie ich nennen mbchte, h^'Jor:
SDBahrheit, ÜÄögfichfcit, SBirHichfeit. @d »erfleht ffch,
bag flttliche @igenfcha^en allein ju ihrer S3ehanbfung
nicht binreichen, fonbem baß »hi^ofophiffhe SSifbung
unb ein großer Umfang realer Äenntniffe bagu erfor#
bert wirb. SBollte man fragen, mit welchem Siechte
wir ffe bennoch in eine auf ethifchr ^rincipien ge*
grünbete Sbeorie ber S3erebfamfeit aufnehmen, fo
würbe ich antworten: weil bem ßttlichen @ebote, ber
Slebner foU feine 3bee auf bie allgemeinen 3been bed
3«börerd bejiehn, nicht anberd genügt werben famt,
ald wenn bie 3»cifet ober falfchen SSorfteltungen bef*
felben in Slücfßcht auf üßahrheit, SÖioglichfeit unb
9Birflichfeit befeitigt werben, unb weit biefed ©efchaft,
ba ed unter Leitung eined ßtttichen ^rincipd fleht,
4*
Digitized by Google
52
auc() at^ ein f(tth'd)cö betrad)tet werben muß. Unb
iweitenö, weil ber SHebner, wenn er bie wiffenfeftaft#
lidje SBUbung unb bie realen Äemttniffe, bie baju er#
forbert »erben, nid)t befdße, burcf) ein (Tttlid)e^ @e#
bot würbe aufgeforbert werben, jie fid) ju erwerben,
»eil e^ notl)Wenbigc 9)iittel jnr Sluöfübrung eine^ fitt#
lidjen Unterneljmenö flnb. 25er iKebner, felbfl wenn
er ^)l)ilofo^)l)ifd)e S3ilbung unb ^iflorifd)c Äenntniffc
in bem Umfange entfaltet, ben bie l)bd)ften etl)ifd)en
^rincipien erforbem unb gejlatten, wirb baburd) nid)t
jum ^büofopl)en ober ^iflorifer, fonbern er muß im#
mer ali ein l)anbelnbeö unb nad) äußerer SÖirfung
(Irebenbe^ Subjeft betrachtet werben.
93on ber 3Bal)rl)cit.
5?ätten wir bie ®obr!)eit, b. h* Darßellung
t)on bem ffiefen ber Singe, ju bem ^6d)ßen in ber
SSerebfamfeit gemacht, fo wäre biefe baburd) gäu3lith
mit ber jufammengefallcn. SOBir betrad)#
ten ße aber nur al6 eine untergeorbnete Äategoric,
auf welche bie höhere» ßttlichen Sbeen führen, ©o
Digitized by Googl(
53
behält bic S3erebfamfcit i^ren etljifchcit ßljarafter, unb
cd wirb aud) suglcid) baburd) i^re SJcrwanbtfdjaft
mit bcr ^^ilcfopbie erllärt.
ijl bcm atebncr alfo erlaubt mib oft not^wen#
big ju pl)ilofopl)iren; fep’ö baß fld) baö SSeburfniß
ber ®al)rbeit erjl einßclte, wenn ber Äampf jwifd)en
ben praftifd)en 3been bed 9iebnerö unb bed 3wi)orpt^
fd)on begonnen ^at, unb baß ße bloß bic 3»ifrf)pn^
fö$c liefere, woburdj jene mit biefen leichter jufam#
menfchmel^en; fep’g baß ber Diebner mit Darßellung
ber aOohrheit anl)ebe, welche^ fo oft gefdjehen barf,
afö eö bem 3wccfc be^ Dtebnerö unb ben Umßänben
angemeßen iß, unb ber ßttliche 3lntrieb, worauf, fo
wie bie ßttliche 31bßd)t, in weld)er eö gefd)iebt, nid)t
ju öerfennen ßnb. SlWbann wirb and) biefer Slntrieb
unb biefe 2lbßd)t bie ©renjcn angeben, innerhalb wel*
(her ßch bie rhctorifche Darßellung halten muß, unb
ße bon ber ph*tofoph*f^*)c*t unterfcheiben, welche bie
bloße ©ntwicfeluug ber 3been, ohne weitere aiücfßcht,
ju ihrem ©efehäfte macht.
©ine befonberö gVoße Sluöbehnung befommt bie
Darßellung ber SBahrheit in bcr geißlid)en Screbfam#
feit, bie ßd) »omehmlich baburch »on bcr politifchen
unterfcheibet. 3n biefer wirb nur auf ©ine Xhat,
auf einen cinjigen ©ntfchluß hingcarbeitet; woburch
Digilized by Google
54
badjcnigc, n>og jum Slufffäreit licö ©ciflcd crforber#
lief) ifl, bejiimmt, unb notf)»cnbig fefjr bcfd)rdnft
n>irb. 25ic Slufgabe bcö getfilicf)cn 9tcbner^
ifl: bie ÜKenf(f)cn burcf) @rfcnntnif ©ottcö unb feinet
(Sobneö jum ewigen ?ebcn ju führen, unb ihren @ei(l
bergejlalt ju bilben, bag nid)t bloß ©ne gute 5tf)®lr
fonbem eine »bUige Umwanblung beb 3nncm unb eine
ganje 9leit)e guter Xbflten baraub entfpringe. S5e#
trad)tungen über bie menfct)titf)e 9iotur, unb if)r Ser#
bdltniß ju ©Ott, ftnb alfo, infofern jte auf ©lüd,
Xugenb unb ^flieht bezogen »erben, in ber geifllid)en
Siebe fehr an il)rer ©teile.
®ennocl) bleibt bie rbetorifcf)e 2>ar|leltung ber
2ßaf)rl)eit, oon ber t)hilofopl)ifcf)en ganjlid) »erfchie#
ben; benn in ber ^bilofoph« wirb (Te ganj unb nad)
allen ©eiten, id) mbd)te fagen, plajüfd) oubgebilbet,
fo baß für ffe, »ie für eine ©tatue, fein befonberer
©eß(htbpunft, feine ^erfpeftioe ©tatt ßnbet, fonbem
baß ße bem 3ufd)u«cr, »o er aud) |lef)e, eine ooll#
enbete ^omt barbietet. Sn ber Serebfamfeit hingegen
fommt ße nur malerifd), unb, id) möchte fagen, in
^roßl genommen »or, benn man bietet öon ihr nur
baöjemge bem Buhöfff waö gur ©aeße bient,
unb nöthig iß it)n gu übergeugen. Seßehlt alfo bie
^ßid)t bem Slebner nad) wißenfd)aftlicf)cr Sluöbilbung
Digttized by Googic
55
ju (Irebcn, fo gebietet ffe i(>m aud), alteö, rt)aö er
0innreidjeö, Xiefcg, SSortreffidjeg über eine ©arf|e
gebacf)t haben mag, ju üergeffcn unb aufjuopfem,
fobalb e^ nicf)t jur Erreichung feiner 2(bftcf)t unmm
gdngiid) noti)wenbig i|t.
33on bcr rhetorifcben ^egriinbnng
ber SSBahrbeit.
Sweierlei ifl aifo in 9iücfjTcht beB ^hiiofopf)tfd)cu
in ber SSerebfamfcit ancrfannt morben: erjHicf), baß
baö SiufjleUen poütifcher, etbifcher, religiofer 9Bal)r#
beiten barin notbroenbig fe^; jmeitenö, baß e^ mit '
feiner SSottßänbigfeit gefcbeben bürfe.
25arauB folgt nun ferner, baß in einer SHebe baB ei«
genttiche 2)emonflriren eineB ©a^eö, b. b* feine ^cr«
leitung auÄ einem böchßcn ^rincit) aller Erfenntniß,
nicht JU geßatten feh; »eil bei einer folchen ?Wetbobc
baB ^raftifche ber SKebe entmeber ganj »erlorcn ge#
ben, ober hoch nur fch»ach bcröorfchimmern »ürbe.
^ier entßebt alfo bie fch»icrige fraget »ie foll bic
Digitized by Google
56
9ßol)rl)cit in bcr S3eret)famfcit begrünbet werben, wenn
jtc ntrf)t pl)iiofopbif(f) bemonflrirt werben barf?
Suerfl i|l ju bemerfen, baß cd manche SBabrbeii'
ten giebt, bic einer foIcf)en Scmonflration nidjt bc#
bitrfen, unb benen man burci) eine beutlicf)c Studeim
anbcrfc^ung, burcf) ein ^aafienbed 53eifpicl, burd) eine
gefd)icftc Sfnwenbung auf einen uor Singen liegenben
Umflanb, bic 3»flinimung aller 3wbörer »erfcbajfcn
fann.
©o'Utc bied nicf)t möglicf) fc|)n, fo muß ein 3wci<
fei in SSetreff irgenb einer 3ßa!)r^cit, ba er niefjt burcl)
\
Demonftration gelöft werben fann, burcf) Slutoritdt
entfd)ieben werben; nämltcf) burd) bie eigene Slutori#
tat bed 3«^ö«r^/ ober burd) eine frembe. Unb biefc
i(l wicberum menfd)Iid) ober göttlid).
?0?an führt bem 3ul)örer feine eigene Slutorität an,
wenn man il)m jeigt, baß er burd) bic 3«rücfweifung
einer gewiffen ffiabrhcit, mit fid) felbft unb mit bcr
Ueberjeugung, bie er bei anberen ©elegenheiten ge#
äußert half t« UBiberftarud) ftehe. 2)icfc Slrgumem
totion, bic burd) ihre Äürje unb if)rc überjeugenbe
Äraft einen fo großen SBorjug uor ben ^)htfofophifd)«t
Dcmonjlrationcn behauptet, ijl bem 3lcbner fehr ju
empfehlen, unb, um fle tnit Erfolg anwenben ju tön*
uen, muß er bic in ber SJiengc Perbreiteten SSorfiel#
Digitized by Googic
57
Iimgeit flefö »orSIugcn unb barin fo öici aW
möglicf) einbringen. .^ieriit, gloubc idj, würbe jum
Xl)fü bte fo fcl)r gepriefene, unb t»om SHcbner überoU
gcforbcrtc Popularität bcjlc!)cn. 3d) bcfürd)te ntd)t,
baß mau in biefcr bellänbigcn 9iücff[cf}t auf bie lieber«
jeugung be^ etwaö ^alfcbeä unb Srniebri«
genbed ftnbe. greilid) wäre eö erniebrigenb, bem 3u«
I)örcr 3 u ©efalleu, »on einer 3bce auöjuge()en, bie
man fclbjl für t^rid)t hält; warum follen aber bie
in ber 9Renge »erbreiteteu ÜJleinungen gerabe immer
falfd) unb abgefdjmacft fcpn, unb bringt ei nid)t bie
menfd)li(he 9iatur mit ftd), baß bie SGBahrheit nie ganj
untergehen fann, fonbem baß ßd) immer ein Xhril
batton rein, unb ohne SSerfälfehung erhält? Unb
warum follte man baö, waö man oortragen will,
nicht lieber in biefer ©eßalt, ol^ in einem fpßemati«
fd)en 3uf<t>nmenhang barßellen? ®a bod) bie g^rei#
heit bed 3ub'^r‘^r^ refpectirt werben foU, fo wirb ße
e^ ja bei weitem mehr, wenn id) ih«« fo S“ fflßo»/
»on 3nnen herauf bilbe, unb bureß bie (Sntwicfelung,
bie id) feinen eigenen 3been gebe, alö wenn ich ib«
in ein frembeö ©pßem fchnüre. Unb bieö foll id)
um fo weniger »erfuchen, ba id) ihn burd) mein 3ln«
fd)ließen an feine eigene Ueber^eugung mit leichter
SRübc für eine hrilfamc iffiahrheit gewinnen fann; ba
Digitized by Google
58
hingegen bic fd)&n|ie pl)irpfo}5l)ifct)c Uuöetnanberfe$uttg
il)n öieUei(f}t nur ermüben, unb i’^n für fein eigene^
9ßoI)l unb ben prafttfcf)cn 3»ccf meiner 9iebe gleidj#
gültig mod)en mürbe. SEBenn |Td) fin 9tebner
im 2iugfprecf)en feiner 3been gefäUt, unb barüber feine
3ui)orer, unb ben t>cn er Ijat ober haben fott,
»ergibt, fo behaupte ich, bif^ ift ni<ht allein imftug,
»eil er fo nie ju feinem 3idc Sdangt, fonbem ei ifl
auch unfittlich, ei i|l flrafbare ©elbjlfucht, moburch
ein guteö Unternehmen fcheitert. ©enn ber Dlebner
befinbet ffch nun einmal mit feinem ganjen Sßirfen auf
bem ethifchen ©ebiete; unb folglich ift auch o^ei, wo#
burch biefeö SEBirfen beförbert wirb, etwaö moralifch
@ute^, aHe^ woburch eö fcheitern fann, etwaö fitt#
lieh Schlechte^, ©er ßh^rafter be^ rhetorifchen SSor#
tragö i|l alfo höfhüc Popularität, unb ber 3tebner
folt fich an bag unter ber SWenge oerbreitete üSahre
anfchliefen, unb bie @e|lalt, worin er eÄ »orfinbet,
hoher achten afö biejenige ^orm, bie er ihm in fei#
nem ©pjlem gegeben hat.
SEBenn jeboch ber ^all eintritt, bafi fich unter ben
Sorfleltungen be^ 3uhbrerö feine befinbet, bie ber
3?ebuer alö SBorberfa^ in feiner 23cweiöführung ge#
brauchen fonnte, fo muß er, ba eine wiffenfchaftliche
Erörterung ihm bur(^auö unterfagt bleibt, fich auf
Digitized by Googl
59
menfd)Kcf)c ober göttKdje Slutoritöt bejie^n. 2lud) i(l
ntd)tö häufiger ofö ber ©ebraud) bcr crfteren in 9le#
ben über 9iechWf(icf)en ober ©toatöangefegenbeiten.
©laubt man, baß bie Selebung ber ethifd)cn 3been
beö SÄichterö m’dft binreid)t, um oon il)m bie »erlangte
@ntfd)eibung ju erhalten, fo führt man ihm bie Siuto#
rität beö ®efe$e^ an; unb follte eine SSehaufJtung ben
S3egriffen einer poiitifd)en SBerfammlung nicht ange#
meffen fe^n, fo muß gcjcigt »erben, baß in einem
gleichen ein ©taatgmann »on anerfonnter ÜBei^#
heit eben fo gcbacht, ober gefprochen hübe.
®cr geifllichen S3erebfamfeit befonberö ifl eine 2lu#
torität, unb j»ar eine göttliche, fo noth»enbig, baß
ße ohne biefelbe nicht entßanben fcpn »ürbe, unb
auch jie$t nicht begehen fann. Die höchfien aller
SBahrheiten, baö SBerhältniß ©otte^ jum ÜRenfchen
betreffenb, »erben hier bargeßeltt, um bem ?OJenfchen
aW Dlichtfchnur bei feinem ©treben nach ©tücffelig#
feit, unb ald Driebfebern jur Heiligung ju bienen,
eingenommen, »aä hoch nicht anjunehmen iß, baß
biefe ©ahrheiten ßch auf bem ©ege einer philofophii*
fchen Debuction er»eifen ließen, fo bürfte hoch biefe
©ethobe nicht befolgt »erben, »eil man fo j»ar ©r#
fenntniß erzeugen, ben praftifchen 9Ju$en berfelben
aber »erlieren, ober nur fümmerlich einernten fonnte.
Digitized by Google
60
Shicfj ifl Weber beö nocf) irgenb eine^ Wietif
fdjen SluWritöt ein l)inlängltd)c« gunbament, um bar«
auf fo wid)tige SOBabr^eiten, unb btc ganj außcrbalb
beö gewöl)nKd)crt @cfTd)tgfreifeö Hegen, 'ju grümben.
0te bebürfen aifo, wenn fie in ojfentficben Sßorträgcn
jur -Heiligung unb 58efeligung ber ?OZenfct)en angewcn«
bet werben, einer gött(id)en Slutorität. 25al)er fommt
e^, baf unter ben SUten, benen eine foid)e £)ffenbo#
ning fehlte, fid) neben ber poIitifd)en S3erebfamfeit,
nid)t einmal eine rein moraIifcf)c entwirf ein fonntc,
nngead)tct ber Stnöbifbung bie fie ihren etbifd)en @ 9 «
jlemen gegeben h^Oen/ wnt' nwr mit (5rfd)einung
be^ ßhrii^enthuwö eine religioß moraIifd)c SScrebfam«
feit erfdjien. 25iefe ffnft unb h^bt fid), fo wie ber
©taube an eine göttliche Offenbarung fchwächer ober
jlärfer wirb; unb eß Hegt in ber 3iatur ber ©ache,
baß, fo wie bie gcifUichen 9icbner bie Ueberjeuguug
»on ber göttlichen Slutorität ber S3ibel »erlieren, ouch
ihre Serebfamfeit an Äraft unb SBürbe »erliercn inuß.
Oenn man benfe fleh einen Äanjelrebner mit ben fchön«
(len Talenten außgcjlattet, ber aber feine 3?crnunft
nicht unter, fonbern über bie Offenbarung fleltt, unb
ber folglid) bei 23crtimmnng beö SSerhältniffrö worin
ÖJott ju ben gKenfchen fkht, unb worin bie ?!Renfchcn
UHtereinanber flehen folten, fleh auf feine höhere, gött«
Digitized by Google
61
fid)c Slutoritdt Berufen fann. D(l bie 9lid)tung feineS
©etjleö übenriegenb f» »irb er fed) jum
^auptgefd)äft machen, btc ©runbfä^e feinee religio#
fen unb ett)ifd)en ®pjlem6 borjuftellcn, ju erläutern,
unb fo öicl afö möglid) ju bemcifen. 3d) will gar
nid)t einmal erwätjncn, ba0 ein fold)eS Untemel)mcn
gew&bnlid) auf ben ®rab ber S3ilbung in einer ge#
mifd)ten SOerfammlung nid)t berechnet ifl: — »a^
fann fclbfl bann barauS entfleben, »enn ber Subötcr
alle biefc 2lnfid)ten richtig auffaßt? greilid) reobl
n>ijfenfd)aftlid)e SSilbung; aber m'd)t biefe $u befor#
bern, fonbern löcfferung ber ©cjtnnungen unb be6 33er#
baltenö ju bemirfen, war bie 2tbfid)t beö JHebnerß,
unb er muß fTc »erfel)len, ba cö ibm bei bem 23cßre#
ben gewijfc 3ßabr^eiten jn begrnnben, an Seit gc#
brid)t, fic mit ben böd)ßcn praftifd)en 3becn in 3Ser#
binbung ju fc^en. 2)ieö wirb er »iellcid)t am Scblnjfe
öerfud)en; bod) wenn baö ©an^e ber 9iebe nid)t fd)on
in ber 2lbßd)t entwerfen ifl, ßttlid)eö 3ntereffe jir erre#
gen, fo wirb man in ber Slnwenbung öergebtidi baran
arbeiten.
2lud) fd)eint eö mir, baß man öon ben rcligibfen
unb praftifd)en Slnßdjten, bie man auö einem menfd)#
lid)en, fe^’ö eigenen, fet)’ö fremben ©pflerne entlel}nt,
nie eine fo fefle, unerfd)ütterlid)e Ueberiengung haben
Digitized by Google
62
famt, afö »on beiten SB3a^rt)eiten, bte man nadj 2(n#
erfennung einer Offenbarung, auf bie Slutorität ber#
felben annimmt. wirb ba^er in bem ©emütbe um
gläubiger Äanjelrebner, eine gemiffe, »on if^nen felbfl
faum bemerfte Serlegen^eif jurüd bleiben, bie |Td) bei
Oarflellung ber SBaljr^eit halb burc^ einen füllen,
gleidigülHgen fton, halb burcf) ©pamtung unb üer«
jerrten @ifer uerratben wirb; unb fo werben bie »on
ihnen öorgetragenen SEBabrbeiten, fo »ortrejflicb fte
aud) fe^n mögen, nie ben @infl!uß auf ©efübl unb
SBiöen erlangen, ben ihnen ein ruhiger, fraftboHer
5Wacf)brucf »erfdjafft h^^f« würbe.
9Baö aber biefe SSerlegenheit aufö treiben,
unb bie rhetorifd)e Äraft eine« Äanjelrebnerö bei ®ar#
flellung ber SCBahrheit aufö äugerfle f(f)Wöchen muß,
ifl ba^, ftd) ihm gewiß aufbringenbe bunfle ©efuhl,
baß bei einer foldjen Oenfungöart in bem ajerhältniß
worein er [ßd) ju feinem 3uhbrer ßeUt, etwaö Um
rechtliche« fet). Unb iwar nicht be«halb allein, weil
er ben Slbßchten be« ©taat« unb ber Äirche juwiber
hanbelt, bie ihn jum Sßerfünbiger, nidjt eigener, unb
menfchlicher, fonbern göttlicher SKahrheit beßeCt hm
ben ; — ob mir gleich auch bie« ein fehr gegrünbete«
Sebenfen fcheint; — fonbern hauptfächlidj be«halb.
Weil ihn fein 3lmt mit einer SGBürbe unb einem Slnfehn
Digilized by Google
63
umgicbt, bie bei einem jeben, ber feine ?e^re nicht
auf göttliche Siutorität grunbet^ alö unerlaubte 2ln«
maßung erfchcinen muffen, freilich, wenn ein ÜJZenfch
»or anbern ?D?enfchen auftritt um einen ©chulbigen
anjufiagen^ einen Unfchulbigen ju uprtheibigen/ ober
Sorfchlöge jum üBohl beö ©taatö ju thun, fo be«*
barf er ba ju feineö höJ?ctc« Sintriebeö, unb feiner
götriiehen Slutorität. Siber fchwer wirb eö ju begrei«
fen, tt)ie ein ?0ienfch, allein auf eigene Äraft bauenb,
ohne fich atö ben SSoten eineö Roheren anjufehen, fich
unterfangen fömte, feinen STOitmenfehen biefen 9Beg
alö ben beö ^eilö, jenen alö ben beö SSerberbenö, gu
bezeichnen , unb ffe burch bie Sluöjlcht auf bie 0tra#
fen unb bie SBelohnungen einer fünftigen 2ßelt halb
anjutreiben, halb jurücfjuhalten. 9iur höhere 9Beiö#
heit, höhere Xugcnb fönnte ihm ein folcheö 9iecht er«
»erben: unb barf er eö »agen, fich biefe SBoUfom«
menheiten gujufchreiben? 3e höher ber @rab ifl »orin
er fie befi^t, um fo größer, bünft mich, muffe feine
©cheu fepn, fich burch fein öffentliche^ Sluftreten,
wenn auch «wr ffiUfchweigenb, bamit gu briifien. 3luch
fleht er unter feinen Suhörern ^erfonen, bie ihm an
flttlicher unb »iffenfchaftlicher SBilbung gleich, ober
wohl gar überlegen ffnb. S3ei bem ©efühl, baß ein
fräftigeö Ergreifen ber ©emüther hter etwaö Ungie«
Digilized by Google
64
ntciibc« fe^n würbe, bcjlrcbt er ficf) baber feinem
blthim nur immer etwoö JHübrenbe^, Singeneljme^,
SBerbinblicbeß ju fugen, unb wenn er ein ?ujler fd)ii#
bert, fo giebt er ju »erflehen, büß er feinen feiner
3ul)örer in SBerbadjt habe, fonbern gewijfe unbere
meine, bie ffd) außerhalb if)reö Äreife^ befünben. @r
legt e« auf 6 3iühren an, auf bie @r»ecfung unnü^er
©efühle; er fud)t burd) äußere SSorjüge unb burth
gefchmüefte Schreibart ju glänjen*); unb fo wirb
feinen SSorträgen 9iuhen unb Äraft burch feinen Un#
glauben geraubt.
SWaii benfe fich bagegen einen geißlichen SKebner
»on geringerem Xalent, ber aber mit einem reblichen
Ößitten @utc^ ju wirfen, einen unerfchütterlichen ©lau»
ben an bie SEBahrheiten ber chrißKchen Religion »er#
binbet; unb man fel)e, weichen höh<^ctt Schwung feine
SBorträge burch biefen einjigen Umflanb nehmen wer#
ben. 3nbem er bie erhabenßen SEBahrheiten auö ber
heiligen Schrift, worin ße ihm in ber Iicht»ollßen,
populär ßen ©eßalt gegeben ßnb, entlehnt, iß er ju#
gleich burch hie göttliche Slutorität ber S3ibel, oller
weitläuftigen Sntwirfelungen unb SBeweife iiberhobeii,
unb
*) Un clcrc mondaln on irn-Ilgieux, s’il inonic cn d»aii-c, cst
declamateur. La Briiyerc.
Digitized by Google
65
unb fann, ot^ne |Td) bainit iu Befajfen, fdiic bottc
Ä'raft ^ur 95earbei'tung ber @cmütl}er anwcnbcn. 2)ie
öon il)m borgetragenen SDBafjrbetten »erben wm fo ef^er
©tauben ftnben, ba er fclbfl nur fprtdjt, »eil er
glaubt, unb ba feine fefte, innige Ueberjeugung fei«
ncm Xone einen eben fo ruhigen ald falbungöboUcn
3?arf)brucf giebt, bor bem alte Bweifel berfd)»inben
muffen. S3ei aller 2)emutb, bie ihm bie 6d)Ȋche
ber menfchlichen SSernunft fo»o^l afö feine eigenen
bon ihm fclbfl erfannten flttlichen 50?ängel einflö^en
muffen, fiihlt er bod), baß er, of)ne Slnmaßung, ju
feineö @leid)en, ja ju S?cfferen unb SÖeiferen alö er,
belchrenb, (Irafenb unb ermahnenb reben barf, »eil
er nicht in feinem eigenen, fonbem in ©otte^ 3iamen
ju ihnen fpricht, unb »eil er, at^ ein Hbgefanbter
bc6 ^;>öchflen, über 3cben, er fep »er er »olle, er«
haben ifl. IDa atfo bie 2lbfccht ber geifllichen 5)ieb#
ner, burch ©rfenntniß ber 5ß?al)rheit jur 3^ugenb unb
jur ©eeligteit ju fuhren, nur burd) ihren ©lauben
3 u erreichen ifl; ba ohne benfelben bad SSerhdltniß,
»orin fie ju ihren 3«hörern (lehn, nicht einmal eine
moralifche ©ültigfeit hftl^ fo fcheint e^, baß ber ©laube
bei ihnen nicht allein al6 eine religiöfe ©igenfehaft be«
trachtet »erben muffe, fonbern baß man ihn auch al^
eine ßttliche äloUfommenheit anfehn, unb mit ©trenge
5
Digilized by Google
06
öon il)iicn forbcru bürfc. Um fo trauriger ifl btc S3e?
merfung, baß fo SBiele, auö ungegrünbeter J^urcOt
burcf) 3(ufrfeiinung einer gottlidjen Slutorität ju miß«
falten, ihren ©lauben an biefelbc öerheblen, ober ihn
nur mit äußern, nnb ihren SSorträgen
baburd) ^aft, SBürbe, 5iul3cn, nnb folglich auch
(Jnbe ben SSeifall beß ^ublifum^ entiiehn.
^Ben ber hohe 3Bunfch befeelt, mit ber politifchen
IBerebfamfeit ber ©riechen ^u wetteifern, nnb mit Se«
moßhenifcher Äraft »on ber Äanjel herab ju fprechen,
bem mochte ich jurufen: SBBiffenfehaft, Äenntnijfe,
©tpl, aSortrag, baö Sllteg erleichtert I)ir bie 3lu^«
Übung ber S3erebfamfeit, aber e^ macht Dich nicht
jum 9iebner. Demoßheneö warb eö burch bie ©röße
nnb geßigfeit feineg (Sharafterg, nnb biefe ©igenfehaf#
ten ßnb auch ju Deinem 3wecfe unentbehrlich,
aber ße genügen Dir nicht. 33et ber größten hier
erreichbaren SSoßfommenheit, biß Du nicht frei »on
menfehlichen Schwächen, nnb wer giebt Dir bag «Hecht,
Deinen Srnbern, bie nicht fchlechter ßnb alg Du, ^eil
ober SBerbammniß ju oerfünben? Dag wirß Du füh«
len, Du wirß nicht wagen mit Äraft ju ihnen ju
fprechen. Du wirß Dich begnügen müßen ße jn rüh*
reu, ober ihren ©ebanfenoorratb mit neuen Slnßchtcu
jn bereichern; Du wirß »ießeicht eine 3eit lang »oit
Digitized by Google
67
einer- gemifdjten Serfammlung mit SBctfaü gel)&rt mer#
beii; ober ber boucrnbe, emige 9tul)m, b. b. bie beit*
fome, (Id) immer fortmdijenbe 2Birfung 2)eineß ^on#
I •• 0
beiit^, ijl bobui. Du bijl fd)»ad) unb furcbtfom, fo
fange Du auf Dir felbfl beruben »ilf|l; wage^ Dicf)
oB bab Drgan eine^ ^oberen an^ufcbn^ unb Du bifi
»off Äraft unb »oß 9Rutb. Der @Iaube ßcßt Did)
fefl unb ßcber; Dein ?ebren iß nid)t mehr mic ba^
ber ^barifder, Sßortfcbwaß unb unnü^e SBernunftc»
leb; fpbfß wit @cwaft, wie Sefud felbß; benn
er fprad) bie 20orte feinet fBater^^ unb Du f^ricbß
bie fcinigen. (Eigene Dir jebeÄ berfelbcn on, fo wie
biejcnigen wctdje fein ®eiß feineu Sfpoßefn eingab;
aber nimm ße in eben bem ®inn, worin jene ße fptOf
eben. Du gfoubß eb je$t nod) niebt, aber bafb wirb
Deine @rfabruitg Dieb febren^ baß in ben Dogmen
unferer 9iefigion aUc Äraft ber geißlieben SSerebfam#
feit »erborgen liegt. — SDiöebten »iele mieb »erßebn,
unb burd) bie ^rebfamfeit jum Sb^ß^id^um geführt
werben! @inc große @brc fiir jene; unb ein berrlieber
®ewinn für biefeb! Denn foßte ei nicht eben fo febbn
feßn^ bureb bie IBerebfamfeit babin ju gefangen^ af#
auf bem gcwöbnlicben. ^eg bed Unglücfd unb beä
ücibenb?
5*
Digilized by Google
68
3tvoIfte^ i^npittU -
93on 5er 5)I6gli(^fcit wnb 5er 3Birf(id)fett.
1 . )I.
©0 tt)ic man burd) btc l) oberen rbetorifebeft 3bccn,
auf bte 9Ba()r^cit^ b. b. auf bie ©arlleßung »on bcin
SBefen ber Singe geführt wirb, fo erforbem ffc aurfj
bäuftg ben 93cn>ei^ bon ber üftöglicbfieit unb 9Birf#
Iicf)feit einer ©ad)e. Unb fo jeigen fid) außer ber
SBabrbeit, aud) nod) üJZ6gIid)feit unb 9öirflid)fcii afö
untergeorbnete rbetorifebe Sbecn ober Äategorieen. .
SBon ber Sbec ber SKögIid)feit »irb befonberö in
ber beratbfebiagenben ©taat^rebe ©ebtaueb gcmad)t
©0 cinleud)tenb bifr ö«d) ber Sinken ifl, ber aud ber
Siu^fübrung be^ borgefdjfagenen Unternehaienö ent#
flebcn würbe, fo ffnft bem 3ul)örer bo(b bfi ber 9Kutb
bei bem ©ebanfen, wie fd)Wierig ed fe9, unb feine
Zrägbeit öerfcbanjt fld), fo ju fügen, hinter bem (Sin#
Wurf ber Unmöglid)feit., Siefer muß ihm genommen
werben, unb ber Dtetmcr muß auf eine einteudytenbe
SBeife bie Siu^fuhrbarfeit. femeö SSorfcblag^ bartbun.
©0 wie »on ben ^inberniffen, bic; ibm im 5öege ju
fiehn febeinen, eine^ uacb bem onbern toerfebwinbet,
fo gewinnt bie etbifd)e 3bee im 3ubörcr Seben unb
Äraft, unb ßc fängt on, il)ii jum ^onbeln anjutrei#
Digilized by Google
69
bcn. Semofi^encö toürbc alle etl)ifcf)en ÜJiotiöc »er«
gebend »erfdjwcnbet haben, um bie 3(thenienfer jum
2Biberflaitb gegen Philipp ju ermuntern, wenn er
ihnen nid)t au(^ jugleith bie Sludführbarfeit feiner
lßorfd)läge unb bie Wög(id)feü bed @rfolged anfci)au»
lief) gemacht hätte. 9J?an fieht, »eiche ÜWaffe realer
Äenntnijfe bem SWebner nothwenbig ifl, wie er alle
SSerhältniffe bed ©taated burchfehaut, unb alle feine
SRittel berechnet haben muß, um einer folchen Oblie#
genheit ju genügen! ®d gehöret nicht ju meinem ^lan
alle ©egenflänbe onjugeben,' welche bie Sbee ber ÜRög^
lichfeit umfaßt; unb ich begnüge mich, meiner ^aupt«
abficht gemäß, ju bemerfen, baß biefe 3bee, wie wich#
tig unb bebeuteub ße fepn mag, ßch bennoch ber ethi#
fchen 3bee bed ©tantdwohlö untcrorbnet. Denn nur
burch biefe wirb ber 9lebner gur Betrachtung ber ÜWög#
lichfeit einer Sache h«ngeleitet; unb gur Erwerbung
aller bagu crforberlidjen Äcnntniffe, fann er feinen
fchöneren Slntrieb haben, ald bie Soterlanbdliebe, bie
ihn begeißert. ; j •
Slber auch i« firchlichen Berebfamfeit ßnbet
ße ihren Ort. Äennem bed menfeh liehen .^ergend wirb
ed nicht entgangen fepn, wie oft wir unfer ©ewißen,
wenn cd und unfre wrfäumten ^ßiehten Porhält, burch
bie Sntfchulbigung' gut bemhigen fuchen, cd fcp und
Digilized by Google
70
unntögltd) gcwcfcn, ffc ju erj^Ucn. 25a^er genügt eö
md)t, boß ber 9tebncr eine Sltt ber X^ätigfeit, old
jum »ollfommnen etl)iftf)en ^oitbcln gehörenb, an#
greife; er muß ben 5Kcnfd)cn überboupt unb ben ge#
feHfd)aftIld)en 3ufianb genau genug fennen, um in alte
SSerhältniffe ein^ugeljn, unb ju jefgen, wie bötf)(l an#
gemeßen ißnen badjenige fcp, woju er oitfferbert. ®o
werben bte bof)en rcltgiöfen Sbeen aud ihrer Stltgc#
meinheit beröorgcrufcn, unb in.bic bejlimmten gor#
men bed menfcblidjen Sehend wie eingefangen; nid)td
i|l ergreifenber für ben 3«^örer, nidjtd giebt feinen
3been ein regered Sehen, ald bie audgebilbete Oe#
|lalt, worin ße ißm erfdjeinen. 2lber freilid) geßort
non ©eiten bed SÄebnerd ein gewaltiger lEBille boju,
um eben ben ©eiß, ber ßtß bid ju ben böd)ßen ©e#
genßanben ber Setraeßtung emporfeßwang, plö^lid)
bid jum fleinßen Detail bed, meufct)li<l)en Sehend bin#
unter ju jwingen, ohne baß er boburtb on geuer unb
©ponnfraft »ertiere. Dad »ermögen SBcnige, unb
ba ed bequemer iß, fo hält man ed oueß oß für an#
gemeßener, ßcß in geßaltlofen Sbeen umberjubrebn.
Die SBirflicbfeit berrfeßt befonberd in ber gerid)t#
ließen ©attung; bemt wenn ber Studfprucß bed Sieebtd
über eine ^ßnt/ J. S3. über einen Xobtfeßfag, nießt
im mtnbeßen gweifetbaft ,tß, fo iß ed b 0 (ß guweilen
Digitized by Google
71
bie X^ot felbjl, unb i^rc fann bcbaufjtct
ober geläugnet »erben, .^ler öffnet fid) bem 9?ebner
baö »eite g^elb ber l)i(lortfd)cn S3e»eife unb Darflel#
lungen; ein Xbeü ber SÄ^etorif, ber für ben Sluögong
einer ©ac^e entfdjeibenb ifl , unb ben bie Sitten bober
aud) mit fo großer Sorgfalt auögebilbet I)aben. ©o
»id)tig er aber audj feipn mag, fo fd)»ebt bie ethi#
fd)e 3bec beö 9led)tö boeb bariiber; ot)ne fie »ürbe
bie Silage nad) ber 2Birftid)feit einer ©ad)e in ber
IBerebfamfeit gar nid)t entflebn, unb fee muß aud)
alö baö le^te 3iet l)i|lofifd)en SarflcUung immer
im Stuge bebaltcn »erben. Xeöbalb fann man auö
bem 5ßorberrfd)en bcö jjiflorifd)en in biefer ©attung,
and) feinen @in»urf gegen baö »on unö aufgefleltte
ett)ifd)e ^rincip ber S5erebfamfeit bcntef)men ; beim bie
«Rebe »or @erid)t bleibt ein moralifd)eö A^anbeln nad)
ber Söee 9ied)tö, ob biefe gteid) auf bie Darflel#
lung ber 2ßirflid)feit füf)rt.
ginbet man biefe untergeorbnete 3bee in ber ^)o*
litifd)en SSerebfamfeit, fo »irb fte aud) in ber geifl#
lid)en angetroffen, ©ie ^angt barin fef)r genau mit
ber 9Bal)rl)eit jufammen, burd) »elcfte man aud) ge*
»öt)ntid) auf fte gefüf)rt »irb. 25aö ifl namlid) baö
@igentf)ümtid)e beö ßbriflent^umö, baß eö bie Söabr*
beit nid)t burd) Iicmonfhration, fonbern burd) gatta
' Google
72
bewcifet; wie j. S3. bic ?icbc ©otted, burd) bic 3(uf«
epferung fciiieö ©cl)iicö; bie Un|lerblid)feit, bittet) bie
Sluferflcl)uitg (5bri|li. 9Birb mm au bicfcii X^atfacf)cn
gcjweifctt, fo inüffen jlc burct) ein bijlorifct)cd
oerbör otö wirf(ict) erwiefen werben. Dergteict)en 2)ar«
flettungen l)abcn ba6 größte Sntereffc, weil bie ba<
burct) begriinbete S(Bat)rl)cit in fo. genauer SBerbinbung
mit ben t)öct)|lcn praftifet)en 3been, mit ^flict)t, ©tiief
unb Xugenb jlel)t. Slußerbem gel)ören gu biefer Ma*
tegorie biejenigen ©teilen, fep’^ ber politifeben, fep’d
ber geifllicben Sieben, worin bie ®efct)afcnl)cit einer
^erfon ober einer ©act)e gcfct)ilbert wirb, um baranf
eine ber Sbeen anguwenben.
töon bem Entwurf unb bce Sintbctlnng
ber Siebe.
Sureb 2tuf(leltung ber rbetorifeben 3been unb Äa#
tegorieen, haben wir ba^ ©ebiet ber S3ercbfamfeit, fo
gu fagen, auögemejfen, unb ben ©tof aufgefunben,
ben ßc bearbeitet. 3nbcm wir mm bie erße SOBirf^
famfeit biefer 3been betrachten, werben wir auch bie
gorm, wogu ßcb ber rbftorifct)e ©toff geßattet;. in
Digitized by Google
73
ibrcii crjlcn, aUgcmcinflen ©runbjügcn fmncit lernen,
©ieö i|l bic Sel)re »on bem Snttmirf unb ber (SintbeÜung
ber 9lebe, worüber gewöl)nlt(f) fel)r gute unb rid)tige,
aber gr6ßtentl)ctld nur fogifd)e Dlegctn gegeben wer#
ben, bie baljer auef) nur bte gönn betreffen, unb
barin jwar baö @ute Uon bem ©d)(ed)ten unterfdjei#
ben leljren, ben 9ßcg aber niefjt jeigen förnien, auf
wefrf)em man 3cneÄ finben unb Siefeö üermeiben fann.
ÜBtr wünfdjten hier beibe^ ju vereinigen, unb biefe
SRateric metjt nur auf eine formale, fonbern auef) auf
eine reale Sßeife ju erörtern. 25ie^ muß un^ gefin#
gen, ba wir bie Söerebfamfeit afii ein SSerfabren nad)
3been begreifen, in benen fowol)! ber ©toff, afö bie
gorm beö ^»ervorjubringenben enti)alten ijl, ba wir
foigfief) beibed nie Von einanber trennen, unb ba#
l)er aud) bei biefer ?el)re nid)t nur wie eingcti)eift,
fonbern aud) waö einget^eilt werben folf, beflimmen
fbnnen.
2Bir benfen uni affo einen 9Rann, ber bai Ser#
mögen bejl^t, eti)ifd)c 3bcen in großer Äraft unb
Sebenbigfeit ju erjeugen, unb ber von bem 2öunfd)e
befeert wirb, biefe 3becn in ber 3Birf(id)feit barju#
I
(letten, ober vie(me()r bie Sffiirflid)feit nad) biefeu 3been
ttmjufd)affen. @r fann ßd) ba^u feinei anbem ?Kit#
teli bebienen, ali feiner 3bcen feibfl, unb i^rei 2(ui#
Digitized by Google
bntcfö burd) bie 0prad)c; uitb er weiß, fein Unter#
nel)tnen wirb nur bann gefingen, tnenn er nid)t etwa
ben l*eibenfd)aften be^ 3ul)orerd hnibigt, fonbern (Td)
bell Sbeen beffelben — bem ööd)|len unb 3?c|ten in
ilnn — unterwirft. @r benft ffd) oifo feinen 3nl)ö#
rer, unb jwar jnerft nur mit ben bloßen ©runbjügcn
feiner ett)ifd)en Statur, unb mit jenen g^orberungot,
bic jeber ÜKenfe^ an fid) felbjl madjt, feine ^)>tlid)t
iu erfiitten, ftd) jur Xugenb ju bitben, fein ©fiicf ju
grünben. @r benft ffc^, wenn er ju ÜKitgliebern beö
©taateö ober ber Äird)e fprid)t, biefe ^been in ber
uerfdjiebencn ©efiaft, bie ihnen ein jebeö biefer Ser#
häftnijfe giebt. 3eber ©taatöbürger wiU, nod> ber
Sorau^fe^ung be^ potitifd)en Siebner^, Dted)t unb @e#
redjtigfeit gebanbl)abt wiffen, baö ®emeinwol)I befbr#
bern, unb fid) Serbienfi erwerben; jeber ßbrifl will,
nad) ber Sorauöfe^ung beö fird)lid)en Siebnerö, ba^
@efe^ ©otteö erfüllen, fid) jur 3lcl)nlid)feit mit ibm
erbeben, unb ber ewigen ©eligfeit fäl)ig werben. Daß
biefe Sbeen in jebem 3wborer bcrrfd)enb finb, fejst
ber SKebner »orauÄ; unb feilte er ßd) irren, follte
wirflid) feine berfelben in feiner ber angegebenen @e#
ßalten in bemfelben erifh'ren — waö nad) unferer
Behauptung unmöglid) iß — fo wäre bieö juüerßd)t#
lid)e Sornuöfeöen baö beße ÜÄittel, ße ju erzeugen;
Digitized by Google
benn wie man bcn 9Kcnfcf)cn beffer bcbanbclt, wirb
er bejTcr.
^at jTd) ber SKcbncr fofcbergcjlait bcn Snbörer »er#
gegenwärtigt, fo wirb er ei jwcdfmäßigcr finben, eaU
Weber feine Sbec nur auf (Sine, fe^’^ ber l)öbercn,
fe^’ö ber untergeorbneten 3t>ecn ju bejiel^en; ober fic
mit mel)rercn berfclben in SSerbinbung ju fe$en. 25ic
ateben, bie auf bic crjlc Üßeifc gebiibet werben, mochte
id) einfadje nennen; biejenigen bie auf bic jweite Etrt
cntilcl)en, jufammeugcfc^te. 3n ben einfachen berrfd)t
@iücf, Xugenb, a^ftiebt, ober unter Leitung bcrfelben
SBabrbeit, 5Rbgiicf)feit, 9ßirffid)feit atteiit. 3u ben
jufammengefe^ten Dieben gebt j. S3. DÖabrbcit »oran,
unb e^ folgt Xugenb unb ®iücf; ober weicbed bic
£)rbnung fcpn mag, bic ber 3bee unb ben Serbält«
niffen angemeffen befunben wirb.
Unb nun fängt ber Dlebner ganj einfach unb na#
türlicb bamit an, baß er feine DIbfiebt im SlUgcmeincn
angiebt, unb »on bcn 3bcen ober Äategoriecn, fep’ö
@ine, fc 9 ’ö mebrere, bejeiebnet, worouf er fic bejie#
bcn Witt: bie^, unb nichts anberc^, ifl ba« Srorbium.
©ein ßbflwftcr ijl Ätarbeit unb Offenbeit: man fun#
bigt bem 3ubbrer bcn Äampf an unb fagt ibm, auf
weicbem ^lytft man ihn angreifen wotte; unb man
fann cd, ba man mit ebriieben SßJaffen ffebt, unb
Digitized by Googic
76
ba bcr 2Jortl)eir immer auf ber ©eite beö S3ejtcg*
ten ift.
2)a bei ben SHten ber @egen|lanb, worüber eia
Diebner fpredjen wollte, gewötjntid) fd)on bem
rer belannt war, fo muffen bie Srorbieit, in fo fern
fic eine Slnfünbigung beffelben enthielten, natürlich
fchr furj fepn; unb wenn ffe eine gröfere SluÄbeh«
nung befamen, fo gefcf)ah nur, weil ber 0ficbner
fid) unter ben obwaltenben Umflänben »ortheilhaft
barjlellen, ober gewiffc aSorurtf)eilc, feine ^erfon bc#
trefenb, bie ihm bai ©elingen erfchweren fonnten,
hinwegräumen wollte. 25iefen SBortheil, ber in ber
‘ S3cfanntfd)aft mit bem ©egenftanbe unb in einer äufe<
reu aSeranlaflfung liegt, gewähren bem geijtlichen SKeb#
ncr bie chrifllichen gcfltage, unb auch, wenigftenö
jum Xheil, ber biblifche ^ert. Senn biefer, wenn
er anberö richtig gewählt ift, enthält fchon bie befon#
bere 3bee beö SKebnerö, weldje mit geringer erflä«
renber ^tachhülfe beutlid) barauö heroorfpringt. Sluch
ifl fic barin fchon oft mit ben Umftänben unb SSer*
hältniffen »erwebt, worauf ffe bamafö angewenbet
würbe, unb man braucht ffd) biefe nur ju »ergegen#
wärtigen, um in ben ie^igen 3«ten bie gleichen ober
ähnlichen ju entbeefen, auf welche ffe ihren ©influf
äufern foH. Sa alfo ber Xert nicht nur bie 3bec,
Digitized by Google
foiibcm aud) fd)on bic Umgebungen^ in beneit fee ffd)
entfaiten foIT, anjeigt, fo fann ein fo bebeutenber Bor«
tbeil bie ©rorbien fe^r . ab für jen, jumol ba fie ber
geiftficbe Slebncr nicht burd) bie Berfidjerung, ba§
feine Slbffcf)ten rein finb, wie ber politifche, ju fütten
braucht. 25enn erblich fpricht bafür am beflen ber
ganje ©inn unb 3wfawmenhang feiner ^rebigt, unb
noch f««p^ ?ebenö; unb jmeitenb, ba er immer
afö ber ©efanbte eineb .ijtöberen, unb nie in feinem
eigenen Barnen auftritt, fo gejiemt e^ ihm auch
für fich ängfilid) beforgt ju fepn. 5ßag ba^ @ror«
bium fo oft »ertängert, i(l bie 2)arfiettung ber SBahr«
heit, ober 30Birf(id)feit, momit mau fich, in ber 2ib«
ficht JU intereffiren, ohne auf bic gorberungen ber fftt«
liehen Batur be6 5Benfd)en ju achten, an feine 9ßig«
begierbe meiibet. 3ch fann biefe ÜRethobe nicht bil«
figen, unb giaube, baß fie nur in feftenen gatten
befolgt »erben barf. Srftlich »irb baburd) auf bie
bioße Borbereitung jur 3bec, eine 3cü nermenbet,
bie man bejfer ju ihrer (5nt»icfelung benu^en fönnte.
3»eitenö liegen bie Borfiettungen, »oburd) man baf’
flbema »orbereiten »itt, bem ©emüthe oft eben fo
fern, ali baö Xhema felb|l, fo baß man eben fo gut
biefeö gebrauchen f bunte, um jene herhei ju führen.
Srittenb enblid), ba bie SßJißbegierbe bem ßttüchen
78
3iUcreiTc untcrgcorbiict tjl, ofcer fcpn foU, fo geivtnnt
ber Dicbncr bic 3ubörer ja am (tc^erjlen für feine
3bce, wenn er ffc fogleicf) mit einer ber höheren ^jraf#
tifd)cn Jhcftt in SJerhinbung bringt, mcid)e^ ohne
lange Umfehweife gefd)ebcn fann.
ü)ian fonn am @nbe beö @ingangö bie jmei, ober
brei Xhcüe ahfünbigen, weiche bic eigentliche @nt«
roiefeiung enthalten; benn warum foUte man nicht fo«
wohi biefe, al^ jebc anberc ®elegenheit forgfältig be«
nu$cn, um ber Slufmcrffamfeit bcö 3uhbrerö ju ^iilfc
}u fornmen, nnb um ihm bie ^uffaffung beö @anjen
gu erleichtern? 5Benn er feine Slufmerffamfeit gu
fchr anfirengcrt muß, fo läßt fic entweber gang nach,
ober eÄ gefchicht bie SEBirfung allein auf baÄ Srfennt«
nißbermögen nnb nicht auf ben SBillen, welche^ eben
fo fchlimm ijl, alö wenn gar feine erfolgte.
5Benn wir in ben Dieben ber Sitten biefc Sitte
nicht beobachtet, nnb feine Slnfünbigung beö ^anö
nnb ber (^inthcilnng ßnben, fo fonntc bieö au6 gwei
Urfachen henrühren. Srfllich, war ihnen burch bie
SSeranlaffung, bei welcher ße fprachen, weit mehr aW
bieö beim geißtichen Diebner ber gaU iß, ber @ang
borgcfchricbcn, gu bem ßc ßch beguemen mußten, unb
ba biefer, gumal bei bem Diebncr bor ©ericht, faß
immer berfelbc war, fo fchien e^ unnöthig, ih« an*
Digitized by Google
79
jufünbigeji. unb bteö fdjeint mir bie ^aupt#
urfad)c ju fe^n, l^ättc ein fcfdjeö gejlflcUcn bcö ^lanb,
t)on einem ©tubium unb einer Söorbereitung gejcugt^
bereu @(i)ein (te ebeh fo forgfam öennieben, afö (te
ben beö @rtemporiren6 ju erhalten fud)ten; benn flc
hatten ed mit einem argn>6hnifct)en ^blicum ju thnn,
baö eine fetdje Sorhereitnng nur ber 3(6|Td)t ju täu#
fdyen jugefdjrieben hatte. Slnberö aber i(l ei bei bem
geijllidjen SÄebner, ber feinen reblicf) angemenbeten
gfeiß immerhin burd)blicfen laflcn mag, weit babnrch
beim Suhbrer nichts anbere^ entliehen fann, afö bie
(Srroartung einer um fo grünblichern SSelehrung. Äat
jebod) ber gei(ltid)c Slebner feine ©rünbc, ben ^lan,
ben er fid) entworfen hat/ ju »erfchweigen, fo fann
er fid) biefcr ^eiheit bebienen; benn ed ijl jwar noth#
twnbig, ba^ man banad) flrebe feine ©ebanfen auf
ba^ fid)t»ollile unb bejle ju orbnen; nicht aber ba^
man jutoer anjeige, wie man fle georbnet hat.
2»och welcheö i|l baß ^rincip biefer ©intheilung?
Um mit ber einfachen Diebe anjnfangen, fo enthaft
biefc fo ttief .^auptthcife afß eß ipauptöorftelfnngen
giebt, woburch bie Sfbflcht beß Diebnerß mit einer,
fep’ß ber \!fe^eten, fep’ß ber untergeorbneten Obren »er<
bunben wirb. 3n ber Dieinharbfchen ^rebigt, j.
bag bie würbige §eier beß heif. Slbenbmahfß
Digitized by Google
80
eine Quelle ber ebelflen greuben Upf »trbbie
3(b(td)t bcö SWebner^ etnjig «nb allein auf bie GJlücW#
ibcc bezogen unb mit ihr bnrd) folgenbe SSorftellnngcn
mbunben: 2>ie mürbige geier beö l^eiligen Slbenb«
mabl^ gemährt mi^ ben Slnblirf unfereö ?0?ittlerß in
feiner riil)rcnbflen @roge; jle ermeeft unö jum SBe#
mußtfft)« mürbigflen S3erufö; fie giebt unö ba^
®efiU)l ber el)renöoltflen ©cmeinfcljaft; fle belebt unö
ju ben feligften Hoffnungen. 3fl Pflicht bie einjige
herrfthenbe 5bee, fo jcrfällt bie Siebe in fo biel
theile afö ber Stebner SBorftellungen anmenbet, um
ojifchaulirf) 3 u machen, baß bie bon it)m empfohlne
©efinnung ober Honblungömeife, ^fUcht fep. 3ß ^tu#
genb bie h^rrfchenbe 3bee, fo fann bie Siebe nad) ben
berfd)icbenen Xriebfebern ju einer befonberen Xugenb,
ober nad) ben berfd)iebenen ÜJJerfmalen, moburd) (le
mit ber allgemeinen Xugenbibee berfchmiljt, eingetl)eilt
merben.
2lber bie einfache Siebe fann and) nad) einer ber
untergeorbneten 3been, Sßahrheit, ?Di6glid)feit, 9Birf#
lid)feit conflrnirt fepn, fobalb nur ber Sufammenhang
berfelben mit ben böchflen 3been gleich Slnfangö ein#
lend)tenb unb bejlimmt feflgejlcllt morben. flehen
j. 33. bie falfchen Sorflellungen, meld)e fleh ßhriften •
bon ber göttlichen SSorfehung, ober bon ber SOBirffam#
feit
Digilized by Google
81
feit beÄ @ef»eW mo(ljcn,'i^rer religiöfen unb mororü
fd)en (Jntroirfelung im ffiege; »on biefem ©efidjtÄ#
tjunfte au^ fann eine SSelebrung über SBorfebung unb
über bie SEBirffamfeit be^ @cbctö nad) ber 3bee ©abr#
beit, ber einzige @egen(lanb ber 3tebe fe^n.
barf eine fofdje S5elebrung nid)t in eine »oUflänbige
Slbbanblung auöarten, fonbern man mug nur ba^ie#
nige anfübren, »a^ in praftifd)er 9tücf|Td)t befonberd
»icbtig ijl, wai einer SBBiberlegung, ober S3ericbtü
gung bebarf.
3luf bie 3bee ber ÜWbglicbfcit fann in einer polU
tifrfien 9lebe alle« bejogen »erben, um }u jeigen, baß
ein getbaner SSorfd)lag, ber ba« ©taot«»obl äuge»
ftbeinlicb beförbert, aud) ausführbar fe^. @ben fo
in ber geifilidjen, um bie @ntfd)ulbigungen ju ent«
frdften, bie für einen gebier au« ber Unmöglicbfeit
ibn JU »ermeiben, unb für bie Unterlajfung einer Xw
genb, au« ber Unmöglicbfeit fie auSjuüben, berge«
nommen ftnb. Statürlicb muß man aud) birr nur bie
(Sinwenbungen bejlreiten, weld)e ber 3«b®rer »irffid)
mad)t, ober bod) leicbtlicb madjen fann. 2)ie ©rünbe
bagegen fonbern ßd) fobanii in gewiße ^auptmoßen
ab , »elcbe bie Xbeile ber Siebe bilben.
@ben fo fann aud) bie 3bce ber 9Birflid)feit, auf
eine ber bb^jrren bejogen, in ber Siebe berrfeben, wie
6
Digitized by Google
82
l»a^ gewöbnltd) öor ©cridjt bcr galt tjl. feicr »er#
ben bie öerfdjiebencn Sewetfc, baß eine ©act)e ge#
fdjeben ober nicht gefcheben in mehrere Itiaffen
gerf allen, unb bieö finb bie Xbeile ber 9lebe. Doch
barnber belehren und bie alten Sth^toren mit einer
^udführlichfeit, bie nid)td gn »ünfehen übrig laßt.
3luch in ber geißlidjen Siebe fann bie 5Öirflid)feit
allein hwrf<henl>c Sbfc ffb«/ erßlid), wenn ber Sieb#
ner ein angcfochtened factum, bad gur h«ligen ®t*
fchichte gehört, beweifen, unb gmeitend, »enn er non
einer bebeutenben ^erfon ober Xhatfadje eine an ^»ra!#
tifäjer ^nwenbung fruchtbare ©chilberung entwerfen
will. 3m erjlcn gall wirb er ein foldjed gactum
nicht gegen ben Unglauben im Allgemeinen, fonbem
nur gegen bie 3wfifel fcinpi^ Sfitgenoffen »ertbeibi#
gen; er »irt baher nicht bie @in»ürfe »origer 3abr#
hunberte, fonbem nur bie ihrigen »or Augen habm;
er wirb nach biefem Sliaßßabe, aud ber SKaffe ber
Seweife bie ihm gu ©ebote ßeben, eine Audwahl tref#
fen, unb biefe fonbem ßch ihrw inneren SSefchaffen#
heit nach, leicht in gewiffe klaffen unb Abtheitungen.
3m gweiten h^^t ber Slebner biejem'gen @igen#
fchaften unb ÜÄerfmale einer ^erfon ober einer ©oche
heraud, bie ber praftifchen Abßcht-, welche bie gonge
©arüellung leitet, am ongemeßenßen finb. @o i|l
Digitized by Google
83
bic rtUfi’ii berrfrfjcnbc 3bce in SÄeinharbÄ
^rebigt: ?EBif ber Urfprung bcr ©emeine 3cfu
6efd)affen,»ar; «nb er bejeicfjnct biefen Urfprung
ai^ritn feinen Quellen rein^ in feinen Umfidnben tvun>
bcrbar> in feiner Sibjmccfung ebel, in feinen folgen
tvoi)itt^ätig.
@ine befonbere ÜRanier, nid)t fowot)l in ber @in#
tljeUung fcibfl, oK,in,bcr 3Irt ffe anjnfiinbigen^ fin«
bet man bei ben franjoffftben SÄcbrtcm, infonberbeit
bei SDiafjitton. 9Bo ei ndmlid) ibr ^jauptgefebäft i(i,
bie irrigen SSorfleltnngen ber 3ub®rfr bejlreiten —
nnb bie^ fonn /ebejber berrfebenben 3bccn mit ficb
bringen, ob e^ gfetcb bei- ben brei böb^ff” feftener
ber galt ifl, atö bei ben untergeorbneten — in einem
fo[(ben SSerbd(tniffe,,fagc id), t>flcgcn ffe nicht biejeni#
gen richtigen aSorfleöungen anjufünbigen, bie fie ent#
»icfelrt, fonbem bie, irrigen,' bie fte beftreiten »oUcn.
9Ran (lebt, baß freilich beibed auf @in^ binauöläufr;
beoii bie 2(nn>enbmtg biefer ÖRanier fe^t borauö, baß
man ficht 'Swtbämcri nnb ©rünbe bagegen in gleiche
unb einonber entfpreebenbe ü)2affen getbeift habe, unb
ba macht cÄ benn freilich feinen Untcrfchieb, mclcbe
bon beiben man'anfnnbigt. 3nbe(fen bfeibt hoch im#
mer ctmaÄ.SJäßficheö in biefem Serfabren, weil ei
nämlich leidster' ijl, SGBobrbeiten, öon benen man felbfl
6 ♦
Digitized by Google
84
ttberjcugt ijl, in einen gewiffen Bttfantmenbang gu
bringen, afö unter ber 9Renge Verbreitete Srrtbümer
unb »mb bat man ficb biefe nicht fo gcorb«
net, bajS ber §aben einer voQfldnbigen @ntn>i(felnng
ber 5Babrl)eit barau beninterfanfeu fann, fo wirb
man (Te nie mit Erfolg beflreitcn. Bcrfhicfefte,
Slbgebrodjene unb (Senierte, bad man bdufig in 0Waf*
flKon^ ^rebigten bemerft, ifl »ieöeicht biefem SBerfab#
ren, baÄ bei ibm'faft gur ©emobnbeit geworben war,
gugufchretben; baber mag ei nur ber geübte, gemanbte
9tebner, unb felbfl biefer nur in wenigen Jütten an«
wenben. 3(m fldjerflen ift ei immer, feine eigene
Uebergeugung , obgfeicb mit iHncfflcbt auf bie berr«
fcbenben Brrtbümer, gleich Slnfaiig^ bingujtellen, unb
biefc nur ba gu beftreiten, wo 'fie ffch in @ntwicfe«
lung ber eigenen ©ebanfen Von fcftfi barbieten.
5;täuftger aber a(^ bie einfachen Sieben, beren @in«
tbeiiung un^ befchäftigt bat, ffnb bie gufammengefeh=^
ten, wo mehrere 3been in gleicher ^Sürbe neben ein«
anber geftellt werben. Sluch fällt- ed Ün bie 3lugen,
baß (Te viel nachbrucflidjer jlnb afö jene, unb jeeberer
gum Biele füb»^en. 25enn bält ber Siebner feine 3bee
mit benen bei Snhöreri nur »on einer ©eite gufam«
men, fo fann ber tßerfuch, ihm bie 3bcntität berfel«
ben gu geigen, vielleicht mißlingen. Um ihn gang gu
Digitized by Googl(
85
gctotmtm^ muß man tt)n m>n mehreren fünften aui,
flct^ ju bcmfelben fuhren; hie Shrc beÄ SÄebner^
mu^ fid) fo lange^ menn id) fo fagen barf^ um bie
3bee beö 3uhörer^ »inben, bi6 |Ie ganj mit
i^r jufammengefiojfen ift. SSon ben jufammengefe^i^
ten Sieben nun »erjlebt e^ ffd) oon feihfl, baf jlc fo
öiet Xheife haben afö hfffftheahe 3been; »on biefen
Xheiien fann aber mieberum ein jeber afö eine ein»
fad)e Siebe angefehen, unb nad) benfelben ®runb«
fä$en getheüt »»erben, >»oburd) benn ba^, »»aö in ber
einfachen Siebe einen Jpaupttheil abgegeben hätte, in
ber jufammengefe^ten eine UnterabtheÜung wirb. ®inc
gewöbniiehe SÄethobe ijl mit ber Sßabrheit ober
SBirfiiehfeit anjufangen, um über ben ®egenflanb,
motion man fpred)en will, ba^ gehörige ?id)t ju »er«
breiten, unb aföbann jur Srwerfung eine^ höheren
3ntereffe, bie Xugcnb«,,@iücfö« ober ^flichtibee fol«
gen ju lajfen. Die« i|l bie fajl ju häufig »orfom«
menbe @inthei(ung, wo man rebet erfUid» bem
SBefen, unb jweiten« »on ben 9Birfungen. ffienn
aber Wahrheit unb 2Birffid)feit nicht »on einem fehr
geübten ÜWcifler behanbelt werben, befommt ihre Dar#
fteltung oft etwa« ^a(te« unb 0d)tehpenbe«, unb ber
3uhörer bleibt gleichgültig für einen ©egenfianb, »on
bem man ihm jwar richtige begriffe beibringt, beffen
Digitized by Googic
86
öejiel^ttng auf bie l) 6 bnren ^orbemugfu feiw« {\tttU
&jtn 92atur man tt)m aber m'd)t anfd)aund) ' mad)t.
Qiex man (ä@t fiel) verteiten, met( man felbfl ^älte
unb Xroefenbett fühlt, bic Ijbbercn 3(ntrtebe, bic erjl
fpäter erfdjeinen foUten, fcf)on in biefe @ntn>irfeiung
ju öcrweben; unb bat fo bic fclbfl gejietften ©renjen
überfd)ritten, unb ffeb ben Snljalt ber foigenben Slb?
tbeiiungen, bie man nun nid)t mehr ju fuUen weiß,
»orweggenommen. Slnllatt baber 9Birf#
liebfeit in gleichen Slang mit ben bübtten etbifeben
3 been gu (teilen, möchte eö oft jioecfmäfiger fet>n, (te
biefen unterjuorbnen; ©lücf, S>(licbt ober Xugenb ju
^oupttbeilen 3 U machen, unb bie ^arftellung ber
SBabrbeit unb 9Birf liebfeit nur ba ein juf (halten, wo
fleh in ®ntwicfelung jener böb^c»* Sbeen baö SSeburf«
niß berfelben (tcbtbarlicb jeigt. Einige ©egenftänbe
giebt eö aber auch, in welchen bie Sbee ber SEBabr#
beit ober üBirfliebfeit ein fo entfehiebeneö Uebergewicht
bat, baß man (Te burebauö jur bfnrfcbenben machen,
unb waö man üt S3ejiebung auf ©litcf, Xugenb unb
. Pflicht JU fagen bat, in bie einjelnen @ntwicfelungen
beb 9Babren ober 5ffiirflicben »erweben muß.
- 3 n gar mannigfaltiger golge unb Slbwechfelung
werben auf biefe SBeife bie feebö rbetorifchen 3 been
- nebeneinanber geflellt. Sie ©egenwirfung; bie ber
Digiiized by Google
87
aiebncr »om 3«l>örcr erwartet, bejliimnt il)n baU>
mit biefer, bolb mit jener anjufangen, unb bie an*
beren fo, ober fo, barauf folgen ju laffen, unb bcö#
balb fann über einen foldjen ^lan feine allgemeine
Siegel fe(lge|icUt werben, weil bie jebeömaligen Um#
(tdnbe unb SBerbdltniffc einen fo großen (Sinfluß bar#
auf haben; ei ißt ein Sntfdjluß, welchen bie etl)ifd)c
^raft nad) SJiaßgabe ber äSeranlaffungen faßt, bie
fle baju aufforbern. SJur wie ba^ SSeifpiel ber i^el#
ben jur Xugcnb, fo fann bie Sbeenfolge großer Dieb#
ner ju einem gleich etnßchWöoHen, frdftigen IBerfah#
ren ermuntern. DemoflheueÄ j. S5. in ber erflen Diebe
gegen ben 3bee ber SWöglich#
feit on, er jeigt, wie fleh bei ferneren Untemehmun#
gen ein glücflicher @rfolg erwarten la|fe, unb wie er
fortfehreitet, fchujinben bie 3»pifd f««er 3«^öter^
ihre 93rufl erweitert ßch, unb füllt ßch mit Hoffnung
unb 9Ruth. Slber ber Diebner bleibt nicht bei ölige#
meinen ^Betrachtungen (lehn; er geht in baö (Sinjelne
unb legt bem SSolfe einen umfldnblichen ^lan alleg
beflen »or, wai ju thun fep. @o i(l ber ffierjlanb
befriebigt, fo ßnb bie ©emüther gehoben, unb ofen
für bie höhnen Sbeen öon ©taaröwohl, »on bürger#
lichem SBerbienff, woburch ße nun fortgeriffen wer#
ben. Äeine golge »on 3been iß aber »on fo unwi#
Digitized by Google
88
bcrilcl)lid)er Äraft, afö bie in ber SÄebc für b«t Äte<
ffpbon, »0 juerfl nod) ber 3bec ber SDiögltdjfeit ge«
jeigt wirb; ber Dtcbner babr brn 2(u^gang ber ®a<
cf)en bet @bneronea, burd^au^ ntdjt borau^feben föttf
nen, unb wo er barauf bte 3bec ber 3!ugenb unb ber
^flicbt fo überrafd)enb folgen läßt, inbem er beljau^#
tet: hätte er oud) aße^ »orau^gefe^en, er l)ätte bod)
nid)t anberö rat!)en bürfen. SWit biefem bewunbern^#
würbtgen ^ortfd)ritt i)at bte befannte (Sintt^eifung ber
Mebe ßtcero'ö für ben 5Äilo, nad> ben Sbcen 9ßtrf#
Iid)feit unb 5Äed)t einige 2le^nltd)feit.
2luf eine böd)|l feltene ffieife ifl in be^ Demoflbe«
ne^ SÄebe über bie 2(ngeregeni)eiten int S^erfoneö, bie
3bee beö öjfentlid)en SSort^eifö, mit ber beg !Red)W
nid)t infammengefleUt, fonbem oerfIod)ten. Denn in«
bem er nad) ber erflen jeigt, baß man bie Itrmee,
bie Diopettl)eö in jenem ?anbc fommanbirt, nid)t müffe
ou^einonbergel)en lojfen, entfebufbigt er jugleid) nodj
ber jweiten ben ©eneral wegen ber ©ewatttbätigfei#
ten bie man i^m ©djulb gab: ein SBerfabren, woju
»ermutblid) bie Umßänbc ibn nbtl)igten, unb bag er
mit außerorbentlicber ©icberbeit burdjfübrt, ba^ icb
aber feinem jur 9Jacbabmung emßfeblen mötbte, weif
»on ben fo oerflocbtenen Sbecn gewöbniitb bie eine
ber anberen Elbbrud) tbun würbe.
Digitized by Googic
89
9$ier)ei^ttted ^apiteh
(Jrfle ©runbjiigf jur 06 iije be^ SRebner^.
i(l für bie ffiiffcnfcfjaft ber 9RoraI brrnerft
worben, baß eg brei ©eiten giebt »on welchen fie
aufgefagt werben fann, unb boß nur bie SBerbinbung
biefer öerfd)iebcnen S(nfld)ten, eine »otlfommene ^Jl)i#
Iofop^ifd)e Darflellung berfelben mögtid) mad)e. 5Kan
fann nöntlic^ bie ?D?oraI juerft betrachten ali bie 3Jufü
jählung otfer, öon einem höthPe« @«fr$ abgeleiteter
©ebote, bie ben SBitten lenfcn foUen, unb ber ^fficfj#
ten bie fie bcmfelben aufertegen. entilebt
bie grage, nach ber Sefchaffcnheit beg ©ubfectg, bag
jur Erfüllung aller biefer Pflichten geneigt unb tneh#
tig fe^n würbe; unb nach bt>fer Züchtung hin aüi*
gearbeitet, wirb bie SÖloral eine 2)ar(lellung ber ibea#
lifchen Xugenb, ober beg ibealifchen Xugenbhaften,
©ritteng wenbet ftch auch bie iöetrachtung auf bag
^robuct, wclcheg ber öollfommen ©ugcnbbflfte burch
Erfüllung aller feiner Pflichten betuorbringt, unb bie#
feg wirb nun bag ^auptaugenmerf unter bem tarnen,
©lücf, ©lücffcligfeit, höchfleg @ut. Slnflatt nun aber
biefe brei »erfchiebenen ©efichtgpunfte ju berbinben,
heben bie SRoralifien gewöhnlich nur ©inen berfelben
Digilized by Google
90
in it^ren Uarfleßungen l)crauÄ, bic beßbolb einfettig
unb unbefriebigmb bleiben müffeiu 2)enn fe$t nid)t
bie ©umme aller jerfireuten ^jlt(f)ten ein banbelnbeö
©ubject »orauö, worin fie jtd) concentriren, unb jur
Xbätigfeit gelangen fönnen; unb ßebt man biefe^
©ubjeet banbeln^ wa^ i|l nafurlict)er ald bie grage
^ nad) bem ^robuct feiner 2!bätigfeit? — 2>iefe be#
{annten S5emerfungen wieberbolen wir, erfilid), um
burd) bie 9?ebeneinanber(leDung ber brei uerfd)iebenen
©eflalten ber fUloralfpfieme, mit ben brei böd)fi«n
uon und angegebenen rbetorifd)en 3been, bie 3lnnabme
biefer legieren ju rechtfertigen; gweitend aber, weil
ftd) aud biefen @runbfä$en aud) Flegeln für bie S3e<
banblung ber Sibetorif ergeben. SBenn biefe nämlich,
wie wir behou^)ten, nur eine weitere Sludführung ber
SKoral ijl, fo würbe in ihr, wie in jener, bie Ser#
einjelung ber ©efldjtdpunfte ein fehler feijn, unb bie
3ufammenfaffung berfelben erforbert werben. 3Bir ha*
ben bidher biefen Xheil ber ÜJloral, ben mon SÄbeto#
rif nennt, nach bem ©eflchtdpunfte ber Pflicht bear«
beitet. Senn wir fingen an mit Sluffleßung eined ®tf
fe^ed, bejfen Slnwenbung wir gegeigt, unb aud bem
wir fd)on mehrere eingelne ®ebote h^grieitet haben;
unb wir glaubten, ber größeren Seutlichfeit halber
biefen SBeg nehmen gu muffen. (Sicero unb Quincti«
Digitized by Google
91
lioii, fo fd)cittt ei, benjcnigcit ^Ijifofop^eti "ju üerglei#
ct)cn^ n>e(cf)e bte ü)2ora( mdj ter Xugenbtbee bear^
beiten, bejwerfen befonberö bie DarfleHung be^ »ollen#
beten 9icbnerÄ, ben Quinctilian fogar feit ber 3«t
bc6 erften ©djulunterridjteö fdjilbert. Xaburd) ober
fommt in ihre ©orftellungen etwoö @d)Wonfenbe^,
»eil man fo, jwor mit ber 58efd)affenl)eit eine^ fol#
eben ©ubjectd binlönglid) befonnt »irb; »on feinem
^onbeln ober fid) feinen bejiimmten Segriff modjen
fonn, »eil bie gtidjtfdjnur beffelben »erborgen bleibt.
9Benn »ir nun biefen g'ebler, »ie gefügt, burd) Huf#
fleßung fefler @runbfä$c ^u »ermeiben gefud)t hoben,
fo muffen »ir unä oud) bitten, in ben entgegengefe^#
ten ju »erfoUen, ber borin belieben »iirbe, bie IBe#
fd)offenl)eit bed 3fiebnerd ju »ergeffen. 2)ie Sorflel#
lung beffelben ifl um fo notb»enbiger, »eil e^ fdjei#
nen fbnnte, otö genüge ibm blo^e ^enntni^ unb to#
lent»oUe S3efolgung ber »on unä ongegebenen IBor#
fdjriften, unb ofö fome feine ffttlicbe S5efd)offenbeit
nid)t weiter in SSetradjt: »eld)eö, »enn cd fid) »irf#
lid) fo »erhielte, unfer Unternehmen, bie SÄhrtorif old
einen Xheil ber 50Zorol ju beorbeiten, »ereitcln »ürbe.
©0 »erholt ed fid) ober nid)t, unb bie ^Befolgung
oßer biefer SBorfchriften ift ohne fittlid)e Äroft bed
(Shorofterd, ohne Xugenb, unb bei bem geifllid)en
.y Google
92
3?fbner, oJ)ne ba^ innere ?eben bcö ©laubend, un*
ntöglid).
Denn e^ beliefet ja bic SCBirffamfeit beö Dlebner^
in einem fräftigen ?enfen ber ©emütfeer/ «nb biefcm
©efcfeäft i(l er nicfet gewaefefcn, wenn ifem niefet bad
3iel, mofein er jle lenfen miß, bcutlid) »orfcfemebt,
unb wenn er felb|l nicfet febfeaft begefert e^ gu errei#
tfeen. @r muß, in einem Sffiortc, baö SOermbgen ber
ffttticfeen 3been bejl^en, unb biefe gehören jum @fea<
rafter. Die ^feontofte ifl freilid) bic Srgeugerin ber#
jenigcn 3been, worauf bic ©cfeöpfungen in bcm @e#
biete ber Äun(l feernorgefeen. Dbgleicfe, mie e^ mir
fcfeeint, felbjl ifere ©ebifbe immer ctwa^ ©cfemanfen#
bed unb UnjTcfecreö behalten, wenn fic nicfet non Sfea#
rafterfroft unterflü^t »erben. 2öie aber ber SßJittc
ber ©egcnjlanb ifl, ben bic 95ercbfamfeit bearbeitet,
fo gcfet ffe aucfe aud bem ffiitten feertoor. SKan nefeme
nur ben geifUicfeen Slebner; »o »irb er ©tojf ju fei#
nen SBorträgen finben, wem ifem nicfet feine eigene
Heiligung, »enn ifem nicfet ber moralifcfee unb reli#
giöfe 3«fianl> ber SWenfefeen am ^'crjen liegt, »enn
er nicfet eifrig wünfefet, bie SDlongel beffelben ju »er#
belfern? 9lur »er öon biefen Dn'eben befeeft, an ffefe
friber orbeitet, unb bie SKcnfcfecn in ber Sfbficfet be#
traefetet, fte ju einem feöfeeren ®robe bon SSoßfom#
Digitized by Google
93
ment)ctt gu erheben, nur in bem »erben ffd) in fleter
g^ütte, 3been erjengen, bie ftd) auf ba^ 3ifl
be^ reinen menfcbiict)en SKittenö mit ?eid)tigfeit begie#
hen lajfen; unb bieö ffnb boct) gemif jlttfiche, fromme
unb chrifltiche Sfntriebe. 3« ffc fe^en fdjon einen
höheren ®rab »on (Bittlidffeit »orauö, ber fleh über
bad, mag man gemöhntid) Xugenb nennt, nämlich
Enthaftung »om SSöfen unb fd)uIbfofeg ?eben, meit
erhebt. Denn menn eg fittfich fchön ifi, für fTcf)
fefbjl immer bag SBefle unb SBiirbiglte gu »offen, fo
ift eg noch bei »eitern fchöner, mit biefem gugfeich
auch bag Sc|le unb SBürbigfle für affe 3D?enfchen gu
begehren. Diefer SBBunfeh fann in einem 5!J?enfchen
fehfen, unb er i|l beghafb nicht fittfich fchfecht; bem#
jenigen aber, ben er gang befeeft, »irb man einen
höheren @rab morafifcher SSofffommenheit gugepehen
muffen. Eg ip baher auch gewiß feine gebäfpge 2fn#
ffage, »enn man eine geipfiche 9tebe eineg ^angefg
an fofehen pttfichen 3been befchufbigt, »efche nur eine,
petg mit bem ®ohf ber 50?enfchh«t befchäftigte-@e#
pnnung ergeugen fann. ©ich fftbP augfprechen, ge#
»iffe ?iebfingganpchten mit ©efbPgefäffigfeit augma#
fen, fann nicht gerabegu für ein ?nper auggegeben
»erben; gewiß aber ip eg ber S?e»eig einer unang#
gebifbeten ©epnnung, bie nicht fähig iP, pch fefbp
Digilizcd by Google
94
}u »erg^rjfen um nur tn bem anberer ju (eben;
i(l eine Slbwffenbctt jener b&bcren ßbarafterfraft,
woburd) ber SHebner feinen @to(f probuciret, unb
u>e(d)e nu'r^ ba man ba^ @ct)5pfertfci)e im meufd)«
nd)en @et|le überhaupt mit bem S(u6brucf @enie be«
jeid)net, fittfidjed @enie nennen mödjten. aSergebend
ifl alfo ba6 @ebot: SJejiehe beine 3been auf bie t)öd)«
(len menfd)lid)en 3been, bemjenigen au^gefprod>en, ber
in feine eigenen (Smpftnbungeiv ^h^xtaiteen unb
banfenuerfnüpfitngen uerfenft^ nid)t ben h^i^ifch^n
Xrieb fu^lt, bie ^erjen ju ergreifen unb fie üerebelnb
umjubifben; benn e^ feh|t ihm am erflen unb noth»
menbigflen, an Sbeen, unb jlatt biefer »irb er in
a3i(bern umhergaufein, in ^mpftnbungen jerfd)me(«
jcn, ober gonj intereffante ?ehr»ortr4ge haften, bie
aber ohne ÜBirfung auf ben KBiflen bleiben.
2(ud) uon bem Dtebner in ©taatdöerhäftnijfen gilt
ba^ nämliche, n>aä oon bem geiflfichen gilt. ^GBenn
er nicht mit uneigennü$iger üiebe an feinem SSater^
lanbe hängt, unb oon biefer angetriebeu mirb, theitö
I
bie inneren SSerhäftniffe beffefben genau ju flubicren,
theild ber SSeränberung ber äußeren aufmerffam |u
folgen, n>ie fod er in wichtigen unb fchwierigen gäf«
len fogfeich SSorfchfäge unb richtige ainfichten
finben? <5r wirb wie bie 8lthenien(ifd)CH 9lebner bei
Digilized by Google
f)5
bcr 9?ad)rid)t, bag @fatea genommen batte,
»erfhtmmen. „I)enn jener ^tag, «nb jene SSerantaf«
fung erforberte, wie Semoftbened fagt, einen ÜJiann,
ber bic S3egebenbeiten »om Stnfang an »erfolgt bättC/
itnb richtig febfoß, me^balb unb ju »etcbem
^bUi^)p jeneö getban/' Unb er, ber einzige, ber an
biefem 3!age fpracb, ©emoilb^nc^/ mobureb batte er
f[(b biefen febdrferen SBIicf erworben, afö bureb feine
Saterlanböliebe, worin er alte feine ÜKitbitrger über#
traf? 3 w«e f&nnte man fagen, in Ermangelung ber
?iebe jum SSaterlanbe, würben Efgenmtg, ^aß unb
greunbfebaft, »orgefaßte ÜKeinnngen, politifcbe @ 9 #
(lerne, ei nie bem SÄebner an 3 been unb 85orfd)tagcn
fehlen lajfen. SSieUeiebt; bo<b b'Cf
©ebwierigfeit ein, baß nun auch biefe 9(bjTcbten bem
böcbflen 3 wecfc be^ (laatöbürger(itben SBittend unter#
juorbnen finb, unb bieg ifl ungemein febwer, wenn
fie nicht febon in ber Stbbdngigfeit »on bemfelben ent#
flanben, fonbern »on anberen minber ebten ? 0 ?oti»en
eingegeben (tnb. Samit bie ^fane feiner ©elbflfucbt
gelingen, muß ße ber 3tebner, wie mir früher be#
merften, in 3 «fa«twenbang mit ben boebßen ßttlicben
Sbeen bringen; unb iß biefer 3 wffl«twenbang nicht
natürlich, fonbern erfünßelt, fo muß oft bag größte
Xalent an bem Unternehmen febeiteVn ben ^Betrug
Digitized by Google
96
burd)jufül)ren *), unb fein @e»e6c »trb öon einem
anberen Kebner jerriffen, ber »ießeic^t mit weniger
Äraft ft)rid)t, beffen 3been aber auf bem @runb unb
SBoben ber SSatcrianb^liebe gewad)fen ffnb. (Sin fc^ö#
ne^ Seifpief l)ier»on ffnb bie beiben Dieben bie, nad)
bem @allu(l, öom ßdfar, unb »om ßato im Dtbmi#
fd)en Senate über ba^ ®d)i(ffal ber SWitöerfd)Women
@ati(ina^ gehalten würben. Sa^ ifl feiner angelegt
aiö ßäfarö Diebe, wie fd)Iau weiß er (Sbelmut^, @e«
fe$e, Staat^uortheil ba geltenb ju machen, wo e^
ihm bloß barum ju thun war, ßch SBerfjeuge feiner
ehrfüchtigen ^lane ju erhalten! D)iit weniger ^unß,
aber mit größerer Äraf% bringt ber biebere ßato burch/
unb ber ganje Senat ßimmt ihm bei. Unb fo wirb
benn burch unfere ^Betrachtungen, unb burch bad Sei#
fpiel beö fpäteren ßato, jene Deßnition bed DiebnerÄ ge#
rechtfertigt, bie nach Quinctilian öom älteren Sato her#
rührt**), unb bie unfircitig bie befle ijl, welche »om 2lb*
terthum auf un^ gefommen i|l; 25er Diebner ifl ein
rechtfehaffener DDiann, ber ju reben »erfleht.
* ) !DaS Unmoralifdje in ber 3(bftcbf »errdth fleh bunh Unge»
reimtheit in ber ^ebantenoerfnüpfung. "EnfM» nt, ol-
ftfu, xaxovQyiv ini /lij n^ioa^xoern nQuyfiurn rnvt Xoyovt
dvaytijeit uxüyxt] (faivinO-ai. Dcmoslh. adver-
sns Leptinem, p. 100. ed. W'olf.
••) Inslh. XII. 1.
^toeh
Digitized by Google
Digilized by Google
Digitized by Google
bcni 3fffeft iinb ber Setbenfc^aft.
Sk wir weiter gehn, werfen wir einen SBiief auf
ben ®eg, weidjen wir bereite jurüdgetegt haben.
Qi war unferc 3(bff(bt/ ein hocbM ^rinci^) ju
fud)en^ ba^ in bie jerfiücfeite unb unjufammenbän«
genbe Xbeorie ber Jöerebfamfeit ®inheit nnb 3nfam«
menbang brächte. 3u biefem (Jnbe mati)ten wir einß
ihrer ^Kerfmale, baö ©treben nach außen ju wirfen,
jn il)rem i>auptd)araftcr, unb fanben fo, baß ße auf
ethifdjem @runb unb SBoben ßehe, unb ein 5?anbein'
feb^ baß wie ei nur »on Sbcen auögebe, ßd) aud)
nur an Sbeen wenben fönne. I)ic Sntwicfelnng bie#
fe^ einzigen ©ebanfen hat nnö febon auf wichtige 9?e#
fuitate geführt, unb »iefe SSehauptungen, bie in ben
gcwöbniid)cn Xheoriecn ohne S3gweiö aufgcßcKt wer#
ben, in eine fbßeinatifd]c ©nheit jufammengefaßt;
eben fo ßnb wir and) baburd) in ben ©tonb gefegt
worben, manchen 5rrthnm in ben herrfchenben ^nßch#
1 *
Digilized by Google
KM)
ten ju bcrid)Hgen. 9Bi’r fabelt gcfcf)eit, baß über»
baupt nur (5ine SBcrebfamfcit gtebt, unb baß bic bür»
gcr(id)c mit ber geißlidjen burd) bic @inbeit be^ ^rin»
cip^ jufaimncnbängc, obgfetd) eine jebe burd) baö SBcr»
bältniß, worin ßc ßd) bewegt, »erfebteben niobißcirt
werbe; baß bie Sitten, nad) einem b&tbß richtigen
®efül)le, brei ©attungen ber S3crebfamf eit, nad) ben
brei böd)ßen 3been angenommen buben; wir buben
burd) bie SlufßcUung ber SBabrbeit, aW einer unter»
georbneten rbetorifeßen 3bee, bo^ eine ihrer ÜWerf»
male, ibr ^inneigen jur ^b'^ufopbie, wiebergeßinben,
)u gleicher 3rit aber, über bie fcbwicrige grage, wcl»
d)e^ bie ©renjlinie jwifeßen ^b»f®fopbtc «nt» S3ercb»
famfeit fep, wie wir und fcßmeicbetn, einiget ?id)t
»erbreitet; wir buben über ben (Entwurf unb bie (Sin#
tbeilung ber 5Kcbe Siegeln angegeben, bie ein SSer»
fahren nad) Sbecn ßnb, unb al^ ein fold)ed »or ber
gewöhnlichen ©intbeilungömetbobe, bie ein bloßeö SSer»
fahren nad) SSegrifen iß, ben SSorjug »erbienen; wir
haben cnblid), um unfre pthtfd)^ Slnßcht ju red)tfer»
tigen, an öerfd)iebcnen ©teilen bemerfbar gemacht,
baß ber Slebner nur burch wahrhaft ßttliche @eßn»
nung jur Sluörid)tung feinet ©efchuft^ fähig werbe.
Unb fo hätte ßd), wie wir glauben, unfer etbifd)cd
^rincip fd)on für benjenigen Xbeil ber Stbetorif be»
Digitized by Google
101
n>ä()rt, »cfcl)cr bie Se^rc öon ber (Srfiiibuitgiunb 2(n#
orbnung enthält; bcnn oUe Siegeln, bte mit Siedjt
über btefe @cgen(länbe gegeben werben fonnen, fite#
^en ouö bem »on un^ anfge(lelltett hb^lflcn @efe$,
ba« un^ in feiner (Sntwicfelung gejeigt tjat, nidjt nur
wie ein Seglidjcö in biefetn ZfjeUe ber S3erebfamfeit
befchaffen fett, fonbem and) warum ed fo unb nicht
onber^ fepn bürfe, @ben biefeö für- ben fegt folgen#
ben Xhcil ber Sthetorif, für bie fogenannte Slocution
au^juführen, fcheint fcl)on größeren ©chwierigfeiten
unterworfen. 2)enn ba hier »on Erregung ber Slffefte,
ober woltl gor ber geibenfehoften bie Siebe ijl, wie,
möchte mon fragen, wäre ein folcheö SBeginnen »on
einem ethifchen ^rineiß abjuleiten, ja, nur bei 2lw»
nohme beffelben, ju rechtfertigen? ferner wirb man
hier, unb jwor mit Siecht, wenigflen^ bie ©runbjuge
JU einer Xheorie ber^rofa erwarten; unb eö inojchlc
fcheinen, alö ob ein ethifcheö ^rincip auf feine Üöeife
barauf führen fönnte. ®o fcheint eö; ober fo feheint
eö auch nur; benn in ber 5£höl ifi biefer Xhcil ber
Slhetorif ber Xriumph ber ethifchen 3lnfid)t, inbem
baburch Probleme gelöfl werben, bie feine anbere ?ln#
ficht gu löfen bermog.
3uer(l aber muffen wir über bie Srrthümer fla#
gen, woburch biefe ÜKaterie »erunflaltct ijl, unb woran
Digilized by Google
102
tote SUteit etgentli(() ®d)ulb ftnb^ n>eld)e^ ba {Te fe$t
«beraU getobt worben, aurf) b^r einmal einen »er«
bienten Xabel binnebraen mögen. 25iefer Xabet fallt
juerll auf bie SHbetoren, bie bann aber bie 2lnflage
auf bie Dlebner felbfl, ober »ielmebr auf bie Um#
flänbe, worin biefe fpracben, jurüeffebiebeu fönnen.
25ie alte Serebfarafeit bat ihre Äraft unb Seflimmt#
beit borjüglid) ber 0<bneIligfeit }u banfen, womit
bie SBBirfung, gleid) nad) gefprodjener Siebe, erfolgte;
eben borin aber tag oueb ein @runb ber Sluöartung.
25enn inbem man für ®bre, SBermögen unb Seben
fämpfte, unb ba ber SSefib ober SBerlujl biefer wicb#
tigen @uter »on ber SBirfung ber Siebe obbing, fo
mußte man in biefer bebrängten l*age jebeö ü)iittel
gut ftnben, wenn eö nur jum 3»ecfe führte; unb
wer fein ebleÄ SKittel erfebwingen fonnte, ber mußte
oft mit einem feblccbten ßtb begnügen, jufrieben,
wenn er nur feine Slbßcbt erreichte, unb ohne ju be#
benfen, baß er ße burd) ein beffere^, »iet ßcberer er#
reicht haben würbe. Sie Slcbner erlaubten ßd) baber
mancherlei Äunßgriffe, um bie Siiehter unb baö SSotf
irre ju führen, ju blenben, leibenfchaftlich s«
gen; biefe ^rariö, bie notbwenbig oft getingen mußte,
ging in bie Sbeorie über, bie ßch b«r nicht über bie
^rarfö, bie ihr »or Slugen tag, ju erbeben »ermochte.
Digitized by Google
. 103
n>i'c (Te benn bieö iiberl) 0 Ubt nur feircn im ©tonbe t(l; ,
aUe ^unflflücfcben }ur ^ufretjiing ber ©cinütber mur«
bcn gffammdt, unb in 9teil)e unb ®Iieb aufgcjlcltt;
unb bie 9ll)ctorcn, mcidje bic @rrcgung bcr Scibcjt#
fd)afien, in il)rer Äunjl für notl)tt>cnbig Rieften, lci)r«
teil ju biefem (5nbe, ni(f)t ©eclcnicitung, nod) ^lato *),
fonbern »irfiid)c ©eclcnuerfütirung. 2)ic^ tt)ut 3lri»
flotele^ in bem Slbfdjnitt feiner Dl^etorif, wo er »on.
ben Scibenfebaften banbeit; unb ©cero fpridjt »on bcn
SJiitteln, bercr er fid) ju i^rer ©rregung bebient, mit
einer £)fenbcr^igfeit, worüber mon erftaunen mu0 **).
(fben fo munberbar aber i|l e^ uie(Ieid)t/ bafi man
ihnen unb benen^ bie in benfelben ^on einflimmen^
aufö 9Bort geglaubt, unb biefc bcillofen Äunjlgriffe,
in bcr bürgerlichen SBcrcbfamfeit wcnigflenö, für uoth«
menbig unb unentbehrlich gehalten hat. 2)gö IBeifpicl
beö 2)emo(lhene^ allein, bünft mich, ^ättc auf bcn
©ebanfen führen müffen, ba0 man ffc entbehren, unb
(latt ihrer anberc ÜKittcl gebrauchen fönne, bic nicht
nur »ici ebler, fonbern auch öicl untrüglicher flnb.
*) Phaedrus p. 331. cd. Heindorf.
**) Qua (miscrationc) nos ila dolrnlcr u.ii sunius, ut pue-
runj infaiileiu in manibus perorantes teniicriiiius ; ut alia
in causa, cxriLaUi reo nobill, sublato cliani fillo parvo,
plangurc et laiiientatione euniplerinius furuiii. Oialor.
C 3«.
Digitized by Google
104
^)ötte biefer 9iebner eine Sl^etorif gefdjrieben, iie
würbe gewiß anberö afd Sicerod rijetorifdje ®d)riften
oudgefaßen, «nb feineö ?e^rerd ber im @or#
giod eine fo (Irenge 3(nfid)t ber S3crebfomfeit aaffleßt,
nicf)t unwürbig gewefen fe^n. 2lber bie S5ercbfamfeit
beÄ ®emo|lbene^ ijl, fo wie fein S^arafter, bon einer
®rf|aben!)eit, bie not^wenbig berfannt werben mußte;
unb bei i^rcr Unfäbigfeit feine rijetorifefjen ?Wittei ju
wiirbigen, !)obcn bie SUten, unb wi)f naef) ihnen, eben
bie ^unßgnffe in i{|m ;u entbeefen geglaubt, bie in
ben anbern ßtebnern om <tage liegen.
5d) muß mir ju biefem Xf)eil ber IR^etorif bureb
eine bfbtboloßtfd)« Srörterung ben ÜBeg bahnen, unb
jwifeben jweien ©ingen einen Untcrfd)ieb feßßeßen,
bie fo bcrfchicbcn fie aud) ßnb, boeb gemeiniglich ber#
wecbfelt werben, nümlicb jwifeben ^ffeft unb ?eibcn#
febaft. Die Bewegungen in unferm ©emütbc ßnb ihrer
9?atur, ihrer Dauer unb ihrer SBürbe nach, fehr ber#
febieben, je naebbem ße bureb äußere ©egenßänbe,
ober bon 3nnen herauf erjeugt werben. (Sin äußerer
©egenßanb, ober bie SBorßeßung babon, erregt, wenn
wir ihn begehren ober berabfebeuen, in und eine Be#
wegung, bic man mit 3?ecbt ?eibenfcbaft nennt, weit
wir und babei leibcnb berhalten, unb und einer ®ir#
hing hingeben, bic bon außen auf und gefebieht. Die#
Digitized by Google
105
fer 3u|la«b in nid)t gerechtfertigt »er«
ben, weil er eine Unt^ätigfeit ber SSmmnft worauf«
fe$t^ bie jwar nicht immer t>ert)inbem famt^ ba^ man
einen @inbmcf empfange, il)n aber hoch befchränfcn,
»erebeln, unb wenn er fchdblich ifl, unterbrücfen foU.
Unch ifl biefer Buflanb feiner 9iatnr nach «nnt#
big, verworren, unb quÄlmb für bad @emütb, wel«
che^ burch bad ®efühl feiner Kbbangigfeit immer be^
trübt wirb; feiner 2)auer nach, ifl Vergänglich,
ba er von einem vergänglichen ©egenflonb bcrvorge#
bracht worben. ®anj verfchieben bavon ifl bie @r«
regung M ©emütb^, bie einer 3bee ihre ©ntflebung
verbanft; ich nenne fle Slfeft unb nicht ?eibenfchaft,
weil ber @eifl fleh l)iff f^inc Xhätigfeit felbfl
affteirt, anflatt bafi er bort unthätig eüten äußeren
©nbmef aufnahm. Doch auch biefen Sluöbmcf, Slf#
feft, ber mir noch manchem Sni^verfiänbni^ untere
werfen, unb bei weitem nicht abäquat genug fcheint,
brauche ich ttur, weit mir fein beferer befannt ift.
9Baö ich bal>« benlC/ wirb auö golgenbem
flar werben. Unmöglich fann ein ©emüth, worin
eine 3bee lebenbig geworben ifl, biejenige ^älte be«
halten, welche blofie abflrafte SSorfleSungen ober SSe*
grife ju begleiten pfegt; benn ba bie 3bec bie SSor«
(lellung einer Xhätigfeit unb ben Sintricb baju in f ch
I
Digitized by Google
106
entfjfitt, fo nui^ ffe ftc^ alle Äräfte Der Seele aneig>»
nen, unb fte itad) einer befh'mmtcn Slidjtung l)in in
S3e»cgung fe^en; unb ou6 biefer üeremigten ÜBirfung
aller gäbigfeiten, au^ ber |Tc beglcitcnbcn 2ln(lren«
gung, muß ein 3w(lant> beruorgcbn, ber f«d) burd>
einen böbrwn @rab ber SEBärme unb be^ innern ?e?
ben6 audjeicfjnet Soll auö ber Sbee eine Schöpfung
im ©ebiete ber Äunjl beröorgebn, fo ifl biefer 3«^
(lanb bad »a^ man poetifebe, lün|llerifd)c Segciflc#
rung nennte bie allgemein ald etmad @ute^ unb Sd)ö#
ncö anerfannt unb gefebäbt wirb. Uber bicfelbe SBärmc
begleitet aud) alle etbifeben 3been bie |ur Xbätigfeit
burdjiubrecben flrcben; nur bad bloße Sntbalten »om
SSbfen mog Äölte jur ®cgleiterin haben; wer ctwa6
@roße^ unb @ute^ bfrbarjubringcn flrebt, wirb nie
ohne ®ifer, obne Slffeft fepn. SK6d)te man bod) biefe
fd)5ne @rfcbeinung nie mit bem 3iamen ?eibenfcbaft
belegen; biefer beutet auf eine Untbdtigfcit ber böbes
ren geizigen SBermögen, ba bwßcßc« ber Slfcft bic
bbd)ße Xbätigfeit ber SSernunft, bie bie (Srjeugeriu
ber 3been iß:, »oraubfe^t. Slueb iß bie SEBärme beö
©efublö unb ber ?eibenfd)aft unflar unb »erworren,
einem trübe glühenbcn geuer ju Dergleichen; ber Slffcft
hingegen, ßetö befonnen, ßetö-auf ben leifeßen 2Binf
ber 3{ernunft aufmerffam, fähig ßd) felbß im rofehe#
Digitized by Google
107
jlen @ange aufjul)altcn, ifi bem ©onncn(id)t ju »cr^
gleid)cn, baö nod) mehr Älarl)ctt afö SßBärmc mit
jld) fiil)rt. €ben beöbalb, unb »cif bcr SIffctt nic^t
baÄ ©cmütb in j»ci jlrcttenbe Parteien tbcift, »ie
bie ?cibcnfd)aft, fonbcrn alte Äraftc unb aud) bie
@mpftnbungcn beö ^crjcnö in bcr fd)on|lcn ©ntrac^t
mit bcr SBernunft »erbinbet, i(l er aud) bcr aUerfcs
figflc 3ujlonb, ju bem ftd) ber ÜJienfd) erbeben fann.
I)oß er aber gugleid) aud) »otttommen moralifd) t(l,
barüber fd)cint ci unnbtbig, nod) ein 2Öort binjuju^
fe^en. @r i(l, jumaf »enn er »on etbifd)cn Sbcen
erzeugt »irb, bie morafifd)e 9Jatur bc6 ?Kenfd)cn
fefbfl, unb i»ar in ihrem (d)5njlen ©fan^, ihrer böd)«
ften 5£Burbc, unb »eit über jene Ädftc erhaben, bie
man juwcilen »ernünftig nennt, obgleid) mit großem
Unred)t, inbem eine fräftige SBirffamfeit ber aScmuuft
alle Ääftc »erbannen muß. 2fud) barin enbfid) un^
tcrfd)eibct ßd) ber SIffeft »on bcr ?eibenfd)aft, baß
er eben fo anbaltcnb ofg biefe »ergänglid) iß. 25enn
ba bie 3bec, »cfd)c ihn erzeugt, ßd) nie burd) eine
cinjige Darßeffung, fonbcrn nur burd) eine fortlau*
fenbe SJieibe berfefben crfd)opfcn läßt, unb affo für
lange j« wcitn ßc «ne moralifdjc iß, für c»ig
crißirt, fo tbeüt ßc bem ße begfeitenben Sfffeft biefe
®igenfd)aft unb biefe Sauer mit.
Digitized by Google
108
Sfnflatt nun jwet fo unglcid)orttgc (Srfdjctnungcn,
wie bie eben 6efd)riebcncn, gehörig ju fonbcrit, nennt
man gcwöbnltd) oBcö, wa« »on einigem gcuer unb
einiger ?ebenbigfeit begleitet wirb, feibenfcljaftlid); unb
burd) ben nacf)tl)eiiigen Stebenbegrijf, ber in bicfem
SBorte liegt, wirb oft i>ai ©d)bn(lc unb SBortrcfflid)|lc
^erabgemürbigt. SKan foUtc baber 2'emjenigcn, ber
einer Äunjl ober ^einer 2Öiffenftbaft ergeben ifl, fo
bolb er nur föbig ifl @tn>ag felbfijiänbig barin ber#
öorjubringen, nie eine ?eibenfd)aft ju biefer Äunfl
ober SGBiffenfd)aft jufd)reiben; feine Siebe ift ein SIffeft,
ber burd) Sbeen erzeugt wirb; unb eine Seibenfd)aft
fiir eine ^unfl bat nur derjenige, ber baä S(nfd)auit
ihrer ©d)b)»fungen ald einen @egenftanb bed ®enuf#
feÄ begehrt, ohne baburd) ju einer befonbern
feit beö ©eiltet aufgeregt ju werben. Sn ben gefel#
ligen Serbaltniffen ber ÜKenfd)en ifl aud) nid)t jebe
Siebe eine Seibenfd)a^; fie i|i ei nur bann, wenn fic
nad) bem ^efi$ be^ ©eiiebten, alö nach bem eineö
©igentbumd ftrebt, bad fie erwerben unb feflbaiten
Witt; fie ifl etwaö bei weitem ^^exei, fie ifl ein 2lf#
feft, fo bafb ibr bie Sbee einer ewigen SSerbinbung
jum ©runbc liegt, eine Sbee, bie Weber burd) tren#
nenbe Umflänbe geflort werben, nod) burd) ben irbt#
fd)en 93efi$ erfalten fann. Ueberbaupt foUte ba^ i^an#
Digitized by Google
' 109 ^
Dein ter Weitfcf^en nie feibenfd^aftlid), aber immer
affeftöoQ fe^n; ei foßte nie bad ^euer tocrrat^en,
weid)e^ ein äußerer 0egeiiflanb angejünbet aber
(let^ toon jener mifben unb Karen ®ärme befeeft fe»)n^
bie 3ltted begieitet, maö and bem 3nnrm beö ©eijle^
entfpringt. Unb fo unterfd)eibe man benn and) in ber
S5erebfomfeit, baö affeftnoöe ©pred)en eineö üRanne^,
ber »on einer 3bee erfüllt ifl, bie er Slnbent in einem
gleid)en @rabe ber Älarl)eit unb 2Bärme mittljeilen
n>ilt^ non bem jletd nerbammung^mürbigen ^eflre^
ben, ?eibenf<baften in ihnen ju ermeefen.
Pflicht be^ 9lebner^ mit ^ffeft ju
fpred)en, unb Äffeft ju erregen.
3öenn mir in bem Sßorigen ermiefen haben^ baß
ber wahre 3(ffeft niemals ju tabeln, fonbern immer
für etma6 @d)one^ unb S3ortrefflid)eö ju halten fet>,
fo gehn wir jejjt nod) weiter, unb behaupten: er fep
bem Siebner fo nothwenbig, baß er ohne 3lffeft nie
fprechen foHte. J5enn nur barum tritt er nor einer
Serfammlung auf, barait er ihr bie 3bee mittheile.
Digitized by Google
110
odn tt>clct)cr er burd)l>nuigcit ijl; unb tiefe 3bee, wenn
cö roirfitrf) eine ifl, mu§ öon Slfeft begleitet fepn;
»ermißt man tiefen in i()m, fo ift man and) bered)?
tigt »orau^jnfe^en, taß er »on feiner 3tee befeelt
fet); baß er etmad ju moQen nnb ju unternebmen
fd)eine, in ber Xl)at aber nidbtö mit S5ejlimmtl)eit
»olle, nnb alfo mit fid) felbjl in SBiberfpmd) (lef)e;
baß er fein @efd)dft nnr au^ 9fotl), »ie ein Xage*
Ibbner, ober mit ^interlift, »ie ein S3otK»erfiil)rer,
ober mit froftiger (Sitelfeit, »ie ein ©d)önfpred)er
treibe; unb feine oou' tiefen ganj billigen SJorau^?
fe^ungen fann »ol)l ben bewegen, ben 3Äanii
ju ad)ten, unb i^m fein ^erj ju öfnen. ®aö »ir
übrigenö »on bem Unterfd)ieb j»ifd)en Slffeft unb ?ei?
benfd)aft gefagt Ijaben, »irb unö boffentlid) gegen
ben 3Sor»urf fiebern, afö forberten »ir »om Slebner
jteberbafte i^ti^e, fränflicbe 3fiibrung, ober gefebraubte
SSegeijterung; »ir forbern 9Bärme mit 33efonnenbeit,
©efiibl mit aSernunft, 3iacbbmcf ot)ne SSerjerrung,
t*id)t unb geuer ol)nc Dampf; fd)one ©rfdjeinungen,
bie and) ber ge»bbnlid)e 3ul)örer ju »iirbigen »eiß,
unb »on allem 3{ad)gemad)ten unb Uebertriebenen
leid)t nnterfd)eibet.
Seber, ber »oll »on einer großen 3bee »or bad
ajolf getreten ifl, bat mitaiffeft gefprod)cn; mit bem
Digitized by Google
111
größten aber ber, »eldjer bie größten 3been auÄju*
fpred)en t)atte^ ßbrifhiö; bog ?id)t ber üBelt offen#
hart bie etoige i£Bot)rbeit mit fortbouember Segeijle#
rung/ bie batb milb unb fanft^ balb bonnemb unb
jerfcfjmetternb erfdjeint: ein großeg Seifpiel für jeben
fird)lid)en 9?ebner, bog if)n bon alter ^}t)iIofop^ifd)en
9iut)e bigpenßrt^ unb i^m einen öi^ntic^en Stffeft jur
^ffid)t mact)t.
Sßorauggefe^t nun, baß eg 9Rittet giebt, ben ttf#
feft Stöberen mitjut^eiten, fo i|l offenbar, baß ber
©ebraud) biefer 9)littet niematg fd)äblid), fonbem
ßetg nur ti^lfam fe^n fann. Senn eg wirb ja ba#
burd) feinegwegeg bag btinbe ©effit^t ju einer geben#
bigfeit emporgetrieben, »etd)e bie SBernunft untljfitig
mod)t; im @egentt)eit, eg wirb berfetben untergeorb#
net, inbem man eg jwingt, ju ihren 3wecfen mitju#
/ V
wirfen, unb fo entßebt innere ^ormonie, ber bott#
fommenße beg «Uienfdjen. Stud) bie Jurdjt,
baß man bod) in ©rregung beg Stffeftg gu weit geben
fönnte, fd>eiut mir gönglid) uugegrünbet; benn er wirb
burd) eine ßörfere Xbötigfeit ber SSernunft ergeugt,
in wetd)er eg wobt fein Uebermaß geben fann, unb
ber ©ebanfe muß bag augfd)weifenbe ©efübt äugen#
blieftid) in feine ©rengen gurüdfübren. Sie geiben#
fd)oft fann atterbingg gu ßarf fepn, ober »ietmebr ße
Digitized by Googlc
112
füllte gar m(i)t fc^n; wie aber bte 3been ber et^ifcben
SBcrituiift »on ju lebl)oftem Siffeft begleitet fetjn Vom*
ten, wie e« ntögltd) wäre, bag btefelben 3been, burrf>
btc Sieligioit geheiligt/ bad ©emüth mit ju großer
©emalt ergriffen, baö fann ich menigjlen^ nicht ein#
fehn. ^an braucht ftch alfo, wenn man im Stanbe
ifl Slffeft gu erregen, bei biefem ©eflreben bnrehoud
feine ©chranfen gu fe$en; bie menfchliche ©chwöche
bringt eä mit fleh, baß man onflott gu weit gu gehn,
fleh gewöhnlid) wirb »orwerfen muffen, gu wenig ge#
than gu haben. Unb wollte man einwenben, baß ber
Slffeft, wie jebe lebhafte ©timmung, »orubergehenb
feh, fo frage ich, ob man ihn be^ha^^ unnü^
halten muffe, unb ob nicht eine eingige ©tunbe, bie
man in ber IBegeißerung für baö .^öchfle gubnngt,
ein fchöner ©ewinn feß? Slber biefer ©inwurf felbfl
ifl ungegrünbet; benn ber älffeft uerbonft nur ber
erhöhten Xhätigfeit ber SSernunft fein Safe^n; unb
biefe ifl burch bie größere äluöbilbung, bie ße befom#
men hat, immer im ©tanbe ihn felbflthötig gu re#
probuciren.
ü)2it bcßänbiger ^u^fchließung alleö Seibenfehaft#
liehen, unb bei ber IBorauöfehung, baß ber älfeft mit#
getheilt werben fönne, werben wir nun hoffentlich,
ohne aße^ Slergemiß, bie ISehauptung aufßellen fön#
nen.
Digitized by Google
113
ncn, taß cö bcÄ SKcbnerö fc9, Slffcft ju errc»
gen. @efe$t er ttjätc auÄ @runbfa$ ober Unoermö«
gen barauf S3erjtd)t, fo wirb ffef) feine Xl)ätigfcit auf
ba^jenige befd)ränfen iniiffen, wai wir im erften !öucf)c
bargefleUt Ijaben, nätnlid) auf ben (Srmci^, baß feine
befonberc 3bee in ber allgemeinen 3bee beö 3ul)örer^
entgolten fe^, unb boß biefer, wenn er Xu#
genb unb @lucf welle, aucli biefe ober jene .^anb#
lungöweife, woju biefe 3been fuhren, wollen muße.
UBaö iß aber bamit au^gerichtel? @o gut wie gar
nid)t^. ^reilid) fbrnite ei babei fein ©ewenben h«*'
ben, wenn im ?0?enfd)cn, feiner Katur nach, SBiffen,
HBoßen unb Vollbringen ($in unb berfetbe 31ft wäre.
^Idbann brauchte er nur ju wißen,' baß er wollen
foll, um ju wollen, unb nur wollen, um ju oollbrin#
gen. ©o iß ei aber nicht. giebt ein faltet ®if#
fen, baö 'fein UBolten erzeugt, ei giebt ein fcßwache^
ffioUen, bai nie ind Vollbringen übergeht. SEBoju
fuhrt alfo bied falte 9Siffen unb bied feßwache 2Bol#
len, unb wie fbnnte eö bem Slebner genügen, ei^ex*
»orjubringen ? @ben weil etwad p ©tanbe fommen
foll, bad noch «t<ht au^gefübrt iß, weil er ben 3w=
ßanb be^ <Btaati unb ber Äirche »erberbt ober hoch
unboUfommen ßnbet, unb ihn öeränbert wißen will,
eben bedhalb tritt er auf; bieö iß ber 3»c<f/ <n*f
8
Digilized by Google
114
er t)inarbettcn muß, menn er nid)t mit ffd) in 3Bt#
berfpmd) (leben wtU; unb erreicht er il)n md)t, fo
bot er umfonil gefpnxben. ®amit er ibn ober er«
reiche, i(l eg notbwenbig, baß bieSbff Suböter^
big jtt einem folcften @rob ber, Sebenbigfeit geßeigert
werbe, wo ße fogfeief) ing i^onbeln übergeben fonn;
benn jeneg 3lufbroufen alter innerer Prüfte, weld)eg
wir Stffeft nennen, bejeichnet ben Slugenblicf, wo bie
3bee burchbricht unb in bie 2Birfticf)feit b«»ortwtt
5Benn feinem ÜWenfd)en bag SBermbgen etbifef)« Sbeen
objufprechen iß, unb bod) fo wenige nach Sbeen hon#
beln, fo fommt eg nur baber, weil ihnen ber Slffcft
fehlt, welcher eben ber 9ling iß, ber in ber Äette
menfehlicher Xbatigfeit 9Boßen mit Sßotlbringen t>er»
binbet. ©ogieich foU bie ©eßnnung
unb ber ©ntfehtuß gefaßt werben, auf welche ber
5Äebner binarbeitet, nicht nur wenn er »or bem 5Kich*’
ter, toor ©taatgburgern, fonbem auch, 't>cnn er »or
einer chrißlichen SBerfommlung fpricht. ©enn gefchiebt
eg nicht fogleich, wonn wirb eg gefchebn? (Sin an#
ber SKal? (EBarum aber auffchieben, wag an ßch
gnt iß? Ober will mon bie Sernunß bloß aufflö#
ren unb ougbilben, in ber Ueberjeugung, baß ßch aug
ihr olgbann, »on felbß ein wobfgeorbneteg ^anbeln
entwicfeln werbe? 2(ber bie Erfahrung beweifet bag
Digilized by Google
115
@cgeiut)e((; fie jetgt utt^ Männer bon frt)r aui^ebüf
bcter 3>crnunft, bte entwcbcr gar m'd)t, ober fdjlec^t
banbeln. Unb tote tfi benn bte^ aKmät)(tge älu^bUben*
bem 9icbner niöglicb/ bcm fitf> jc$t t» bicfem Slugeiti»
bilde ein ®emut^ t)t»giebr, ba^ »ieUeid)t nie toteber
in bie ®pl|äre feiner SBirffamfeit geratl)en n>irb?
0oU für ein fold)eö benn gar nid)tö getl)an n^erben^
unb wie lange foK cö bei ben fietö fiel) einftnbenben
Subörern bauern / biö fiel) in it)nen uon felbfl etn>ad
entn>icf(e? 3^re et^ifdjen Sbeen bringen fie ja mit
fid); fie finb olfo je$t eben. fo, empfänglich für jebe
gute SGBirfung/ alö fie eö mehrere 3abre fpätcr fepn
»erben; benn ber ^injclnc »eränbert fich, bie 9Roffe
im @anjcn i(l immer biefclbe, , SWacht man biefe ®in*
tuenbung^ Jo gel)t mon^uon bem falfd)en ®runbfah
auö/ baß man ,ben ^enfehen bie @infiiht<n/ bie pm
^anbeln geboren, erjl mübfam beibringen muffe ;,bi»<
fer 55Jübe;,i|l man überboben, ba jeber baö SSetmo«
gen etbifcher Sbeen befiel, . SSfeUeitht giebt e^ .oud)
beim SHebuer, wie beim 3ubbrer, juweilen eine ge^
wiffe ©cheu »or bem 3lfeft> jbie fichiibinter jenen
©inwenbungen »erbirgt, bie aber, uarf) bem ®efagten,
I.
»obl fchwcrlid) für etwaö i'pbeuöwertbeiJ' gelten fami.' .
^ragt man, worin benir nun eigentlich ba^ ®e«
fcl)äft bcö 9iebnetö beftebc, im Ueberjeugen; ober im
8 *
Digitized by Google
116
Ueberrebeii, fo gcflebe i'rf), baß id) mtd) wcber für
ba^ @iiie/ nod) für ba^ Slnbere beflimmt entfdjeibeit
fan«, unb baß ei mir fcbeint, afö fotttc bic ^ragc
Hfber gar nicht anfgemorfen tncrbcn, weil ße ßd) auf
eine falfdje 9lnßd)t brr S3ercbfamfcit grünbft. ®a^
ba^ Ucbcricugcn betrtßt, fo iß bieö bei weitem nießt
binfänglid), wenn man barnnter ben S3ewei^ öerßeßt,
baß bie 3bcc bc^ 9?tbüer^ in ber 3bee be^ 3ul)bwrd
entßdften fep. Dieö iß aber woßt feßwerfid) bic S5e#
beutung, bfe man bem SOBortc giebty man benft ßdj
, bielmebr babei eine Demonßration; woburdj ber ganje
ßbifofoßßifcße Bufawntenbang ber Sßorßeßungen beö
JÄebner« bem Sußörer eingeßrägt werbe, bamit fo eine
einjetne Xßat entßeßcn fönne. (5in folcßcö Uebergeu^
gen feßeint mir unmöglicß, unb icß g taube, ei ifi bem
beßen Ißaleftifer noeß nießt getungen, einen Stnbern
gang auf feinen ©tanbpunft ßerübergugießn. SOBäre
e^ aber mögtieß, fo würbe icß ei für unnn§ am
feßn, »on ben bocßßen ^rincipien alleö SBißcnö unb
SBBoßen^ anguheben, ba man ßcß gang unmittelbar
unb ßeßer an bie ctßifcßen 3been ßatten fann. 3(ucß
wäre eg ßöcßß traurig, wenn mon, um 3emanb gu
einer guten *lßat gu bewegen, erß einen pßitofopßifcßen
^rfug mit ißm bnrcßinacßen müßte.- Doeß bieg iß,
wie t(ß gtaube, <ßintängficß im erßen JBueße erläutert.
Digilized by Google
117
Saö Ueberrcben fan« icfj eben fo »ciitfl biUt.qeiv wenn
mail jTrf),ciit SJerbreben unb SScrbuufcfn ber aiorftet
luitgcn, unb eia (Erregen ber Ceibcnf<b«ftcH babei
bcaft; 3 u biefem niebrigen ipaif^mitfef ipirb fein tiid)#
tiger. 9iebner feine nfljmen, unb wir haben
gezeigt, baß er beffen nidjt brbarf. Äann aber lieber#
jeugen ba6 Srjeiigen ber 3bee^ unb Ueberreben ihre
©teigening jum 3lffett bebeuten, — wad aber, wie
i(fj glaube, ber ©praebgebraud) nid)t »ertlattct —
fo mürbe id) auf bie obige $rage antmorteit: ,ba$
baö @efd)aft be^ IRebnerd meber im Uebergeugen,
nod) im Ueberreben allein behebe; fonbern baß fein
Ueberjengen überrebenb, unb fein Ueberreben über#
jeugenb fepn folle.
!£hrttted ^a:pttel.
93on ben »erfebtebenen Tlrten btr Ttffefre.
wir niit ben 50iitteln jur Erregung ber
aiffefte befd)dfrtgcn, muffen mir biefe le^teren, nad)
ihren oerfdjiebencn Slrten, fennen lernen. Der Uffeft
nämlid),ijl nid)t immer berfelbe; benn erfUid) fbnnen
bie 3bcen, bie er begleitet, obgleich atte ctl)ifd)er 9ia#
Digiiized by Google
118
tur, bcnnoci) febr »crfdjieben fc^n; jmciteiiö n»ec()fcft
oucf) bic Scfdjaffcnbeit fon>ol)I be^ ©ubjcftö worin
bic Sbec erzeugt, alö bc^ Objeftö worauf (Te bezogen
wirb; fo fann j. 33. bie ^jlid)tibec, in einem fd)ul#
bigen ober unfd)ufbigen ©emütbe ergeugt, auf einen
fcf)ufbigen ober unfcbulbigen ÜRenfdjen angewenbet
werben; unb iii fo ungleidjen S8erl)äftniffcn muß aud)
ber aus i!)rer ^Belebung ent(lel)enbe Slffett eine »er#
fdjicbene ^arbe annebmen. @nblid) brittenS, fbnncn
aud) mehrere, an ftd) »erfd)iebene Slffefte gufammen#
fd)me(gen, unb burd) ihre SScreinigung einen britten
bifben. Diefe Äenntniß febeint unS notbwenbig, weil
jtd) nur burd) ffe beurtheilen läßt, ob bie SRittef gur
Erregung ber 2lfefte, bie mir angeben werben, bitt*
reid)enb unb gulänglid) ßnb, ober nid)t. Dann wer#
ben wir aud) baburd) in ©tanb gefegt, bie Siffefte
oon bctt ?cibenfd)aften beffer gu unterfebeiben, eine
©onberung, auf bie id)',baS. größte @ewid)t lege,
weil nur burd) ße bie SSerebfamfeit in ben ihrer wur#
' ri I .
bigen SKang mieber eingefe^t werben fann. 3war ent#
gebt eS mir nid)t, baß id) mid) b«er auf baS gefabr#
ooUe @ebict’ ber fogenannten ^f^cbologie begebe^ non
weld)cm bielteid)t fo mand)c Drummer öcruugludter
Unternebmungen gurüeffebreden foUten; bod) ber ßebere
Seitfaben, mit bem id) eS betrete, wirb mid) bießeiebt
Digitized by Googl<
119
vor ctnent ät^nlic^en Unglücf bewahren. %teiüdf famt
in ber ^ft>d)ofogic nid)tö gclciflci »erben, »enn man
bie S8eobod)tung feiner felbfl unb 2fnberer, »orauÄ
man i^re äöa^r^eiten fef^Öpft, aufd ©crat^cwol)!, o^ne
leitenbe ^rincipien anjleltt. ^ier aber ^aben mir et#
waÄ ^ejieö, Slttgemeined unb ®ict)ereö, bie ct^ifd^en
3becn, bie wir nur in bie unteren SÄegionen beö menfdj«
lieben @emätl)d b*”wnterfübrcn, um ju bemerfen, wa^
auö it)rem 3 «f<»n>ncnfd)ia 9 «t mit ben natürlicben @e#
füllen unb ben »erfebiebenen BuPänben bcÄ 5Dlcnf(ben,
weiter entjleben werbe. Slnf biefe, ober eine obnKebe
®eife, wäre ei öietteiebt nicht unmogfid)/ «öe fo »er#
fdjieben im ©emütbe bnrebeinanber laufenben SHegun#
gen, bie nod) leine fogenannte @rfabrungö#®eeien#
lebre georbnet bat, befriebigenb jn"fonbem unb gu
bejeiebnen. Doch waö wir hier i«n ©taube ffnb gu
leijlen, fann nur afö eine geringe fSRitwirfung gu ei#
nem foldjen Untemebmen angefeben werben.
2ßaö nun guerfl bie ^fllicbtibee betrifft,' fo muß
ber 3uffanb eineö ÜKenfeben, ben fte belebt, erwärmt,
unb ber fic mit allen Äräften wirfticb gu machen (irebt,
alö ein befonbercr Uffeft bemerft werben. SWan nennt
ihn (Sifer, unb er ift natürlich in bem am ffärfffen,
ber in bem @cfe^, bem er mit Siebe gehorcht, ein
wahrhaft göttliche^ fleht; bem @rabe nach fchwächer.
Digilized by Google
120
bod)i md)t tjerfc^iebciter i|l er in bem ®c»iütbc,
baö fein @efc$ Icbiglü^ »om Staate bcfomntt, ober
fitf) fefb|l ju geben giaubt. Strebt e$ aber nic^t nadb
bem SHeaiifiren einer 3bee, fonbern nad) bem S3efi&
eineö andren @uteö, fo artet fein (Sifer, ber erfl
Slffeft war, in ?cibenfcf)aft au^, unb fönnte nun fe^r
bejeicbnenb @iferfud)t genannt werben, wenn ba^
9Bort nirf)t fd)on für einen anbem Sintt 'geflcai))elt
wäre. 3|l bie ^flicbtibce eine 3««tf^»ng in einem
@eraütt)e unterbrüeft gewefen, unb gelangt fie barin
wieber jur ^errfcf)aft, foi erzeugt ffe in S3egie^ung
auf ben fel)lerbaftcn 3uflunb, worin e^ fid) befunben^
Sdjaam unb Diene, bereu Seb^aftigfeit, wie bie be^
(Siferö, nach ber S3ejiet>ung wäcbfl nnb fällt, worin
bie ^flidbt gebaefjt wirb, unb. bie ebenfalls auf^oren
würben, reine Slffefte ju fe^n, wenn man flc^, an#
flatt ber. SBerfäumniß ber ^flid)t,> bie 3lic^tbenu$ung
einer günfligen ©elegenljeit unb eincö irbifdjen SSor#
t^eiB oorwürfe. @ben biefe bei einem llnbern be#
merfte 3Serfd)iebenl)eit bejfen, waö er t^ut, unb bejfen,
wad er tbun foUte, erregt in »erfcf)iebencn ©raben ben
3orn, ber, um ein reiner Slffeft s« bleiben, nie wei#
ter gel)en borf, aK biö 3 ur SEBegwünfebung einer
fd}led)tett 3^l)at, unb ber jur 2eibenfcf)«ft wirb, fobalb
er Itd) auf bie ^erfon beö .Xbätcrö wirft.
Digitized by Google
121
Sie Sugenbibcc, wenn |Te i^r Sbcaf in @ott, in
Öljrifluö, ober bic 2lnnäl)erung boju in einem, würbi#
gen 9J2enfd)en betrodjtet, wirb burcf) ben fic^ i^r beU
gefeßenbenSlffeft, Siebe, greunbfdjaft, 2id)tung,
5£Bol)Iwonen, Stadjeiferung, SSewunberung,
lauter Sluöbrücfe, öon bencn fd)on ber gewö()nlicl)e
©prat^gebraucf) jeben 9iebenbegriff »on Scibcnfd)aft«
lict)feit entfernt ^t. 3^ur unter Siebe öerfte^t man
niit)t immer einen Sijfeft, ben bie Sugenbibce für einen
®egcnjlanb erjeugt, in bem fte ganj.ober jum
Sbeil reatifirt erblicft, fonbern auefj bflerö ein leiben*»
fcüaftlidjeb S3egei)ren beffen, waö reijt. Siebe, afö
Stffeft, ^ot bie @ottl)eit gu il)rcm bbd)(len @egen^
jianbe, mit ber fie fiel) gu »ereinigen unb gu »er«
fd)melgeu (irebt, unb fann nur bann auf ein menfd)*»
lidjeö SBefen übergehn, wenn in biefem etwaö @6tt#
ficfjcö offenbar wirb. SUbbann ifl fie »oUfommner oK
greunbfcf)aft, weil ffe bie gange Snbiöibuaiität »er#
ebrenb anerfennt, ba hingegen bie ^cunbfebaft nur
burd) bie ®d)d$ung gewiffer befonberer, oome^mlid)
moralifc^er ©genfdjaften, ergeugt wirb. Sod) fo wie
bie Siebe nad) einer fortbauernben SBereinigung (Irebt,
fo liegt aud) in ber g^reunbftbaft ber SBunfd) eineö
gemeinfamen SBirfcnö; füttt biefer weg, fo bfeibt 3(d)#
tuug, weld)e SBo^Iw ollen, genannt, wirb, wenn fie
Digitized by Google
122
»on bem Xriebc begleitet wirb, fid) burd) 3ww>enbung
irbifeber aSort^eile }u ofenbaren. 3tad)eiferung i(l
»on 8iebe unb greunbfdjaft unjertrennlicb, unb
ffe entlieht überbautet in einem ©emüthe, baö non ber
S^ugenbibee burd)brungen ifl, wenn e^ fein Sbeal in
einem anbern 2Befen »noUfommner afö in fld) felbfl
»erwirWid)t fleht. S5ewunberung i|l bad affeftnotte
2tnerfenncn einer fremben SSirtuofltät, wenn fle unö
unerreichbar, ober bodj »on unferm Sbeal fo entfernt
fdjeint, baß wir nicht banad) jlreben fönnten, ohne
unö felbfl ju entfagen. ©o bewunbert ber ^elb ben
Sichter, unb ber Sichter ben ipelben, weil jeber »on
beibeu ein befchränfte^, unb bem 5(nbem immer fremb
bfeibenbeö Sbffll oerfolgt. SJliemanb aber bewunbert
Weber bie unffchtbare, noch bie in Shriflo ftchtbar ge#
worbene ©ottheit, eben weil ihre SBoHfommenheit ohne
©chranfen, unb folglich einem Seben zugänglich ifl.
Sen 9lffeft ber Verachtung unb ©eringfehä^ung
erzeugt bie Xugenbibee gegen Siefenigen, benen ffe
gänzlich Z“ numgeln fcheint; bod) trifft ©ering#
fd)ähung fd)on bie Slbwefenheit beö flaat^bürgerli#
chen Verbienfleö. Sie Verachtung ifl ein fehr ber#
ber, unb folglich unoollfommner Slffeft; nur Serjenige
fühlt ber ouf einem untergeorbneten ©tanbpuntt
fleht, unb ber eigene ©chbpfcr feiner Sugenb zu fettn
Digitized by Google
123
glaubt. ®et überjcugt tfl, baß er ffc, oijnc fein 33er#
bien(l/öon ®ott erbaften l)at, ber wirb gegen ben
©ünber me^r jum ÜWitleib, aW jur 33eracf)tung
aufgelegt fe^u.
®nblid) brittenö gefetlen ffef) jur ©lürf^ibee fof#
genbe SIfeftc: ©et)ufttcf)t nad) bem i)öcb(len @utc,
Hoffnung e^ ju erreichen, Danfbarfeit gegen
ben, »eid)er ju bejfcn Erlangung beljüiflid) ift, 9)iit#
teib mit ben S5crirrten, bic gar nidjt, ober auf fai#
fd)em ®ege banad) (Irebeit, Jur d)t »or allem wo#
burd) eö un6 geraubt werben fönnte, unb Slbfdjeu
gegen ba^ Sööfe in un^ fclb|l, al6 ben fdjlimmjlen
Jeinb unferö wahren @lücf^. Dod» um biefe 2lffefte
rein ju erl)atten, muß bie ©lücföibce in ihrer größten
Sieinbeit gebadjt werben, unb eben weil bieö feiten
gefd)icht, fo grenjen hier bie Slffefte mit ben ?eiben#
fdjaften fo nab jufammen. ©d)on ©erfenige, welcher
auf bem bloß moralifd)en ©tanbpunfte fleht, unb fein
@lücf in einer ungehinberten ^thätigfeit fudjt, wirb
gegen 2lße, bie ihm entgegen flchn, einen nicht ganj
lautern Unwillen fpüren. 2lm leichteflen fd)weifen aber
biefe ?lffefte ba auö, wo bie ©lücföibee, auf fjoliti#
fchc SJerhältniffe angewenbet, uad) ber ®ohlfahrt beö
©taateß (Irebt. ©o lange für bie SBcfBrberer biefer
'XBohlfohrt nnr (Snthufi aßmuß, für bic ©törer ber#
Digitized by Google
121
felben nur UniPÜle gefüllt wirb^ bleiben bieö fd}öne
unb acbtungött)crtl)e 2lfc&c; fe^r leidft aber entjle^t
on(latt beS @nt^uftaiSmud/ blinbe Anbetung, unb
jlatt be^ Unwiücnö, ber »üt^cnbflc unb
biefe poCttiftben ?cibcnfcbaftcn, bic eine gro^c SSerbun#
felung ber 3bec öorauöfe^en, jlnb um fo fdjrccf lieber,
weÜ e6 einem jeben leid)t mirb, fein cigennü^igeö @tre#
ben burrf) ben ©d)cin einer patriotifeben ©eflnnung
öor ficb imb ^nberen ju rechtfertigen. @ben fo i(l
auch biegeinbfebaft gegen ben, »eicber unö irgenb
einen ©ebaben jugefügt bat, nie ein Stffeft, fonbern
immer eine Seibenfebaft. 2)ie^ gilt auch »om 9teib,
worin ficb ÜRiß gönnen beö ©iitcfö mit bera
gegen ben oerbinbet, ber eö befi^t. 3« felbfi
baö ÜJiitleiben bat etwaö Seibenfcbaftlicbeö, wenn
man ben Ungliicfticben nicht um fein felbft wiQen, fon«
bern ber leifcn 2tb”^ww9 wegen beftagt, bog man ficb
feibfl bolb in feiner ?oge begnben tonnte. Qin wob=*
rer Stffeft i|l eö nur, wenn eö, wie wir febon fruber
gefagt haben, ouö ber in unö wobnenben reinen ©liicfö#
ibee entfpringt, bie wir im ©treben eine^ Stübern göuj«
lieb »ermiffen, ober wenn bureb baö ^^in^ufommen ber
ateebtö# unb ber Xugenbibee boö ©efiibl für ba^ @tenb
erhöbt unb »crebett wirb, wie bieö beim Stnblicf eineö
unfcbttlbig Oefränften, ober eineö ÜRenfcben,i ber, bureb
Digitized by Google
125
feine hohen ©genfefjaften ein bejfereö ©cf)icffaf »er*
biente, her ijl. 6o roie her Stnhfirf eineö uit*
fchufbig ©cfränfteu baö erhöhte ajfeftöoUc 5)ZitIeib
herüorhringt, fo erzeugt her Stnhücf be^ gfürflid)en
?a(terö bie Sntrüjlung *), bic wie jeneö ein »er*
inifcf)ter Stfeft ifl, unb burd) bic SSerhinbung ber
9ied)t^# unb ©liicföibcc entfpringt.
Strijlotefeg, ber im Eingang ju feiner 9ihetorif
bic 'Erregung ber ?eibcnf(f)aften »erbammt, fpätcr
aber, unfähig eine fclb|lfiänbigc 2(njtd)t burchjufü^
ren, ftrfj ju bem einmal ©eflchenbcn bequemt, begatt#
beit biefcd' Äa^utef mtf großer Vorliebe, unb ber t^m
eigenen ©cnauigFeit in 3tufja^fung bc^ ©njefnen. dt
nimmt elf ?eibenfct)aften an; 3»^«/ ÜÄitbc, ?icbe,
S)a^, gurdjt, ©etjaam, 5EBoI)tn)oricn, @ntrü#
jlung, 5Witleib, 9tcib, iTiacfjcifcrung. fättt
in bie Stugen, mic hier bic ungfeicfjortigflen ®inge,
j. 35. bo^ niebrige ?a|lcr bc^9Jcibeö, mit bem ebfen
Streben ber 9fta cf) cif er ung jufammengemorfen ffnb,
unb tt>ic nothwenbig eö folglicf) fc 9 ,' 2 fffcft unb Sei*
benfcf)aft- gu untcrfcheibcn. 2(ucf) bemerfe man, baß
bieö 83ergeicf)tiiß nicht reichhaftiger ifl afö baö unfrige,
unb baß miV fofgfief), um mirRicf)c (5rfcf)einungcn fi)ße*
*) 9lcmißs.
Digitized by Google
126
matifd) ju orbneii^ ntd)t er|l gcjtmtngcn worben (Iitb^
ffc ju oerflnmmcfn. ,
93om 0d)erj.
; «
Norbert man mit 5Äed)t oom SRebner, bgf er im
©tanbe fenn foUe, Sljfeft ju erregen, fo mochte man
aud) oieUeic^t oon ii)m oeriangen, ba^ er ben ©d)erj
in feiner ©ewalt habe. ®d)erj i|l nämlid) bie 2luf»
Hebung hei ätjfeft^; e^ ifl bie Stic^tnng etned ®e~mii:«
ti)e^, hai, anf^att bon bem ^eitigflen unb SEBid)tig«
(len fortgerijfen ju werben, e^ jum ©egenflanb feiner
ateflerion mad)t, unb ftdj an ben fd^einbaren SDBibeti*
fprüdjen unb Äontra|len, bie barin entgolten fe^n mo#
gen, ergötzt. SSiel (Td)erer ifl nod) fein
er gegen eine Scibenfe^aft gerichtet ifl, bie i()m (letö
utijäblige ^lö^en giebt, unb bie immer gebämpft unb
gemäßigt wirb, fobalb er bie ßberbaub gewinnt.
mochte alfo fd)einen, ali fep bie SEBaffc beö ©cberjeö
bem SRebner not()Wenbig, gwar nid)t jum Sfngriff,
bod) jur 2>ertbeibigung gegen eine i^m wibcrjlrebenbe
i*eibenfd)aft ober einen Sljfeft, ben fein ©egner erregt
Digilized by Google
127
bat. ifl^ unter tu'eieu fetteten @rüt^beii^ ber
einzige nicht ganj ju nerwerfenbe^ ben (Cicero für ben
©eberg in ber ®erebfamfeit anfübrt *). Unb eö fann
in ber 5tbat nicht geleugnet werben, baf ein wohl«
ongehrachter fchergbofter Unfall ba non großer 2Bir«
hing i(l, wo e^ bloß barauf anfommt, eine SBerwir«
mng gu lofen, fleh fchnell and einer augenblicflichen
9>erlegenheit gu unb eine Slngelegenbeit furg
abguniothen, gumal wenn ße ßch in ben nieberen Sie«
gionen ber nicnfthlichen ©efellfchaft bewegt, unb für
Siiemanb eine befonbere SSichtigfeit haben fann. 2)och
wo man bie Erregung eineb großen unb gewaltig trei«
benben Slffefte^ gur itbßcht b«l/ ba fann ber @ch<tg/
fo gefchieft man ihn auch anbringt, immer nur bon
nachthriliger SBirfung fe^n. @r wirb freilich bie
@rünbe beb ©egnerb entfräften, unb bab »on ihm
angegünbete geuer löfcfjen; babnreh aber wirb ber 3u«
höret in einen gleichgültigen, ajfeftlofen 3ußanb ber«
fe^t, wo er ßch mehr gur Sießerion alb gur Xhütig«
feit aufgelegt fühlt. Unb bahin foUte eb eüt Siebner
niemalb fommen laffen; benn, inbem er fo ben Slfeft
gerßört, welchen fein ©egner herborgebracht h«l/ h«J>t
*) Qufxl fraiigit adversariiini , qiiocl iiiipodit, ipiod rli’vat,
quoll dclerret, quod refutat. De Oratoix: II. 58. '<
Digilized by Google
128
er ja aud) ju glcidjcr 3?«^ bcnjcnigeit auf, bcr »on
tbm fd)on bewirft war, niib er mufi nad) einer
fo jlbrenben Unterbrechung fein ganje^ ©cfchdft wie#
ber öott öorit aufangen. Sie (Sinwifchung bcö ed)cr#
je6 i(l aifo eine^ wahren SÄebnerß unwürbig ; unb auf
feiner rechten ^ohe, fdjeiut e^ mir, beftnbet er fcch
nur bann, wenn er ben ihm entgegenflrebenben Slffcft,
ohne ihn ju jerflörcn, mit »crbo^jpelter ©cwalt auf
ben ©cgnerjurücf wirft; fo folgt, mit SludfchHcßung
be^ abfühfenben Bwifchenfpiefö, Slffcft auf Slfcft, unb
ber le^tere wirb burch ben Äontraft mit bem »orber#
gehenben »erjlarft. SOBer im Sewußtfeijn einer guten
®adje fpricht, unb bie ganje ©ewalt. ber etbifchen
Sbeen für fich anwenben tann, bem wirb e^ aud)
nicht fchwerer, ja leichter fe^n, ein falfcheö ihm un#
günfüge^ ©efühl )>lo^lich ganj umjuwanbeln, atö erfl
alleö ©efühl ju tobten, unb bann öon neuem für ffd)
JU bcgeillern.
Um recht -inne ju werben, wie fremb ber ©cherj
ber IBerebfamfeit fet), betrachte man bie firchliche,
unb frage ffd), wie hier, mitten in einer erbaulichen
SÄebe, ein fdierjhafter ßinfall, j. SB. gegen einen @eg#
ner ber JÄeligion, wirfen würbe. SOiüßte er nicht ben
ganjen ©nbruef ber SÄebe fo jerjtören, baß auch
nicht wicber baran ju benfen wäre ihn ju erneuen?
SSon
Digilized by Google
129
ä^on äbtUid^rr SBirfung ifi er nun oud) tit ber
Hfd)en Söcrebfamfrit, obglctd^ mürber grfäbriid), m»
gm beg nid)t fo fcbttetbenben ^ontrafieä mü bem Ucbrü
gen. ^ufbaun ifi überhaupt ba^ etgentücbe ®efdräft
be^ 9?ebncrö; er fann (td) aifo mit bem 3ft|lören nur
im Sorbeigehn befaffen.
®er ^>ang unb^.bie 3(nlage- j^m ®d)erje, waren
in bem ernflen, bon großen SJjfeften beberrfd)ten ®e<
mütbe bed Scmoflbcne^ febr gering, wabreub jlc bei
ßicero b«Tbor(led)enbc @igenfd)aftcn waren; unb bic#
fer gefällt fid) febr in ber Stu^übung biejeö XalcnteÄ,
ba^ feiner @itrlfeit fcbmeicbelte,. wäbrenb in ben yitf
ben beö Scmojlbenc^ feine ©puren babon anjutreffen
finb, ob er gleid) felbfl bon ben wi^igm ©infällen
feiner 3eitgenoffcn oft generft würbe. Quinctilian,
ber überhaupt ^r fernen ?anbömann mehr alö er foUtc
eingenommen ifl, ftellt ibn in biefer diücfffobt über
ben 25emoflbP«e^* burd)aud falfcbe^ Urtbeil, ba
er ibn wegen einet ©tgenfefjaft lobt, bie ober Xabel
berbiente. ©icero ifl bieHeid)t in ben ©teilen, wo er
feine ®egner mit ©d)erj überfebüttet, für ben mo#
bemen 8cfer febr ergö^enb; man fehc aber nur wie
2>emoftbrne^ feinert ^einb mit ernfler ^eftigfeit wi*
berlegt, mit weldjer @cfd)icf liebfeit er bie Sßertbeibü
gong in einen Singriff berwanbelt, unb ben bcrnicbte#
9
Digitized by Google
130
tcn SSortDurf feinem ©egner afö Sinflage juriicffd^eu«
bert, unb frage fict), n>el(^eb S3erfabreo gmecfmä^t;
ger# ȟrbiger, tugenbtyaffer feb?
®it ber erregt »erbe; ober von ber
r(>etortfcben ^ar|le((ung.
X5ie wid)tigc Unterfudjnng , burdj »eld^e ÜRittel
ber Slffeft erregt »erben fbnne^ fd^eint i)tnlängiic(^ »or»
bereitet burd) bad Stöbrrige, »orin »ir bie fittlicbe
ffiürbe biefed ©celenjujlonbeö, unb bie ^flid)t beö
5Wcbnerö ibn beröorjubringen, erwiefen haben, ffiir
banbebt nidjt von ber Erregung ber ?eibenfd)aften,
eine 50?aterie bie nur in einer folcben SKbrtorif einen
^(a^ einnebmen fann, »eld)e nad) gdnjlid) faifcben,
ober bod) unboUfomntenen ®runbfä$en confhruirt ifl.
31ri|h>teteÄ ertbeitt über biefen ©egenflanb eine Seteb#
rung, bie on SoUflänbigfeit, unb an ber güUe ridj«
tiger unb feiner S3emcrfungen, fd)»erKcb übertroffen
»erben fann. ®odj läuft 2lHeÄ fo jiemlid) barauf
binnuÄ, baß jebe ?eibenfcboft ihr Öbfeft hat, »o?
burd) ffe erregt »erben fann, wemr ti mff rrd)t feb«
Digitized by Google
131
i)aften färben au^gematt^ unb ffd)t(td) bor bte Sfugrn
I)tngeflrQt wirb. (Sin wenig (Sinbilbungdfraft^ unb
fogrnannte ÜJ2enfcf)rnfmntni^^ mit einem gefd^meibigen
@I)arafter ober einem böfen ^IBiQen gepaart^ ifl oft
binreidjenb, um in einer foldjen ^rorid glutflid) ju
febn. (Sö ifi baju nid)t einmal notbwenbig/ baf man
bie ?eib(;t<f<^Aft, bie man entflammen wiS^ feib|l fu^fe;
ia bied fönnte bielmet^r ^inber(id) fe^n, weit ed bie
S3cfonnenbeit rauben würbe, ^ir gejteben übrigen^^
baf e^ unter manchen Umflänben unb bei gewiffen
Sbarafteren biei leid)ter fepn mag^ eine Seibenfcba^
auflobem }u (affen^ afö einen ^feft ^erborjubringen;
ja baf jenc^ im Sergieirf) mit biefem oft nur ein Äin«
berfpiei i|l. 31ber bon ber UnfUtlicbfeit eine^ fo(d)en
93erfabrenö abgefebU/ e^ aucb^ jur (Srreicbung
einer rbetorifd)cn SibfTcbt^ ein b&<bll un(Td)cred unb
trüg(id)ed STOittcl, wie wir fcljon früher gejeigt haben;
fo baf Klugheit, bie mit Pflicht i^anb in ^anb geht,
bie ffiirffamfeit be^ 9iebner^ auf (5r;eugung ber 3been,
unb beren IBeiebung jum ^ffefte, befchränft.
^ährenb nun ein Seibenfthaftöloffr ba^ ^uflobem
einer ?eibenfdjaft befbrbern fann, fo ijl im (Segen#
theil bie (Srregung be^ ^ffefteö nur ^iDemjenigen mög#
lieh/ welcher felbfl babon beiebt unb burchbrungen ifl.
^enn e^ fommt \)itx nicht barauf an, ein ®emüth
9*
Digitize<j by Google
132
für bic Sietjc rineö äufem Öbjefte^ cmpfänglid) ju
mad}en, woju nid)t notbmenbig crforbcrtid) ifl,
baß man felbfi non btefem @egrnfianbe eingenommen
feb; fonbern barauf, ctroa^ im Snnem @rjeugte^ in
einen SInbern überjutragen, »eld)cö mnr in bem SKaaßc
gelingen tann, ald man ba^ i^eroorjnbringenbe fribjl
beß$t. 0emcr ijl fo »icl anSgemad)t, baß im @e#
mntbe be^ SÄebnerö ber tljfeft anfö 3nnigße mit ber
Sbee jnfammenhongt, nnb baß er nur ol^ eine 9Bir#
fung berfclbcn, wie ße ßrf) mehr anöbilbete nnb ent#
wicfelte, entfianben iß. (Sben fo famt er nun aucß
im ©emütbc bed burcb ÜKittel bie außer#
halb ber Sbee liegen ^ fonbern immer nur burtß bie
3bee felbß nnb ihre Snrßellung erjeugt werben. 9iur
wenn ei bem 9iebner gelingt, ben in ü)m lebenben
nnb fd)offenben ©ebanfen bem Sttbörer in einem glci#
d)cn ©rabe bon Äraft nnb Älarbeit beijubringen,
nur bann wirb er in Seiben mit gleicher ©ewalt jur
Xhätigfeit hin«w^ftrcf>f«r b. b. »on bemfelben Hffcft
begleitet fe^n. können wir alfo eine befonbere nnb
eigenthümliche Sarßellung^art aufftnben, burd) welche
eine etl^ifäje 2bee nad) nnb nadj ju ihrer ganjen Soll#
ßänbigfeit im ©emiithe eine« 3lnbem erhoben wirb,
fo werben wir .bie 9)fittel jur ©rregung beÄ Slffeftd
entbeeft haben. 3d) fngf «ne befonbere nnb eigen#
Digitized by Google
133
tbümlidjc, imb »icberbele, »fif eö an tiefer ©teße
befonberd in bic Singen fpringt, baß e^ webet eine
pl)ilofop^if(f)e, nod) eine poetifefje fepn borf. 2>enn
wenn and) ^Ijilofop^ie, 3been an (cd), ^ejee, eine
3bee in einer (Tnnlid)en ^üUe barjlellt, fo flrebt boc^
feine berfetben nad) Erregung eineg Slffefteg, woraug
eine plö^lit^c Umwanbelung, fep’g beg inneren 3«=*
(lanbeg cineg ?0lenfd)en, fep’g beg äußeren 3w(l««beg
ber menfd)lid)en @efellfd)aft, bcrt)orgc()n fann; unb
erfolgt and) etwag bem 2le^nlid)eg, fo ^at bte Slb«
ßd)t eg ju crreid)en, boc^ bei einer reinen unb ooU«
fonemenen pl)ilofopl)ifd)en unb poetifd)eu Sarfleltung
feinen @inßuß auf biefelbe auggeubt. Sie rl)etorifd)e
©arßeHung aber ^at bie Erregung beg Slffefteg ju
ihrem eigentl)um(id)en 3i^( unb @nbjwecf, unb id) htf
Raupte, baß bieg ber einjige @eßd)tgpunft fep, Pon
bem man auggei)en fönne, wenn man it)re Dtegeln
unb ©efe^e jufammenl)ängenb unb fpßematifc^ ablei#
ten will. 9tad)bem wir alfo im eriten S3ud)e von
bem (Entwurf unb ber (Sintheilung' gebanbelt, werben
wir je^t Perfuc^en, in bie @et)eimni|fc ber retorifd)en
Äompoßtion tiefer einjubringen.
©el)r mißlid) wiirbe eg um unfer SSorl)oben ße#
hen, bic Xl)coric ber Serebfamfeit auf ethifd)c ^rin#
cipien surüefjufu^ren, wenn wir ung gcnötl)igt fä^cn.
Digilized by Google
134
/
bic bt^^er brtretenc S3al)n gu öerlaffen, unb bic auf
(Erregung bcd SJffefte^ abjnjerfenben @cfe$c bcr r!)c#
tonfcben X)arfieUung, au^ einem anbern @ebiete aid
bem etijifcben ^erjubofcn, etn>a au^ einer neu erfon#
nenen ^tbeorie bc6 ©ebenen unb (Srbabenen, bie wir
alÄ ein Heine« 9?ebcngeboube mit bem bi«ber errid)«
teten üerbänben, ober gar au« ber Xbeorie bcr @m#
f)itnbungen^ unb einigen böd){l Hugen unb oerfebmi^
ten (Srfabrung«fa$en^ wie auf ba« menfebliebc
mütb ju wirlen feb. 3« fofeber öerjweiffung«»oHcn
Sage bejtnben wir uu« aber feine«wegc«, fonbem wir
nehmen unfre Unterfuebung gerabc ba wieber auf, wo
wir fte gelajfen bitten, um einige fleb un« barbietenbe
©egenftönbe nach ben febon fcflgefe^ten ^rincipien
aufguHären, unb fahren fort in ber Dcbuction ber
@efc$c, nach benen ein freie« SBcfcn auf anbre freie
SBcfen wirfen fann. ©a« erjlc bw§: ber Otebner foU
feine befonbere 3bcc ben aßgemeinen unb notbwenbi#
gen 3beon feiner 3wböffr unterorbnen; unb borouf
war aßc« gebaut, wa« wir bi«bcr entwideit haben.
®« Hegt un« je$t ob, bic weiteren, in einem foicben
SScrhältniffc gu beobatbtenben ®efe|c aufgufteßen, unb
gu geigen, wie ße, unb nur ßc aßein, bic beßen,
cingigen SBHttcI gur. ©rrciebung be« 3«Ie« ßnb, ba«
Digitized by Googli
135
|id) ber Dlfbner not^twnbig »orflcrfeti muß, itömlid)
jur ^eröorbringung brt Slffefteö.
2Ber aifo aW rin frrie^ 9ßefcn auf anbere freie
SBefen wirfen »tU, unb feine 3bee mit il)rcn ange=>
bornen unb notl)menbigen 3been fct)on in Ucbereinflim«
mung gebrad^t t)at^ ber foU erfilid) feine ^anblung^«
»eife ben jebe^mal obmoltenben ^Umflänben unb SScr»
l)ältniffen genau «npaffen. @r foU jweitend, bei aller
9lu(ffTd)t auf bie Sage worin er jtd) befinbet, bei aller
IBefämpfung ober Umgebung ber ■ jpinberniffe bie er
auf feinem 9Bege antrifft, bod> in einem beflänbigen,
unauf^altfamen Jortfd)rriten begriffen fepn unb blei<
ben. I)a aber brittend bnre^ biefe uorbringenbe 93e«
wegmtg ba^ gonje IBerbältniß in iebeni Slugenblid
wecbfelt unb eine anbere @eftalt annimmt, fo foU
oud) er jeben SKoment feiner Sßirffamfeit burd) eine
befonbere ^orm unb @efialt au^}rid)nen; unb wiebaö
@anje feiner jpanblung^weife bem 9Serl)ältniffe,' ba^
er »orfanb, angemeffen war, fo foU rin jeber feiner
6d)ritte, mit ben oon i^m felbfl beröorgebratbten
SSerönberungen, in Uebereinffimmung fe^n.
Diefe brei @efe$e, »on benen »ir boÄ erffc, baö
ber ^Ingemeffen^eit, ba^ jweite, bad be6 fletigen gort«
fd)rcitend, ba^ brittc, baÄ ber Sebenbigfrit, nennen.
Dtgitized by Google
136
lücrbcit wir nun ju erörtern , unb alö DJüttel jur
regung beö Slffcftcö auf bic S3erebfainfctt aujuwenben
fud)eiu . • . ■ . . '
^ünffed
33on ber ?fn 9 cmeffcn()cit.
Qi ift feine ÄIugl)eitörcgel, eö i|l ein et^ifd)eö @e?
fe^, bag unfer SEBirfen ouf Slnbere, ben Umjlönben
unter benen eö' unternommen wirb, angemejfen fepn
folt. ®iefc Umjiänbe finb nic^tö anberö alö unfre
3>er!)öltntffe, weldje wieberum nur burd) bie ^erfön#
Iid)feit ber ÜRcnfdjen unb burd) alleö, »aö wir mit
in bicfelöe l)ereinjiehen, befiimmt werben. 9htn for#
bert aber ein 3eber, ba§ feine ^crr6nlid)feit refpef#
tirt werbe, unb wenn er aud) anerfennt, baf fie S5er#
änberungen erteiben fönne unb müjfe, fo »ertongt er
bod), baß jtc nid)t in Unterbruefung, foubern in SSer#
eblung unb Stuöbitbung beö aSorl)anbenen be|lcl)€U. 23a
bieö eine gorberung i|l, bie ein 3egtid)er mad)t, unb
ba eö ein fittlid)eö @efe§ ift, unfre . S(nft>rud)e mit
benen ber Stnbem fo git »ermitteln, baß ßc nebencin^
anber beßel)n fbnnen, fo legt unö baffelbe @efe^ and)
Digitized by Google
137
bw Sßerbinblid^feit auf, tbre ^crf6nlid)fcit ju rcfpef«
tircn, b. b. unö tu unfter ^anbfungötucifc nad) bcn
Serbältmfen unb Umilänben }u bequemen. Denn ba»
burd) ba^ »tr eine 3bee ju uen»irflid)en fud|cn, ma«
d)en nur unfre ^erfönlid)fcit gelten; bamit bteö aber
md)t auf Unfoflen unb burd) Unterbrürfung bet ^er#
fbnltd)feit Slnberer gefd)cl)e, fo mug, burd) baö ge#
nWjle 2lnfd)raiegcn an bicfcibe, bag Uebergewt^t,
»eld)e^ wir ju erlangen fircfaen, gemilbcrt unb »er#
gütet werben. Dol)er entflanb bie erjle ^id)t, unfre
Sbeen mit ben irrigen gu »erfd)melgen; ba^er entfielt
je^t bie gweiw, mit SSebauptung unfrer ^erf5nlid)feit,
bie tbrige anjuerfenneit, unb in SUleö, waö gu ber#
felbctt gcrccbnet werben fann, mit ber größten Sorg#
falt eingubringen. Da aber, nad) unfrer früheren SSc#
bauptung, bie böebüe Xugenb and) bie böd)jle^lug#
beit.ifl, fo wirb biefe fftttiebe Slngemeffenbcit beö üBir#
fenö, baö ffd)er(le ÜJZittcl unb bie nothwenbige S5e#
bingung gu einem glürflid)en Erfolge fepn. @ic ifi
eö, burd) welche fid), ber im böbern unb beffern 0inuc
beö iföortö praftifebe 5DZenfd) auögeicbnet; unb wenn
fein ^onbeln fortbauemb biefe <5igenfd)aft bebält, unb
bobureb nie uergeblid) i|l, fo foUte man, wenn man
ibmÄlngbeit gufebreibt,. bod) aud) bie gttlicbc Quelle
bcrfclbcn nid)t berfennen. giebt fold)e 9R^ner,
Digitized by Google
138
bic auf bcn erjlcn 3(nbltcf Sutraucn etnflößen, »eit
ffe eine »orjügltc^e ^erfonßcf)frit im't SEBürbe bc^aup#
ten^ unb mit S3ef(^eiben^t barfleCcU/ inbem ffe ^Of
gleirf) ber ^erfonlidjfcit etneö jeben Stübern il)r. öot#
leÄ 9?ecf)t mibcrfal^rcn taffen. Äaum ^oben fte bte
Leitung einer fdjwierigen Stngetegenl^eit übernommen,
fo »erfcüminben alte ipinberrnffe unb alter SBiberflanb,
weit fTd) ein 3cber, inbem er fte Ijanbctn fTc^t, batb
überzeugt, baß i^r itBirfcn nur ju feinem tBeflen and«
f(t)tagen fbnne. ©ie flnb cö, bie baö gefellige Sc«
ben regieren unb leiten; unb oon einem fotOßen S3itbe
muß man aubge^n, wenn man ßef) oom ©igentbüm«
ließen be^ 9?cbner^ eine reeßt tebenbige Slnfcßouung
öcrfcßaffcn witt. Sagegen giebt ei ^erfonen, bie
immer bereit unb begierig ßnb, etmaö ®ute^ ju mir«
fen, bie aber, meit ße jebcÄmat ißre SBorfeßtäge jur
unreeßten anbringen, unb nießt fößig ßnb, ßc
ber ©gentßümlicßfcit Serjenigen, mit benen ßc ju
tßun ßaben, anjupaffen, aueß jebc^mat mit ißren ^ta«
nen unb Sntmurfen feßeitern: gute ?D?enf{ßett, menn
man mitt, boeß oßne 3»«fct ÜRenftßcn, bie einer ßb«
ßeren ßttlicßen Stubbitbung bebiirßcn. ©ie ßnb bie
maßren unrßetorifeßen Staturen, reeßt geeignet, baÄ,
wai ber Stebner nießt fe^n folt, beuttieß unb ftar uor
bie Stugen jü ßelten.
DigiÜzed by Google
139
^ic fiir aUe6 morafifdje ^anbeln, gilt baö ®e*
fe$ ber 3Jngeinf(Tcnt)ek nun aud) für bad rl)ctorif(f)e,
unb giebt tbtn^ wenn ei barnad) gebifbet wirb/ ge«
roiffc (gi 9 enfd)aftfn, bie ctbifdjcit Urfprunge« fiiib, unb
bic jugicid) aK bie bcflen ?D?irtci jur Erregung beö
Slffcfteö angcfehn werben fonnen.
3uer(l wirb eine ben SBerbäitnijfen angemejfcne
Siebe / berge|l<xlt auf bie ^afiungÄfraft ber 3«^örer
berechnet feijn, baß («e biefelbe Weber ju fe^r an«
flrenge/ nod) ju unbefd)dftigt laffe. 2)enn bie g^af«
fungöfraft ijl non ben ^enntniffen unb ber geizigen
iSilbung be^ 3ubörer^ abhängig/ mit benen fTe eineu
Xbeii, unb jwar einen febr wefcntlid)en feiner ^er«
fönlid)feit auömad)t/ bie »om Dlebner refpeftirt wer« '
ben foll, unb bie er auf eine nid)t gu entfd)ufl>igenbe
3trt beleibigen würbe, wenn er ibn burd) bie ju große
25unfefl)eit, ober bie gu große ®euriid)feit feinet SBor«
traget ermübete. Unb ba ibm gur» SSermeibung bie«
fer beiben gcl^ier eine febr genaue Äcnntniß feinet
S>ublihim^ notbwenbig iß, bie er ohne ein ßeißiged
©tubium beffelben nid)t erwerben fann, fo wirb »on
ibm, olÄ eine SJffid)t geforbert, baß er ßd) biefem
©tubium untergiebe; wibrigenfaKö würbe ibn eben ber
Xabei treffen, welcben ^Derjenige auf ßd) (abet, ber
ein @cfd)äft übernimmt, unb uerfdumt, ßd) bie bagu
Digitized by Google
14U
nötbigen Äcimtnfjfc gu erwerben, grcih'cf) i|l, fcibjl
bei berfefben Äiaffe öon 3«bötern, ber SBttbungdgrab
eincö jeben »crfd)iebcn; borf) wirb ftc^ leicht ein raitt«
lerer Z)ur(f)fd)nitt annet)men/ unb barau^z wenn id)
fo fagen borf, ein oUgeniciner ober normaler
rer bitben lojfen; unb biefeö S5ilb, wenn man fiel)
fletö gegenwärtig erhält, unb aQe4, wa^ man gu fa«
gen l)at, an baffelbe richtet, wirb öor ben gweien
begeid}neten Abwegen bewölkten.
9Benn ein 5Kebner nidjt im ©tanbe i(l, fein ^u#
blifum rid)tig gu beurtbeilen, ober bie Slufmerffamfeit
beffelbeu auf eine angemeffene SBeife gu befc^oftigen,
fo fann bied nid)t atö ein natürlid^er ÜJ!angel ange^
fe^n, unb etwo bloß bcmitleibet werben > fonbern
fommt al4 ein fittlicf) fehlerhafter 3ufiönb in ^Betracht,
benn er hätte feine Ungulänglichfeit bemerfen, unb
eine Xhätigfeit aufgeben follen, weldjer er nicht gc#
wochfen war; gumal ba er gewi^ in ben mehrefien
gäöen baöjenige, waö ihm an natürlichen 5talenten
abging, burch au^bauernben gleiß hätte erfe^en föm
nen. 3a felbfl bei bem größten noturlichen Xolcnt
wirb ci ihm ilctö unmöglich bleiben, ben SbeenfreiÄ
gebitbeter 3«häwt gu beurtheilen, unb feine SSorftel*
lungen ben ihrigen angubequemen, wenn er nicht wif^
fenfd)aftliche unb gelehrte Silbung beßht; biefe folt
Digitlzed by Google
141
er fiel) aifo erwerben; Um»iffenl)ett i(l bei it)m flW
eine @t^arafrerfd>n>ä(f)e anjufe^n^ unb atö eine fold)e
mit einer fltt(id)en SSerbammniß belegen; wo (Tcb
beim abermafö jeigt, wie bei bem SÄebner bie X^ätig#
feit Otter ©eifle^frofte unter (ittttd)er Seitung flefit.
3n ber Erwerbung geteerter unb wi<fenfd)oft{id)er
JBifbung finb ihm nun jwor burdjouö feine ©renjen
ju feben; er gehe bann fo weit er mag unb fonn,
holte gleichen @(f)ritt mit feinem 3eitnlfW/ ober eite
i^m juüor; nur »ergeffe er nie, boß @elel)rfamfeit
unb ÜBiffenfeboft, für ihn, oW SÄebner, nur Mittel,
nicht 3»Ptf tt«b, unb bog er bie 25orflettung beffen,
wod er in biefen Rächern fftb ju eigen gemocht h«f/
nicht an b,ie ©teile ber ffttlichen Sbeen, bie er »or*
trogen fott, fe$en borf. Dicg wäre fchon on (Ich eine
unfTttliche ^telfeit; ouch würbe e^ ihn bie ^offung^ü
froft ber 3whörer gonj ou^ ben Slugen berlicren, unb
oft ©ocheit »ortrogen lojfen, bie bie Slufmerffomfeit
feinet ^ublifumö bergeblich ermüben, ober nur bun#
feie Silber onflott beutlichcr Segriffe erweefen wür#
ben: unb biefeö war bie jweite, unb wie ei fich ge#
jeigt hnf/ ebenfottö (TWitho Serirrung, welche boö
©efe$ ber Sfiigemeffenheit in Sejiehung auf bie ^of#
fungöfroft be^ 3uh5rerö berbot.
3n biefer 2tngemejfcnhcit ber Diebe jur gojfungß#
Digitized by Googic
142
fraft bcö bie, wie wir gefeben l)aben, ctbi«
fd)en Urfprungr^ ifl, ftnben wir nun and) ba^ er(le
SJlittel jur Erregung be^ Slffrfted. I)aniit ber 3ut)ö^
rer bewegt werbe , an einer Steife bon SOorileUungen
3(ntt)ei( |u net)men/ i{l burcbau^ netbwenbig/ ba^ bie
Xbätigfeit^ bie man bon ibm beriangt^ nid)t ermü«
benb fep; in biefem 0^aQe würbe er ii)rer ba(b über«
brüßig werben/ unb fTd) einer Untbätigfeit bingeben/
bie. alle ferneren S3emübungen bed SÄebnerö frucbtlod
machte. Unb hätte er and) ben guten äSiUeU/ ei«
nem SBortrage, ber ibn burd) feine Dunfelbeit auf bie
Jolter fpannt/ aufmerffam {u folgen/ fo wirb bie ju
große Slnfhrengung ber ^affungdfraft/ auf SinbilbungÄ«
fraft unb, ©efübl ertöbtenb jurucfwirfen/ unb bie @r«
regung berfelben unmöglich machen. 3Bie burd) bie
gu große Dunfelbeit/ erlahmt bie Slufinerffamfeit aber
auch burch bie ju große Deutlichfeit beffeU/ wad ibr
bargeboten wirb/ unb bie marteren Biegungen be^
aiffefteö werben immer öerfchmdben auf baö @ebeiß
eined 9)2anneä ju erwachen/ ber nicht einmal ben SSer«
(lanb befriebigen fonnte.
i;iier muß id) ben €inwurf befürchten/ baß Der«
ienige/ welcher flug genug iji/ bie eben oorgetrage«
nen Semerfungen ju machet!/ nun anch weiter nichts
bebürfe/ alö eben biefelbe Klugheit/ um ßd) barnad)
Digitized by Google
143
gu rid)t«i, unb um feiner Siebe baö rc(f)te SSer^öIt«
niß jur gfaffnngdfraft be« J« flrten, fo ba§
bte etl)ifdjeu (5igenfd)affen bed Kebner^ hierbei ganj
außer bem ®pieie blieben. mag ßd) auef) in 9ItI)en
unb in SXom mit manchem Demogogen »irMich fo ber<
halten haben; boch mürbe ein fo(<he^ ^eiß»ie( ht^
nichts bemeifen; benn n>er bort etma^ Unnerfidnbli#
<he^ »orgebracht hätte, ben mürbe baö ipohngetächter
feiner ungebulbigen Suhöf«" fogicid) bon ber
Dlebnerbühne hmMntcr getrieben haben. 3n biefem
SSerhältniß affo, mo bie SJothmenbigfeit jene Siegel
gu befofgen fo laut unb bringenb fßrad), fonnte man
»ieUeicht ber fon|l bagu erforberiidjen fittfichen (?igen«
fdjaften entrathen; aber barauö, baß ein fd)Ied)ter
^enfd) burd) bringenbe Umßdnbe gu einem
gemiffen Söerfahren gegmungeii merben fann, iäßt
ßch nicht fchließen, baß biefed Verfahren nicht ethi»
fcher Statur fp 9 , unb baß e^ bei »öffiger Freiheit bem
©chiechten fomohi mie bem @utcn geringen fönne.
I)enn man betrachte nur ben gcißlichcn Slebner in
unfern 3«tcn, bcjfen SBerhältniß gu feinen 3uhörem
bei meitem ungebunbener iß, inbem ihre Slücfmirfung
auf ihn, nie auf eine fo beleibigenbe 2(rt erfolgen barf ;
mie fchmer, ja mie unmöglich fcheint eg hier oft ben
flügßen ÜWännern, beiien gemiß Sticmanb bie gdhiS*
Digitized by Google
144
\
feit il)r,^blifum j« beurt^eilen obfprcd)eii barf, (t<f>
in i()r<m SSertrogc auf bcr rechten ^)öt)e, uub tt>ebcr
ju feod) norf) ju niebrig ju i^aUen. 3Son bcr greube
an bem Erlernten ober @rfunbenen l)ingeriffen^ nmtt^en
fte balb ber gaffungöfraft ihrer 3ubbr« baö Umnög«
(id)e ju; balb burd) @etvohnl)eit/ an ®emein^lä$en
fcilftebenb, tragen jTe ba^ ^Ujubefannte meitfchtueiftg
unb emtitbenb bor: unb jeugt nid>t ba^ @rfie bon ju
großer @itetfeit tutb @eIbflgcfäUigfeit^ welche^ , bO(h
gewiß ftttlid)e ©ebrec^en ftnb? ®e$t baä 3u>ote^
tbie jebe Eingewöhnung/ nid)l (inen 0Eßangel au ©tärfe
unb ®pannfraft im (Sharafter bomuö?
EUfo felbfl; biefe ESoUfommenheit ber Siebe/ baß
(ic nämlid) ber ^ajfungöfraft beö 3«hw((^ angemef#
fen fep/ ob eö gleid) nur eine fchr untergeorbnete ijl/
läßt ffd) nicht ohne ßttlich gute öigenfehaften errei*
d)en. 3(1 eö mir gelungen/ biefe E5ehauptung über#
jeugenb barjujlellen/ fo glaube ich baburch ben jun#
gen Scannern/ bie fich ber Serebfamfeit wibmen/ fei#
iien unbebeutenben ®ien(l geleiflet ju höben. Sßifien#
fchoft unb ®elef)rfamfeit; bereiten fie bor.ju einem
Eimte/ in welchem Üßiffenfchaft unb ©elehrfamfeit
nicht mehr ber ^auptgegenflanb ihreö ©trebenö fepn
bürfen/ fonbern bem l)öh(f(ö Sweefe, jit beffen grrei#
chung ße bieneit/ untergeorbnet werben muffen. Baß
bie#
Digilized by Googl
145
biefer »irflid) ein ^öi|crer fet>, wirb iljneit fel^r
fd)»cr ju begreifen, gumaf ba ber Unterricht auf @cf)U#
len luib j^od)f(huIen, wie biefe 3njlitute biß je$t be*
fchaffeh waren, ihnen ©ciehrfamfeit unb 2Bijfenfd)a^
afö baö unbebingt ^öchjle barfteUte, bem burchaud
nichts, Steligion unb @ittli<hfeit felbfl nicht au^ge«
nommen, borgejogen werben bürfe. Sergebenö wer#
ben ffe nun erwähnt, baß ffe aHe^ SBiffenfchaftliche
in SWatcrie unb ^orm ou^ ihren Sorträgen »erban#
nen foUen; fie verachten biefe^ ®efe^, bad ihnen nur
a(^ ein feigem iRachgeben erfcheint, unb ba^, man ge#
jlehc c6, ihnen von ihren Führern auch gewöhnlich
nur aW ein folcheö bargefleUt wirb ; jie wollen in Sr#
ntangelung eineö ^atheberö, jTch ber ^anjet gu bem#
felben Sehufe bebienen, unb ben hclbenmüthigen 33er#
fuch machen, ba^ 35olf gu ber ^öhe, wo fte fchwe#
ben, herauf gu giehn. kommen ffe enblich »on ihrem
©ahn gurücf, fo lößt ©uthloßgfeit ße oft in g^loch»
heit unb ©emeinheir »erßufen. aber biefeö S3e»
ejuemen gur ^affungöfraft be^ nicht etwa
nachgiebige Klugheit, fonbern ein voUfommen ffttliched
SBcrfohren, iß baö ihm entgegengefehte ^)ßichtwibrig,
unb wirb cd einem jungen eblen ©emüthe unter bie#
fern ©eßchtöpunft gegeigt, fo wirb e^ gern eine Die#
get befolgen, burch bereu Beobachtung ci ßch nicht
10
Digitized by Google
146
me^r berabjuwitrbtgcn^ fonbem ju ebreit uab ju er«
beben glaubt.
©öd) ba^ ®efe^ ber Stngemeffen^eit erforbert nid)t
nur, ba§ bi'e Siebe auf bte gaffung^fraft beö ^\x\)Of
mi berechnet fe^, fonbern and) baß auf feine ganje
3nbi»ibualität, auf feine Sage, feine SBerbältnijfe, auf
bie SBegebenbeiten, bie fein ®d)icffal beßitnmen unb
ihn befonberÄ ergreifen, »om Slebner 9l»icffid)t genom*
men werbe. Unb biefe 2Irt ber 2(ngemeffeni)eit i(l bei
weitem fd)werer ju erreichen, al^ bie erfie; ti wirb
baju erforbert, baß man bie unjähligen S3eftanbtbei(e
fenne unb bor ^ugen ha^^/ uu^ benen ber bürger«
liehe, ftttliche unb religiöfe 3u|lanb be^ SOienfehot ju#
fammengefe$t ifl, nomlid) benÄrci« feiner Sbeen unb
Erfahrungen, bie iBorfteUungeu bie ihm geläufig ober
fremb ffnb, bie Silber womit fid) feine ge«
wöhnlid) befchäftigt, bad mehr ober minber »ollfom«
mene 3beal »on @lücf, »on bürgerlicher, ffttlicher,
religiöfer SoHfommenheit, welche^ ihm »orf^webt,
feine Xugenben unb Safler, feine SBünfehe unb Se«
gierben, mit allen ben näheren Seftimmungen, welche
burd) ©tanb, burch Vermögen, burd) ?)olitifche Er«
eigniffe, burch bie Sage beg SBaterlanbeÄ unb ber Äirche,
feiner Eigenthümlichfeit gegeben werben.
I)iefe Slngemejfenheit ber Siebe fcheinen bie bellen
Digiiized by Google
147
?el)rer ber Kbctorif aW ein üWttel jur ©rregung ber
EJffeftc (fm'h'd) in t'bmn Stnn, wonad) eö nur ?ri#
benfdjaftcu waren) anerfannt ju Ijabcn; wem'gflend
wüßte i'cf) feinen anbern @runb, we^f^afb 2(ri|leteled
in feiner 5Äl)etorif auf bte X^eoric ber Seibenfcf)afs
ten, fogfeief) eine ©ittenfd)überung ber 9J?enfd)en nad)
ihrem Sllter, ihrem 9?ange, i^rem Sßermögen folgen
läßt*): ob er gfeid) ßd) nid)t beutfid) baruber er#
ffärt, wefeben ©ebraudi ber 9lebner öon biefer Ie|#
teren ^enntniß machen foUe.
2(ud) (Sicero wiß, baß ber 9?ebner ein feiner unb
»erfd)mi$ter ÜKann feij, wetdjer ben S^arafter unb
bie Senfung^art feiner 3«hörer nad) i^rem 2Uter unb
ihrem ©tanbe burd)fd)aut **) ^abe; unb er irrt ßd)
nur barin, baß er »on ber Reinheit unb S5erfd)mi^t#
heit erwortet, waÄ bie ©ittfid)feit am beßen leißen
fann. Qi mag wohl einem bloß lißigen @ciße ge#
lingen, bie eine ober bie anbere fd)wad)e ©eite eineö
(Sharafterd aufjußnben, um baran bie $äben ju fnü#
*) Rhet. L. II, C. XII -XVII.
**) Acuto hominc nobis opus cst, et natura usuque callido,
qui $agacitcr pervestiget, quid sui cives, lique homines
quibua aliquid dicendo persuadere velit, cogitent, .«entiant,
opinentur, expectenL Teneat oportet venas cujusque ge-
neris, aetatis, ordinis, et eoruni apud quos aliquid aget
aut erit actunis, mentea senausque deguatet. De Orat. I. &i.
10 •
Digitized by Google
148
pfen, TOoburd) er if)n leiten »iß; aber ßd) fo in bie
3(nf[d)tcn, in baö ©emfttb unb bie Sage eineö 9Kcn:'
fd)en hineinjubeitfen unb ju fübfen, bap man mit
einer wol)Itf)uenben unb erijebenben Sebanblnng feiner
‘^Perfonlidjfeit ju ihm fpred)cn fbnne, baju gehört et«
»aö mehr afö ?iß; bajn gehört aßerbing^ Älugt)cit/
aber eine fold)C, bie unter ber Seitung beö ßttlichen
©efithfö unb eineß uneigennu$igen aßot)ln)oßenß (lebt,
baß ßd) gern ber ^Betrachtung menfchlid)er 3(ngetegen«
heiten, unb bem 5!JZitgeful)I für biefelben, überläßt.
2(ud) foß bie fo erworbene Äenntniß beß
rerß nid)t gebraucht »erben, feinen 3rrthümem ju
hulbigen unb feinen ?eibenfchaften jufchmcicheln; fon#
bem ße foß jur Erregung beß Kffefteß jucrß auf eine
negatibe SBeife benu^t »erben, nämlid) um Slßeß ju
bermeiben, »aß ben fränfen, beleibigen, ober
in I)ingen, bie bor ber .^anb a(ß gleichgültig ange«
fehen »erben bürfen, ihm anßößig feßn fönnte. Ohne
biefe SSorßeht iß an feine Erregung beß Slffefteß ju
benfen. SSergebenß fpricht man mit Reiter unb 9iach*
bmcf, bergebenß h«l fplf>ß 3uhorcr bc» beßen
2Bißen ßcß bon ber Sbee, bie man ihm mittheilt, er«
wärmen ju laßen, wenn man ihn auf bem SÖege ju
bem 3iclc^ wohin er gelangen foß, burch taufenberlei
Heine ober größere SBcrbrießlichfeiten oufhält ober miß«
Digitized by Google
149
mwtl)ig moct)t. Unb bic^ ijl »on feiner ©eite feine
fränflid)e (Jm?)ftnblicf)feit; benn ber Sinfpmet) fefbfl,
ben icf) an i^n ntad)e, jTcf) mir »on einer ©eite ganj
^injugeben, legt mir bie ^flicf)t auf, if)n »on alten
anbem ©eiten fo »ict afö mogtief) ju felyonen. X)at)er
muß auef) ber 9iebner, wenn er mit wabrer fftttietjer
®ei^bf*t au^gerüflet ifl, alte ©cf)tt>ierigfeiten, bie er
niefjt im 2lugenbticf nieberreißen fann, ju umgeben
wiffen: bieö ifl Pflicht unb Älugbeit jugteid). ©o
febonte ber Stßoflet ^aulu^, um feine großen
beffer ju erreitben, bie Sßorurtbeitc feiner Bfitßcnof«
fen, unb n>arb alten allei, bamit er uberatt
einige errettete.
2)ie SÄebner b(rö Stttertbum^, Semoftb^neß tkU
tcid)t einjig ausgenommen, ba fie ben wahren @runb
nicht fannten, ber ju biefer Stngemejfcnbcit berpßid)#
tet, bat’cn juweiten bamit eine ^rt bon ^ünfletei unb
Äofettcrie getrieben, bie eineS ebten ü)lanneS eben fo
unwürbig, alS jur @rreid|ung ihrer unnü§
war. SBenn ßicero ßcb fleitt, alS fbmte er ßd) auf
ben 9iamen beS ^otßttet nicht beßnnen, unb atS würbe
er ihm »on einem ber Umßebenben jugerufen*), fo
woltte er ohne t>urd) biefe anfebeinenbe Uw
•) Verrina IV, 3. Wolf ad Leptincam p. 300.
Digitized by Google
150
fcnntniß bcr gricdjifdjcn Äunflgcf(^id)tc in bic 93or»
(lellung feiner ÜJiitbürger einget)en, nacf) tt»eld)er bie
S3efd)äftigung mit foidjen ©egenjlänben eineö ©taat^<
mannet unwürbig mar. 3d) für mein Xt)eil fonn
hierin nur ein Uebermaaf ber rhetorifdjen Slngemef»
fenheit^ unb fo(glid) etmaö UnmoraIifd)e^ fet)en. ^ud)
begreife id) nid)t, mai biefe Keine fpielenbc üßafd)i#
nerie einem 9JJanne nu^en fonnte, ber fo mächtige
Xriebfebem in S3en>egung ju fe^en »crjlanb. Slber
ei i(l bad ©d)i(ffa( aUer einfeitigen ^efhrebungen/
balb in gormtrieb au^juarten. 0o ging e^ febr früt)
ber alten Serebfamfeit, weil man ihren flttiichen 6ha#
raKer üerfannte, unb ffe nur ai6 ein SBerfjeug jur
Erreichung ehrgeiziger Slbflchten betrachtete *).
•) Ein .Äunfigriff, biefem dhnlicb, nur no^ »id »erf4mi|=
t<r unb binfcrliffiger, roirb bem Demofibencä jugefdjrie^
ben, um bobureb in ber Siebe für ben .ftefipbon folgenbe
©teile ju erfldren: „Denn ii)," fo rebet er ben Sfefebine^
an, „unb alle !Diefe mit mir, nennen iDicb einen füHietb«
„ling, fr&bee bed ^bi(ippu< unb nun be^ 9(Ieranber!
„SBenn ©u aber jmeifdil, fo befroge bie ©egenwdrtigen ;
„ bo<b i<b miß lieber bie« für Dieb tbun ; — febeint Euebr
„0 otbenifebe fIRdnner, Stefebine« ein SWietbling ober ein
„©aftgenoffe Sllejranber« §u fe^n? — ^>6rß Du, n>a«
„fie fagen?" — (Ueberfe$ung be« ^>errn »on SXaumer,
©eite 122.) .^)ier bobe Demo(Ibene«, fagen bie ©(bolien,
ba« fflort /tia&o)v6i;, abfiebtlicb falfeb, ba« b«$t/ mit um
richtiger üfccentuation, au«gefpro<ben, unb ben 9Iu«ruf ber
Digitized by Google
151
3(1 ein folc^e^ übertriebene^ 9(nfd)niiegen ju oer#
bamnten/ fo ifl ber enigegengefe^te Segler, nänt(id)
SubSrcr bie baä SSort rcieberbolfen, um bi« tCu^fpracb«
ju oerb«fTem^ b«b« er für eine ^ntmort auf feine Sroge»
unb für ihre Srfldrun^, ba§ fte ben 9(efcbine$ für einen
^Wietbling bieÜrn» auigegeben. Diefe Srfldrung wirb,
auf bie iSutoritdt ber 0(bo(ien, unb roeil fi<b ber Sefer
burcb Sntbecfung foicber i^unfigriffe in ben iKebnern , b«<
fonber« ergJ|t finbef, fo »iel i<b itenigflenJ »ei§, »on
daneben angenommen; baf ti aber audb bie riebiige fe^,
baran mi(bte icb }o>eife(n. 9((Ierbingd bdtte eine fo(<be
'söerfebung beö 3iccentS bie ßb«n ber ’äfbenienfer oufS
duferil« beleibigt, unb einen »erbeffernben 3“>^f
[affen f innen; aber bdtte eben biei reijbare ffiublifum
ficb >oob( feine Sßorte im ffRunbe oerbreben, unb roeif
machen (affen, ti bobe ein lIrtbeiC über ben (Uefebined
auägefprocben, ba ti nur ben Semoftbened forrigirte?
^icb bünft, biefer mürbe mit feiner fünfiücbrn 3mper;
tinenj bie Oemütber nicht gewonnen, fonbern nur erbit«
tert babtn. 9(ber baoon abgefeben, fodte man boeb bt-
benfen, toai man bei Srffdrung ber Dieben bed (Demo:
übened feinem Sb^rafter fcbulbig ifl, beffen SBürbe, auch
nur }ur ^dlfte anerfannt, tbn oor bem 'Berbacbt febüben
mü§te, ficb »lit bergfeicben Srbdrmlicbfeiteu befaßt ju
haben; man foUte bebenfen, ba^ in biefer tragifcbflen
©tunbe feinet 2ebenS, fein florf ergrifpenei ®emütb wobt
nur 3beenb(ibe fcbleubern, nicht mit ^(ccenten fpieten
fonnte. SBaij ifl übrigen^ auch natürlicher, a(ä jur Sr,
Kdrung jener ©teUe anjunebmen, er habe gleich 9(nfangj
auf eine flarfe (jJartei unter ben 3»bi>‘<fn red)nen unb
ooraujfeben f innen, biefe mürbe ihm auf jene Srage,
feinem SBunfebe gemd$ antmorten? (Huch biefe viel paf.
Digitized by Googlc
152
bag Sßerfloßen gegen befle^enbe, md)t ju änbetnbe
SSerböltntfle, ebenfalls für unjTttltd) unb unKug ju
l)aften. (Stn SSerfiof »on foltber 2lrt, »crrad)tet auf
bcr ©teße bie 2Birfung ber frdfttgjlen 5Hebe, unb man
braud)t nur bi'e 2(rt beö UmuiUenö, ber baburcb er#
regt wirb ju nntcrfud)cn, um ju fe^en, ba0 man ®em
ber |T(f| fo »ergangen l)at, ntd)t etwa SWangel an
©(fjrau^eit ober an probufti»em ®enie, fonbern waö
bet weitem fdjiimmer iji, an (tttticf)em ®efü^t/ »or#
wirft, ®oßte eüt ^ubfifum fhimpf genug fe^n, um
burrfi SKiggrife biefer 2lrt nicht beteibigt ju werben,'
unb bie^ ifl öfter afö man benfen fottte ber ^aU, fo
macht ei freilich »on ber einen ©eite bem 9?ebner
feine SIrbeit leicht; eö erfchwert fie ihm aber auch auf
ber anbem; benn fo wie ei für bie Unangemeffenheit
beö SSortragö fein @efuhl fo *®irb eö auch- bie
Slttgemejfenheit ber Diebe nicht empfinben. SOian fann
ihm baher nur ju einem folchen ^ublifum ®Iücf wün#
fchen, ba^ gebübet genug ijl, bie gcringlle un^jajfenbe
Sfeugerung übel ju nehmen; finbet er fein folche^, fo
muß er eö 3 U biefer ^öfe ju erheben fuchen, inbem
fenbere Srfidrung finbet ficb in ben ©cbolien, bie einem
ber Jreunbe be« DlebnerS, bem ,S'omifer SKenanber, biefe
atntmort juf^reiben.
Digitized by Google
153
er tl)m eine Sldjtuiig erweifl, bie eö gewiß nad) unb
nad) würbigen unb »erjleben lernen wirb.
9Ba^ er aber wagen unb wa^ er nid}t wagen
bixrfe, baÄ entfdjcibe er nicht nad) SJluthmaßungen
ber ÜBcItflugheit, fonbern nach («ttfichen Orunbfä^en;
ba^ Kartelle unb ©tärffle, fobalb e^ nur angemeffen
ifl, fobalb er nur burch fein 2tmt unb feinen SSeruf
oufgeforbert war eö ju fagen, wirb nicmafö beleibi#
gen; ed wirb bie 3Birfung feiner 5Hebe, unb ben 21f#
feft ben er hcft^orbringcn witt, niemafö fchwächen,
fonbern immer nur befbrbern. 3Bie auögebilbet war
nicht ba^ ©efüht für ba^ @d)icfliche unb Srngcmcjfenc
bei ben SIthenienfern ju I)emojlhcneö unb hoch
hat fich biefer SÄebner nicmafö gefürchtet, ihnen ihre
Unarten, ihre Fehlgriffe unb ©chwachhfiten mit ber
größten Äraft unb Derbheit toor;uwerfen; unb eö i|l
mir nicht befannt, baß er burd) biefe Freimüthigfeit,
bie mit feiner Siebe jum SSatertanbe unb jur beßc#
henben SSerfaffung fo unoerfennbar jufammenhing, je#
malö bem ©rfofg feiner 9iebcn gefchabet hätte. Sßiel
weniger foßte ßch ber firchKchc SÄebner fcheucn, bie
SSerberbniß beö religiöfen unb ßttlid)en Sußanbeö nach
ber Sßahrheit ju fd)ilbern, unb ben unbußfertigen 6ün#
ber burd) bie ©trafen beö fünftigen Sebenö ;u fchrccfeu.
®er bie6 auö ^ublifum Oon (Id) Ju ent#
P ; i- r hy Google
154
fernen, unterläßt, ber bebenft ni(^t, baß ber 3ub5rer
ganj unn>iUfü()rli(f) ben SHebner nur nad^ ßtt(id)en
Stegetn beurtt)etlt, unb tt)m erlaubt SIUcö ju tragen,
rooö er mit Dled)t wagen barf; baß bie t^eftigflen Sor#
würfe ihn nicf)t erbittern, fobatb er nur ßel)t boß ber
9i?bner burd) bad ajerljältniß, worin er iu il)m fielet,
baju berechtigt ifl; ja baß e^ in ber ßtt(id|en unb
religibfen 9?atur be^ SKenfehen einen ^ang giebt, ber
mit bem ^ang }um ®(haubert)aften unb @r^abenen
febr genau rerwonbt ijl, rermöge beffen er ßd) in
einer rerbienten Demütbigung, bie gu beffnren @ejtn<
nungen führen fann, mehr gefaßt, aW in jener obers»
ßäd)Kcben 9lübntng, bie bureb febmeitbefbafted @rre#
gen feiner ©efiible erjeugt wirb. ®o b^^fn bie be#
rühmten !Rebner, bie ror Subwig bem SBier^ebnten unb
\
feinem ^ofe ßtracben, einem Sfubitorium, ba^ ihnen
bie minbeße Unfebidiiebfeit gewiß nie rerjieben haben
würbe, aßc ©ebreefen ber SXeligion, unb bie ganje
ßttenriä)tenbe ^raft ibreö ^mte^ oft, unb immer mit
bem größten @rfofg, angewenbet.
SBerbinbert bie 2(ngemeffenbeit ber SÄebe jebed Ster#
gerniß baö ben Slffeft unterbrüefen fönnte, fo wirb ße
aud) gur (frweefung beßelben auf eine birefte SBeife
beitragen, ^enn nämlicb ber Stebner ßcb in einem
foicben ^'reife non ®ebanfen, I8ilbern unb 3(nfpie(un«
Digilized by Google
155
gen bewegt, bie bem 3ut)örcr felbfl gemad)te grfa^«
ningen, unb Sluftritte woöon er felbjl 3e«sc »at,
iii6 @ebäd)tni0 jurücfmfen, fo muß bie 3lebe mit ge#
boppelter Äraft wirfen. 25enn baburd) wirb bie 3bec
nicf)t bloß feinem ©eijle anfc^aulid) gemacht, fonbem
inbem man ßc mit altem »ergefettfrfjaftet, roaö er
fetbß gebacf)t unb empfunben l)at, nimmt man fein
ganjeö innere in Stnfpmdj, unb erroccft barin eben
jene ©dbntng, jene^ Stufbraufen, bad wir Slffeft nen«
neu. aiiancber Slu^brucf mag für ben ©ebanfen paf#
fenb, unb bem 3ul)örer Perßönblicl) fepn; eß giebt
aber uielleid)t noct) einen anbern, woburd) i^mplb^«
lid) eine inö Snnfel Perfunfenc SRegion feinet ©emü«
tl)ed ftar wirb, unb ber wenigßcnö einige »on ben
mannigfaltigen gäben anfcßlägt, worauf bad ©ewebe
feiner ©mpßnbungen beße^t; ben lc|teren fott ber Sieb#
ner ju ßnben wißen; unb er wirb baju, burd) bod
»on wahrem SBo^twollen geleitete ©tubium feiner 3u#
l)6rer in ©tanb gefegt. 3&9C er einer folcßen (Sin#
fleibung eine anbere ©arßellungöart »or, bie i^m bc#
guemer unb betjaglicßer iß, fo wäre bie^ ein egoißi#
fd)e^ Sßerfa^ren, baö ßd) burd) bie Unwirffamfeit ber
Siebe beßrafcn würbe. 3Bie ßarf aber ber (Sinbrurf-
fep, ber burd) baö weife SSetm^en ber beim 3u^örer
fd)on »orbanbenen (Smpßnbungen l)ci^borgebrad)t wer#
ized by Google
156
ben fon«, bad jcigt ftd) bei &eiegent}eit^rebcn. ©prid)t
ein ^rebiger bei Eröffnung einc^ g^ribjuge^, bei einem
©iege^# ober ^eubenfcfle, fo fonn er i)icr mit große«
rer ©idjerljeit ate bei ben gctt)öl)nlicben aSorträgen,
wo bie aSer^öItniflc nicf)t fo bejlimmt gegeben finb,
gewijfe l)errf(f)enbe Sinfidjten unb 9J?einungcn, gemiffe
Hoffnungen unb SBefurditungen, gemiffe ©efitble ber
greube, ber Donfbarfeit, beim 3«börer »orauöfe^en;
unb wenn er nur mit einiger SOBeiÄ^eit alle biefe »er«
fc^iebenen ©trollen in ben SSremtpunft feiner 3bec ju«
fommenjuleiten toeiß, fo mirb er biefe gu einem fe^r
^o^en ®rab beö Siffefte^ erbeben fbnnen. H^^auö
erflärt e^ ffeb fluef), we^boff* SBirhing ber gefl«
prebigten immer größer ift, afö bie ber gemöbnlicben
fonntägficben Sieben. 3» ben erfleren bringt nämiid)
ber 3ubover, fo »erbilbet er auct) fe9n mag, boct)
immer nodj einige religiöfe ©efinnungen mit, an bie
ficb ber SHebner fet|r leidjt anfebfießen fann.
3u biefer Slngemcffenbeit gehört aber and), baß
ber SJtebner (id)jtie in Sluöbrücfen, Sföenbungen unb
aSiibem über bie ©pratbe be^ gebübeten Umgang^
erbebe, felbfl »or einem foid)en Siubitorium, >»eld)cö
einem böb^fc” ©d)t»unge folgen, unb erquifftere SÄe«
benöarten »erfteben würbe. 3d) muß bieö wegen Der«
fenigen erinnern, we(d)e burd) poetifeben ©cbmuef.
Digitized by Google
157
turd) ®orte, bie fic auö bem ©toubc »ergangener
3a^rl)unbcrte ^eröorfudjen, unb burd) Äcnflruftionen
bie ber reinen ^lofa frentb finb, iljren SBorträgen
eine befonbere SBürbe unb Äraft $u geben glauben.
55ie^ i|l aber immer nur eiu falter ^runf ebne Äraft,
wenn Äraft nämiid), wie id) behaupte, nid)fö anbc:»
reö bebeuten fann, alö bie Sßirffamfeit ber Diebe jur
Erregung be^ Stffeftc^. 3tn Drange beö tl)ätigen ?e#
benö, bei bcrjjerreijfenben Ungiücföfdilen, in ben flU#
len ©tunben ber SSetradjtung, fiwa ber 3«*=’
bbrer f«d) unb Sinberen feine ©ebanfen unb ©cfubic
in einer büberreicben ©pracbe, unb in unbefannten
SBenbungen »orgetragen? ©ewiß nidjt. 25er
brurf, ber fed) »on felb|l ju ben jlißen SÄegungen un#
fere^ ©emütbeö gefeßt, wenn fic »or baö JSewußti*
fepn treten, iß immer eben fo ebel afö einfad); wiß
ber Oiebner atfo in unfer innere^ Seben einbringen,
unb bie ©puren »ergeffener ©ebanfen unb ©mpßn#
bungen wieber erneuen, wiß er un^ wirflid) auf p re#
d)Crt, fo muß er ßd) eben ber befannten unb gebräud)#
ließen 2Öorte bebienen, worin wir mit unß fclbß ju
reben gewohnt ßnb. 3ebrr frembe Slu^brucf, ja jebe
ungewöhnliche SBBcnbung reißt unö auö unö felbß
auö, anßatt unö in unö felbß jurüefjufuhren; unb
ber »ießeießt fd)on jum fließen gebrachte ©trom ber
Digiiized by Google
158 _
inneren ^amtonieen brid)t fi(f> pI5$Iid) unb jerfKebt
an fcld)em imerwartcten ^inbemiß. Sluctj gefeilt ffcb
ju biefer Störung ber Unwille gegen einen üJJann,
ber fid) mit einem Sd)mucf tönenber SHcbenöarten,
bie am @nbc borf> nidjt fo fdjwer jufammenjubringen
ffnb^ nmgiebt/ onflatt ju feinem^ wie }u meinem^
mal)ren SSortbeil meine gcwöbnlidje ©pradje mit mir
JU fpred)en. Diejenigen fel)r feltenen galle, »o man
^r einen ungett>ö^nlid)en @ebanlen aud) einen unge«
tt)öt)nlid)en Sluöbrurf tt)äl)It, finb l)ier natürlid) auö#
genommen; aber oijnc eine ganj befonberc 2(bjTd)t,
fid) audj nur bie geringjtc (Sntfernung »on ber ge#
bräudjiicben Sprache ju erlauben, fd)cint mir immer
etroaö Unangemeffene^, 3n>ccfwibrigeö, worauf, nad)
meiner 9lnjTd)t, ein fittlidjer Xabel fallen muf.
Der ©ebraud) ber IBibelfpradje ifl bei biefer SSHp
bittigung natürlicher 9Beife nidjt gemeint; bielmehr
möchte ich bic hflew 3Inwenbung ber Sluöbritcfe unb*
S3ilber ber h«Ii 9 «n Schriften, wenn ffe nur nicht jur
güUung eine^ leeren Staumeö h^rbeigejogen, fonbem
mit ^Beibehaltung ihrer ganjen SBürbe unb Äraft in
ben Sortrag öerfchmoljen werben, alö ein h®thR
gemejfcneö, unb jur Erregung bcö Slffeftcö höchjl wirf#
fameö SKittel allen geifHichen Dlebnem anempfehlen.
2llö ein hö<hll angemeffeneö: benn bie SSibelfprache
Digitized by Google
159
faim «iemafö »croften, »eil (le für bic mannigfaltigen
3u|lönbc tiei hebend uiib be^ @emütl)eö fo öictc l)öcf)(l
bebeutfamc Sluöbrücfe barbictet, non benen mand)c fo^
gar afö fprid)»brtlid)c SKcbcnÄarten in ber @prad)c
bc^ gewöhnfitben Umgongö »orfommen; unb fo »er«
nacbläfjtget bie rctigibfe Gfrjicbung unb baÄ ?efen ber
%ibe( auch fepu mag^ fo (ann man bod) mitSicberi*
beit barauf rechnen, ber 3u^örer im SHlgemeinen,
»erbe einen (Sebanfen »eit eher im bibtifeben, ald im
@e»anbe »erfleben. 25ie gro^e Äraft
ber Sibelfpracbe gur (Erregung be^ Slfcfteö bejiebf
aber oorjügiid) barin, ba§ in ibr, ber Stu^bruef für
ben S3er(laiib unb ber Stuöbruef für ba^ Oefübi, nicht
gefebieben wie in menfcbKcben Darflellungen, fonbern
immer einer unb berfelbe ift; bie Silber, welche fte
fo häufig gebraucht, »erbinben mit ber Oenauigfeit
einer abflraften ^Terminologie, ben SBortbeil, bie 3bee
in ba^ @e»ebe menfcblicber SBerbältniffe ju »erfegen,
unb (Te mit allen SSorflcßungen ju befleiben, bie auf
baö ÖJemütb »irfen fönnen. ©ie ffnb ein ?id)t unb
ÜBörme »erbinbenber ©trahl, ber auö bem @ei(l in
bad ^erj übergebt: unb »ie follte ber nicht ben gan#
jen «JRenfehen entjünben? 3|l ei nun noch, boch
gewiß öftere, ber baß ein biblifcher ©prud),
bei ber erßen Sefanntfehaft mit bemfelben, ober bei
Digitizod by Google
160
fpätercn SSeranfaffungen^ eine ganje lReit)e frommer
Smpjtnbungcn gcmecft l)Ot, fo fami t>er StcbHcr, in#
bem er tt)n paffenb ermähnt^ ben fd)on fo oft bamit
»erbuubenen Slffeft, aufö 9Jeue beroorrufcn, unb gum
SSortbcil feiner 3bec anmenbcn. 2)iefcö großen @e»
mimtet megen, mürbe td) eö geratljen finben, bie Söi#
belfprad)c oud) bann ju reben, wenn man aucf) nid)t
üorauÄfe$en barf, baß ber 3u^örer mit iljr bctannt
fe9^ unb baß ße jematö gur @rwe(fung feinet inneren
gebend beigetragen l)abe; benn eben burd) i^rcn ofte#
ren ©ebraud) wirb biefe genauere S3efonntfd)aft, unb
biefer ©inßuß auf baö ©emüt^, nad) unb nad) be<
wirft werben.
ÜBaö nun aber ben Slebner »cri)inbert, in bie
SSorßeUungen feiner 3uf?orer eingugeljn, il)re eigene
®prad)c mit ihnen ju reben, unb burd) bie Singe#
meffenheit feiner ®arßeliung ben Siffeft ju erregen —
baö ßnb wieberum nur moraüfd)e @ebred)cn. SSor#
nehmiid) iß ei jene felbßgefäUige ©itelfcit, bie nur
ben ©enuß begehrt, ßd) bequem unb gemüthüeh
jufprechen, unb bie fd)Wicrige unb oft gewaitfame Sin#
ßreitgung furchtet, weiche erforberüch iß, auö ßd)
feibß herauf, unb in eine onbere 3nbi»ibuaütat hin#
über gu gehn. Siuö biefer Schwäche entßehcn in ber
geißiiehen S3crebfamfeit bie ioefer gearbeiteten, blumen#
rei#
Digitized by Google
• /
^161 _
md)en Sieben, bic j»ar, ba fTc baju geeignet ftnb
bie ^t)antajie be^ 3«b6rer^ ju erregen, oft ein cn#
t^ufTafh'fdjeö Sob einernten; — wie benn über^ainrt
bie SOienfeben, bureb iiive eigene Sitelfeit gebfenbet,
bie ber 21nberen feiten fo rrriirbigen, unb fo beltrafen,
wie (ce ei »erbiente; — beren müßiget ©ebanfen#
unb Sßifber# Spiet ober nur froftfofe ?ecre, unb nie#
nwW einen ebfen, ju großen ©ntfebiießungen treiben*
ben Sifeft berr? erbringen fonn. 3w>citen^ giebt eö oueb
eine gewijfe Sebeu t)or bem ^ponbeln, bie ffcb fetbfl
bei ebien unb jorten ©eurutbem ftnben fonn, unb
welche ffe ücrbinbert iii bic ®erbdltni(fe ihrer 3ul)6rer
einjugebn, ihr ^erj mit fefter ^onb ju ergreifen, unb
fo ihrer 2>orjieItung jene Slfeft erregenbe Slngemejfen*
heit ju geben. 3Bo ein Siebner gon; in bteSbec rjer#
finft, unb biefc mit großer Sorgfalt entwicfelt, bie
SBcrhältnijfc ober, worin ffe thdtig werben füll, nur
obenbin unb im SUlgemeinen berührt, um jo nirgenb
onjufiogen unb 9iieinnnbi3U'bcleibigen,.ba fonn man
jene .eben bcjcicbnete Stbcu mit Sicberheit rrorou^*
feben. @bcn ben morolffdren Xobcl, wo nicht einen
größeren »erbient, unb cbcn'fo'entfröftcnb wirft 'auf
bic Sarücllung, brittenö, eine olljugroge .Eingebung
beg Stebnerö, wenn er mit Verleugnung feiner 5bee
unb feiner ^erfbnlicbfcit, fleh nur mit ben Vcrbält#
II
' '.)/ Cioo^Ic
162
nijfen unb 97etgungen f«ner Subörer befcbafh'gt, um
ihnen ctwa^ ^affenbeö, ffiobltbuenbe^ ju fagen; bie^
i(l niebriger (fb^d^i}/ noch nergänglid)em unb
nid)t nad) bem mähten bauernben 9iubm fbrebt^ bte
9J?enfd)en ju »erebeln; ein Siebnet, me(d)et babutd)
getrieben mitb, läßt feinen Bubötet oft in obrnnäd)#
tige Siüt)tung babinfd)me(jen, abet nie mitb et in ihm
einen mähten 3(ffeft entjünben, ba bet ©ttobl bet
Bbee, mobutd) bie€ einjig ju etteicben mäte, niemals
bie ihn umgebenben ^üKen butd)brid)t. .@o mäten
hiet alfo btei Slbmege bejeid)net: baö SSetfinfen in
fid) felbfl, ba^ SSetftnfen in bie 3bec, ba^ SSetfinfen
in bie Setböftniffe bet Bubötet; mo eine tbetorifdje
DatfieHung nad) einet biefet btei ©eiten bin, ein
entfebiebene« Uebetgemid)t bat, bo ifl (le unangemef#
fen unb ftafdo^. Um OöUig angemefen }u fpted)en,
mütbe alfo bet Siebnet biefe btei »erfd)iebeneu Sin#
fptiube, bie feine ^etjonlicbfeit, bie 3bee unb bie Set#
bältnijfe feinet Bubbtet an ibn machen, fo jufammen#
jufaffen, ju beteinigen unb ju bermitteln b®btn, baß
eine jebe biefet ^otbetungen befriebigt mütbe, ohne
baß bie anbeten etmaÄ babei betlöten ; unb e^ ifl bieÄ
meitet nidjW, aW ma^ jum mabtbaft tugenbbaften
ipanbeln gefotbert mitb, ju melcbem ein fottmäbten#
be^ flateö Semußtfepn unferet ^erfönlicbftit, bet 3bee
Digitized by Google
163
wottod), unb bcr S3crl»öltntffe worin wir banbcln, eine
iuifrlaglid)c SScbingung tfl. 3«f ?öfung bicfer Sluf#
gäbe gehört eine überaus große ß^arafterfraft, im
rbetorifeben, fo wie im f(ttlid)ctt iponbeln überhaupt,
unb wie fel)r beibe^ einerlei fep, jeigt ftd) auch barin,
baß bie Sieben, bie in bicfer 3lü(fß(bt ganj »ortreff«
lid) ßnb, fo wie wahrhaft tugenbhaftc ^anblungcn,
ßd) burd) feinen äußeren ®tanj unb 0d)immer au^
jeid)ncn; benn bift/ »o brei »erfebiebene Elemente
»crfcbmoljen ßnb, »erßießen ibre färben in einanber;
babingegen bie feblerbaften Sieben, eben weif barin
bad eine biefer ßfemente oon ben anbem abgefonbert
erfebeint, wenn ßc nur mit einigem Xafent gearbeitet
ßnb, gar leidet etwaö @d)immcmbc^ befommen, ba^
ber Unoerßänbigc bewunbert, baö aber weber ihn,
nod) fonß 3cntanb wahrhaft erwärmt.
Xsai größte ?ob, ohne ben minbeßen Xabef, »er«
bient in bicfer Siüdßd)t Dcmoßhencö, weif wobf nie
ein Siebner mit fo würbeoottcr Darßeffuttg feiner ^er#
fönfidjfeit, mit fo fitßtooffer ßntwirfefung feiner 3bee,
eine fo attumfaßenbe Siüdßcbt auf bie Serhäftniffe
»erbunben hat. Unb eben au^ ber fortwährenben Ser»
febmefjung bicfer brei SBcßanbtbcifc entßebt feine fraft»
öolfe, ergreifenbe ßinfaebbeit, bie »erforen gegangen
wäre , wenn ßcb baö gprifebe unb ba^
11 *
Digilized by Google
164
in feinen JRebfit jemafö toon bem SJeafen abgefonbert
bätfe. Dagegen »erbient Sicero fd)on in einem weit
geringeren @rabe afö ein ÜKufler ber Slngemeffenbeit
aufgefleUt ju »erben; nidjt afö ob er jemafö ffd) über
bie ^affungöfraft feiner 3ubbrer erhöbe, ober etwad
Unpaffenbeö, Slnjlößige^ üortrüge, fonbern »eil bei
ihm halb feine ^erfonlichfeit, halb feine 3bee, balb
bie Umflänbe ju fehr herbortreten, unb »on bem je#
beömal über»iegenbcn tiefer brei Elemente, bie bei#
ben anberen immer in ©chatten gefieUt »erben. 21ber
eben burch biefe f^ehler befommt er ein glänjenbere^
Kolorit alö Demofthene^, unb fann mit einem minber
mühfamen ^ineinarbeiten in bie SSerhältnijfe feiner
3eit, im Slllgemeinen ücrflanben »erben.
Dbne im minbefien ÜRafjUton mit Demoftheneö,
nocl) 5?ojTnet mit Sirero bergleichen jn »ollen, haben
fle hoch biefe Slebnlichfeit, ba^ ?Waf(Tllon »ie ber grie#
d)ifd)c 5)tebner, ohne fleh felb|l unb feine 3bec aufju#
geben, fid) baö ?eben feiner 3wbörer aufd genauejle
»ergegenwartigt; bahingegen JBoffüet, unb j»ar »ic
ich bermutbe, eineö »eniger lauteren ßharafterö »e#
gen, biefe le^te SÄucfficht fa|l ganj öemachläffTgt.
De^»egen »irb man »on SWafjTltcn bcgeijlert, unb
»ergibt ihn ju be»unbcm: baö fchönfie ?ob, ba^ bem
Slebner iju Dheir »erben fann; bahingegen S3opet
Digitized by Googlc
165
burd) feinen eri)abenflen retigiofen ©d)tt>ung, nur fnltc
SBetnunberung, ober bbcf)j}en6 ein jlttiicf) unnü$cö Sluf*
brflufen ber ^l)antaf[e erregen fann. 3Bcnn übrigen^
bic ^anjofen felbjl, fa|l immer 95opet über 5D?afjcl«
Ion fe^en, fo erhellt ^ierauö, mie au6 mandjen an?
bern Urtbeilen ihrer Äunfhidjter, n?ic wenig (Tc
wahrhoft SSortrejfliche, baö beff^en, ju erfennen
unb 3 U fd)ä^en wiffen.
33om @ef(hmacf.
ber @efd)marf eigentlich fet», barüber t(l man
eben fo uneinö, alö über bic ©teile, bie er in einer
Äunjltbeoric cinnebmen, unb über bic 9D?ittt>irfung, bic
ibm beim ^erborbringen unb IBeurtbeilen »on Äunfb*
probuften, »er|lattet roerben muffe. h<>t man in
neueren Seiten öerfud)t, ihn afö ein bcrtebrte^ ^rin<
cip, baÄ wir »on ben granjofen überfommen hätten,
ju »erbammen, unb alle^ (Jinffuffcö ju berauben; hoch
ba baÄ ^ublifum, fo febr e^ aud) angewiefen wor«
ben, nicht mit @efd)macf ju urtbeilen, bod) nicht auf#
bbrt bergleichcn gorberungen geltenb ju machen; ba
Digitized by Google
166
bcr @cfcf)macf juroeiten fogar btc Urtl)cilc feiner Sßer»
ö(t)ter unbewußter Sßeife feiten mag, fo fcf)eint ei,
baß er, um alfgemein anerJannt ju werben, nur im
redjten ?icf)te erfefjeinen, unb an bie recf)te ©teUe ge#
fe$t werben muffe, greilief) fann er in fofe^en Xf)eo#
rieen feinen ^fa§ ffnbcn, bie für bie Äunft feine an#
beren 9iegefn anerfennen wolfen, aW bie, weld)e bie
^bönfflffp ffet) bentt ©efe^maef wirb
ber ^l)antaffe, immer ffemb bleiben, wenn ße abgc#
fbnbert »on anberen ©eelenöermögen wirfet; aber
eben in biefer Sfbfonberung lag ber gefrier; benn wie
wäre ei möglid), baß bie Äunß, bie ben ganjen SDfen#
feßen ergreifen foU, nur feine ^t)antaffe allein, unb
ni(f)t aud) feine anberen Kräfte in Xl)ätigfeit fe$te?
Unb gefd)iel)t bieö, fo wirb audj bie et^ifeße Äraft,
jwar nid)t barin l)errfd)en, wie in ber 3ti)etorif, bod)
auf ben Slntrieb ber barin berrfdjenben ^^ontaffe ge#
wiß nid;t untf)ätig bleiben.
3n bem etl)ifd)en Vermögen nun möd)te itb bie
Quelle beö @efd)macf^ fud)en, unb behaupten er fep
nidjtö anberö afö bie, burd) baffelbe geleitete Sfuö#
wähl beö Slngemeffenen. SÄedjt eigentlich wäre er alfo
in ber SBerebfamfeit ju .ipaufe; ober »ielmebr, fein
®irfung^frei^ foU ffd) über baö ganje praftifche üe#
ben beö SDlenfd)en guöbet)nen, ba bie Sichtung für bie
Digitized by Google
167
(ftgentbütnlidjfrtt feiner ü)2ttmenfd)eit, unb für bie SSer«
l)äftniffe worin er jid) mit ihnen befinbet, i^n überall
begleiten foH. 3|l nun aber ber ©ef^moef ju einer
fitt(i(f)en @cwobnl)cit in feinem ganjett ^Betragen ge#
worben, fo begreife id) nicht, wie er ihn plo^Iich »er#
laffen fann, wenn er auä bem Greife feiner äuferen
Xhätigfeit in fleh felbfl jurüeffehrt, um bie 3been fei#
ner auäjubilben, unb wie er ntit ffch
felbjl eine ©pradje reben, unb fid) einer Darjiellungö«
art bebienen fönnc, bie er im Berhältniffe ju feinen
3Witmenfd)en fid) niemals erlauben würbe, ©er @e#
fd)macf, in bem angegebenen ©inne, foll fid) alfo
über bie ganje ^oefic erjlrecfen; bie 3been ber
tafie muffen burd) bie^ ÜWebhtm burchgeführt werben;
unb gefd)ieht eg, fo werben ffe an ?ebcnbigfeit, fo
wie bie ©arftellung an ^raft unb BoUenbung, nie
»erlieren, fonbem nur gewinnen, ©enn um fein 2ßcrf
ju einem lebenbigen ©anjen, ju einem SnWbibuum
ju machen, muß ihm ber Äünfllcr bie genaueften Be#
ftimmungen geben; unb bauon werben immer einige
fehlen, wenn nicht, außer ben übrigen Berl)ältniffen
worin eg entftanben i{l, auch bie fittlicheu, burd) bie
bafür bejeigte Sichtung, an ihm gu erfennen ffnb.
©od) bartn würbe fid) in biefer 5Äürffid)t bie Bereb#
famfeit »on ber ^oefie immer noch unterfcheiben, baß
Digilized by Google
168
m t>cr crjimn tlc ^2(udn>ab( beö ^ngetnejtenen von
bcr 2lbfid)ty 3Jffcft ju. erregen, begleitet ifij bat)inge«
gen ber @efd)macf bcö Siebter^ eine abjTd)tölo^ wir#
fenbe, fd)önc ©genfebaft ijt Slueb ber SWoneben on«
flöpi^c 2lu^brucf ©efebmaef, möchte fo unpaffenb
md)t fe 9 n, um ein fonbernbeö, auömdblcnbeö ^rineb)
ftnjubenten; wobei auch bieö jutreffen würbe, bag,
wie ber flnnlicbe ©efebmaef fld) bei »erfcbicbenen ^er«
fonen »erfebieben äugert, :fo auch ber gttlicbe in ber
Serebfomfeit unb ^oefte in »erfcbicbencn 3fitnltcrn
unb Sßerbdltniffen nicht biefelben Urrijcile fdHt; benn
obgleich bie Siegel immer biefelbe bleibt, fo wirb ge
boeb bureb bie Umgdnbe auf baö ^JDlannigfaltigge be*
^ (iimmt.
@edbfle6
i .
33on bem gntigen ^ortfebreiten.
Siaebbem wir bie grögeren Xl^eite, worein bie Siebe
jerfdllt, febon früher fernicn geternt hatten, haben wir
nun auch gefehen,' wie bie untergeorbneten SSorftcl#
lungen, wobureb bie Sbeen^ eutwicfelt werben, he#
febaffen fegn foUen. 2tber fowobl in betreff jener
Digitized by Google
169
größeren Xbcifc, all btefcr untcrgöorbnctcn SBorficI#
lungen, fragt el ftci) nun, burcf) »elcbd @efe^ i^re
Orbnung unb golgc beftimmt werbe. SEBir ftelten t)ier
bal @cfc^ bei (lätigen gortfcbreiteni auf, unb tja*
ben jubörbfrjl ju ytxQtn, baß biel ein etl)ifcf)cl ^rin#
ct> fe9.
9Itrf)t nur bte innere tnoraIifd)e (Jntwicfctung bd
ÜÄenfcfjen, foU, all ein ©trebcn nad) einer nie ju
crrcid)enben SSoIlfomraenbcit, ein beflänbigd gort«
fcbreiten fe^n; fonbem and), wenn er im t()dtigen ?e«
ben bie 2tulfü^rung einer et^ifd)en 3bee »erfolgt, fo
foU er unaulgcfe^t, unb ohne Unterlaß ßd) bem »or«
geßccften 3tflc J« itotjem fud)en. SSeßimmen il)n bie
im 2Bege ßebenben 6d)Wierigfeiten, feinen ^lan ganj
aufjugeben, ober Icnft il)n bie S5efd)äftigung mit 9ic«
benbingen fo »on bem eingefd)lagenen Üöege ab, baß
er nur fpät unb ebne Energie wieber barauf juriief«
febrt, fo wirb ibm mit 9led)t ein 5!Ranget an jenem
S0?utb, jener S5eßänbigfcit, jener ßböfaflcrfr^fl ®or«
geworfen, bie ein wefentlidjer SSeßanbtbeil ber Xu«
genbi iß. »3»«« fann er ßd) ,nid)t immer in gcraber
önic, wenu'id) fo fagen barf, unb mit gleid) gemef«
feuern Oebritte, feinem i3iele näbern; er wirb juwei«
len laitgfamer fortfd)reiten, weil er bie ^inberniße,
bie ßcß.ibm entgegen ßellen, wegräumen, ober weil
5y Google
170
er ein Sßerf/ baS nid)t auf einmal gebeiljen fann,
langfam »orbereiten muß. 3l6er felbjl bei biefen oft
n>eitau6ge{)o(ten SSorbereitungen^ barf ba^ 3i(l nie
auö bcn Slugen »erloren werben, unb felbjl in ben
größten 2lbfd)Weifungen, muß baö Streben, babin ju
gefangen, unöerfennbar fetjn. 2)od) biefe^ gortfdjrei«
ten fefbß, erhält nur feine aSottenbung burd) We barin
berrfcbcnbe ©tätigfeit, b. burcß bie leidste S8er#
' fdjmeljung unb SSerbinbung ber ^anbfungen, fo baß
eine jeglicbe, wie ße üon ber »or^erget)enben uorbe#
reitet unb »eranfaßt warb, aud) wieberum ber nad)#
fofgenben jur aSorbereitung unb aSeranfaffung biene.
^el)ft biefe^ wefentlid)e Srforbemiß, unb wirb eine
Xbätigfeit nur ftmmg# unb rurfweife unternommen,
fo fonnen barauö jwar einjefne fd)6ne ÜRomentc, aber
nie ein wol)fgeorbneteö etbifd)e^ ?eben entßel)en.
3tuö ber ©ittenfel)re aifo entlehnen wir bad @efe$
bcö ßätigen gortfdjreiten^ ; benn in ihr iß e^ notb«
wenbig unb wefentfid); nid)t au6 ber pt)irofopt)ifd)en
unb poctifd)en ^arßeUung^funß, in wetcßen nur
unter »iefen @infd)ränfungen angetrofen, ja oft burd)
ba^ entgegengefe^tc ^rincip »erbrängt wirb. 25enn
beö Did)terÄ wie beö ©cnfer^ üljätigfeit, iß burcb
bad aScßreben i^re ©cßopfung abjurunben, in ßd)
felbß jurücffebrenb, unb Pon einer 5Ru^e begleitet, bie
Digitized by Google
171
ffd) auf baS SBewugtfe^n ber «DiögKdjfcit grünbet,
ihre 3 bec uollfommen barjufleUcn. 25aÄ etl)ifct)c 33c<
(heben bingfge«/ IBewußtfetjn, baß e^ baÄ
3 bea( feiner SSottfommenbeit nientaW erreteben, ja md),
felbjl eine einzelne 3bee ntemaW »ottenbet in ber SßBirl»
Iid)feit barftelTen fann, foll ffd) niemaW ber 5Rube über#
(affen, fonbern mit fortbauembem @ifer, obgleid) mit
Sefonnenbeit, »on jeber beenbigten Xbätigfeit fogleit^
}u einer neuen forteilen. Unb wenn ficü bad @efe§
be^ (tätigen $ortfd)reitenö in gemiffen poetifd)en ®at#
tungen, 3 . S3. im X)rama, mieberfänbe, fo müßte man,
nid}t glauben, bie Slbchrif habe ed uon bemfe(ben
erborgt, fonbern »ielmebr ße habe e^ iljm geliehen,
benn baö Srama iß bie DarßeUung oon ber etbifeben
Slbätigfeit ber ÜKenfdjen, unb muß aifo oom (Sbaraf#
ter berfetben etmaö beibebalten.
9ßie ßct) nun a(fo bie ^anblungen in einer »oü#
fommenen ßttlicben Xbätigfeit an einanber reiben, fo
aud) foKen in ber 5Rebe, bie etbifeßen 3 been, unb bie
angemeßenen (BorßeUungen, meicbe ße entn>icfe(n, an#
georbnet fepn. ©0 unaufba(tfam unb reißenb iß bad
gortfebreiten bed »abrbaften SßebnerÄ, baß er jeben
©ebanfen, jebe^ iffiort, baö ib«i nidjt näher jum 3 ie(c
führt, a(Ä eine ©ebwaebbeit, einen gehler, ja alö
eine ©ünbe »erabfebeut unb »on ßd) wirft. 3 ß ei
Digitized by Google
172
nbt^ig bcn 3ul)örer »on Sfiebenfadjcn ju belehren, bie
auf feine @ntfd)Keßung @influf ^aben fbnnten, feine
gercijtc ®mpfrnbli(f)feit ju befänfrtgen, einem (5üm>urf
»erjubeugcrt, fo ^emmt er eine Schlang bie ©ebnet#
ligfeit feineb ©angeb, botf> nur um bi^9)?itte^ ju ge#
minnen, fogleid) mit befto größerer (5Uc fortfebreiten
JU fönnen; ja juweilcn tönntc cb febeiuen, alb febmeife
er üon feinem SOBege ab; boeb in feinem 2lbf(btt)eifcn
felbfl ift fictb bie SJiiebtung nad) feinem 3icle fiebtbar,
unb eb jeigt ficb auch batb, baß er nur einen jRicbt#
fteig behrat, um befto fcbnelter babin ju gelangen.
Unb in biefer balb b^ftigen, balb fanften S3emegung,
reibt fid) ungejmungen SSorfteQung an tBorfteUung, fo
baß oon ber erften bib ju ber lebten eine nie unter#
broebene Äette fortlduft,, in mcicbcr, »eber für ben
SScrflanb nod) für bab ©cfübt, bie minbefic Sücfe ju
entbcefen ift.
ferner feibet eb nun aber roobf feinen 3»«fcf/
baß bureb bie Slnmenbung biefcb etbifeben ^rincipb
auf bie rbetorifebe 2)arflettung , ibr ^auptjmecf, bie
Äeroorbringung beb Sffetteb, erreicht mcrbc. 5fi?enn
ffcb bie 9Renfcbcn für eine loirfficb große unb fdiöne
3bee nicht begeiftern, fo fann bieb nur barin liegen,
baß ßc biefelbe nicht iu allen ihren Söejiebungen auf
©lüd, Xugenb unb *J>ßicbt betrachten, ober ßcb ju
Digitized by Google
173
fcl)r bitrcf) bic ctnjefncn ©d^wierigfcttcn in bcr
fübrung nieberfchfagen raffen. 3Berben nun aber aUe
ihre ctnjc(nen SOicmcnte nnb Sejtebungen narf) ei'nan#
ber in fcftneUcm ^ortfcbreitcn tl)reni ®etpc »orübcrge«
füljrt, fo ba§ jTc nUcö, n>aö fcc ©rogcö, ©rbabcncg,
©egen^mcbetS in ihren folgen bot, mit @inem Slicfe
umfaffen fonnen, fo ift eö unniöglid), boß fie flcf)
nicht bafiir erroärmen feilten; jebe neue SBorfiellung,
bie ihnen üom Stebner bargeboten wirb, ijl ein neuer
©tacbel, ber fte jur Sluöfübrung antreibt. 3« 9lei=
eher 3fil Wirb baö burch bie ®orflelIung ber ©chwie«
rigfeiten unb I^tinberniffe niebergebrürfte unb gebeugte
©einüfh, burd) bie S3efeitigung feiner 3 weifet, wie
»on einer iöürbe befreit, fo bag e^ ffch nicht mehr
felbfl ängfllich jurudb^^^ fonbern ffch ber (Sinwirfung,
bie e^ empfängt, gern unb frei überlaffen fann. 35a»
mit aber biefe SBärme, welche anfängt baö ©emiith
jn beleben, nie erfafte, fonbern ffch immer junehmenb
verbreite, t(l e€ nothwenbig, baß bieö jortfehreiten
be^ Stebnerö ouch ftätig fep. ©inb bic ©ebanten nicht
genau öerfettet, fo boß ber ffierßanb einen 3D?ongcI
an 3«faötmenhang barin bemerft; wirb e^ bem ©c#
miithe fchwer, »on einer fdjon erregten ©mpßnbung
SU einer anbern, ober »on einem ©efuhl ju einer ba#
mit nicht öerwanbten ^Betrachtung itbersugehn, fo ent»
Digitized by Google
174
im «ne Sieffcxion, nicf)t über bic 3bee,
fonbern über beit Slebner; unb bie SßBirfung biefer 9?e»
ilen'on tfl fo erfaltenb/ baß aUe berettö t>ieUeid)t fd)on
bert)or 9 ebrad)te ^CBürme auf einmal »erfliegt, unb bie
Slrbeit be^ Diebuerö wieber öon »orn beginnen muß.
dahingegen bei einem flätigen ^ortfdireiten, bie 9Bir«
hing be4 g^olgenben burcb ba4 S5orbergef)enbc, unb
bie be4 SSorbergebenben burd) bie be4 gcigenben »er«
ßärft unb begünfh'gt mirb *).
@0 märe eö alfo, mie mir un^ fcbmeicbeln, er«
miefen, baß burcb bieö ®efc$ beö flätigen Jortfcbrei«
ten4, melcf)eÄ etbifdjer Slbflammung ifi, aurf) ber
^auptjmecf ber rbetorifdten darßettung, bie @rre«
gung bc4 3(jfefte6, erreicht merbe. Um eine genauere
üinfidjt in bie Sfnmenbung unb ben Umfang bicfe4
®efe$e^ ju erlangen, bemerfe man noch S^olgenbeö:
9Ba4 juerß baö in ber D^ebe notbmenbigc g^ort«
fchreiten betrifft, fo geßattet bieö alterbingg baö @r«
jäbien, fchließt aber baö SBefchreiben gänjlich auö.
3n ber @rjäblung nämlich folgen bie »erfchiebenen
^eßanbtheile eine^ ®egenßanbe4 aufeinanber, unb bo«
•) 0ieö Sicero ju meinen, wenn er fa^t: Deindein-
vt'nt.i, non soliim ordinc, sed eliam raomento quodam
niqiie judiclo dispensare atque componcre. De Oral. I. 31.
Digiiized by Google
175
burd) »trb ba^ gortfdjm'ten md)t geljcmmt; in ber
S3cfd)reibung Ijingegen (leben biefe »^djiebenen 35e#
(lanbtbeile nebeneinanber^ unb btlben ein rubenbeä &et
mälbe^ woburd) bie rafd)e Bewegung ber Diebe auf*
gehalten wirb, ginbet (Id) ba()er ein SHebner, wie
bie^ fel)r oft ber gall i(l, bewogen, entwebcr ben
(§barafter einer ^erfon, ober bie Sage ber ®ingc in
ber 9ßirf(id)feit f(bilbem, fo foll er nie, Weber bie
»erfd)iebenen @igenfd)aften einer ^erfon, nod) bie »er#
fd)iebenen SOlerfmale ber Dinge, nebeneinanber auf#
jä()(enb l)in(lellen, fonbcrn er foK einen bi(lorifd)en
gaben finben, woran feine Dar(lellung, gleid) einer
(Td) nad) unb nad) entwide(nben @efd)id)te, herunter
(aufe. Die^ i(l ungemein fd)Wer, weil man ju bie#
fern ($nbe oft ber S3or(lellung @ewa(t anthun, unb
bie @egen(länbe, bie (Te aK ein ruhenbe^ ®anje auf#
gefaßt hatte unb betrachtete, au^ biefer gorm herauf
unb in eine anbere hineinjiehen muß. Doch bieä SSer#
fahren i(i burchauö nothwenbig; ohne baffelbe berfäUt
ber Dlebner au^ ber rhetorifchen Dar(lcllung in bie
poetifche, unb gönnt ßch felbft unb feinen 3whörem
eine allen 2l(feft auflöfenbe Dtuhe. Die @d)ilbcrun#
gen in beu Dieben ber ^Iten ßnb burchauö nach bie#
fern ^rincip gearbeitet; ße ßnb immer erjählenb, nie
befchreibenb; baö 6d)leppenbe in ber mobernen Dlhe#
Digitized by Google
176
torif fommt großen Xhcifö bal)er, baf? cö flcf) in ihr
fa(l immer umgefebrt öcrbalt
@cfe$ bcö ^ortfdjreitenä' beflimmt aber auch
ben Umfang ber @ntn>icfelung eineö jeben einjclnen
©ebanfen^, ber in ber rbetorifc^en 9?eil)c »orfommt.
?0?an barf nämfid) feinen, auf Unfällen ber anbem,
fo ouÄbebnen unb berauötreten laffen, baß babnrd) ein
©tiilflanb öerurfadjt werbe. Die ®d)wierigfeit mam
d)er ©ebanfen, wcidje ©ntwicfelungen, ©rflärungen,
JBeweife erforbern, fann oft gu biefem gel)ter öcr#
feiten, ©aber wirb ber wahrhafte Stebner feinen SSor#
trag lieber auö fofeßen ©ebanfen gnfammenfe^en, bic
nur au^gefprodjen, nid)t erffdrt unb bewiefen wer«
ben muffen. ®cf)on baß ifl, genau genommen, ein
g^cl)fer, benfefben ©ebanfen mit »erfebiebenen 9Bor»
ten, baß erjle 50?al unbeutlicb, baß gweite 5Raf erffd#
renb ober umfebreibenb außjubriicfen; benn baß ©&=
feo beß gortfebreitenß ftrenge bcobarf)tet, erforbert,
baß bie ©ntwicfefnng ber ©ebanfen mit jebem neuen
®a^e fortfd)reite; man muß alfo gfeid)- ben bcutficb«
ften, fräftigßen Slußbruef ju ßnbeu wiffen, unb ßd)
bamit ein für alle ÜÄaf begnügen, j
• aSon ben in ber SSerebfamfeit oft notbwenbigen
Seweifen, fdjeint eß »ielfeidjt, ofß müßten ße ben
rafeßen ©ang ber 3icbc aufbaften, unb ihr eben jene
fang«
Digitized by Google
177
fangfamc, in ficfj feI6(l jiiröcfge^cnbc 95ch)cgung, tt)elcf)c
ber ^büofoplHc «gen i(t, mittbrileii. ®od) wirb bieö
nicht bcr goU fepn, fobaib nur biefc Seweifc nach
bcnen im erficn S3ucf)c aufgejlcttten altgcmeinen @runb#
fä$cit geführt werben. ÜßiU ber 5Hebner bie 3Kög# .
lichfeit einer Sache barthun, fo gefchiel)t bieö burch
Vorlegung eineö ^faneö, burch Sfnfübrung eine^ 53ei#
fpielg, welches jeigt, baß in einer ähnlichen i*age
fchon baS Stebnlichc gefcheben fep; wilt er bie ®irf#
lichfeit eines gaftumS erweifen, fo führt er3ewgniffe
an, unb prüft ihre ©ültigfeit: hierbei wirb 3It(cS burch
baS SBor^eigen beS SÄeafen, burch bloßeS Stnfchaun
auSgcmacht, unb eS bebarf feiner langfamcn SBerfet#
tung abßrafter @ä$e. Diefe i(l felbfl ba nicht nöthig,
wo etwas als Sßahrheit bargethan werben foU; in
biefem gatte beruft (Ich ber Stebner auf eine attgemein
anerfanntc Slutorität, beren Gewicht fogfctch entfehei«
bet; ober er wenbet fich an bie öffentliche ÜWeinung,
bie bei einer anbern ©eiegenbeit fchon ber Wahrheit
gemäß entfehieben h«i/ er jeigt feinem 3uhörer
burch ein furjeS unb faßliches @nthpmema, baß er,
ohne mit ßch felbft in SEBiberfpruch ju gerathen, bei
bem pot/liegenben gatte unmöglich anberS urtbeilen,
anberS entfeßeiben fönne. 2luf biefe 2lrt bilbet 25e#
moflbeneS feine furchtbaren enthpmematifchen Schluß»
12
t
Digitized by Google
178
reiben, bie fo wenig bem ^ortfcf)teiten ber Diebe bin«
berlid) (inb, baß fie »ieimebr mit ber Äraft nnb ber
©djnelligfeit beö ®Ii^eg »erglicben werben lönnen.
Oft jtnbet e^ (Id), baß ein ©ebanfe, an einer
©teile, öon welcher ibn' bie logifebe Orbnung nicht
»erbrängen würbe, eine retarbirenbe ©cbwere äußert,
unb bie ©tätigfeit ber rbetorifd)en Dleibe unterbricht,
inbem er weber burch baö SSorbergebenbe gehörig »or*
bereitet, noch baö ^^olgenbe hinlänglich »orjubereiten
fcheint. liefen Uebelßanb }u »ermeiben, unb einen
jeben ©ebanfen fo ju jlellen, baß er ben ©chwung
ber Diebe nicht nur nicht aufbalte, fonbern beforbere,
bieö ift eine ber fchwierigften Slufgaben in ber löereb«
fomfeit; hoch läßt ße ßch, wie e^ unö fcheint, burch
bie »on unö aufgcßellten ^rincipien löfen. 3« bie«
fern @nbe muß mon eine Dlongorbnung ber rbetori«
fchen 3bcen anerfennen. ©inb auch ^ßieht, Xugenb
unb ©lücf einanber an äßürbe gleich, fo ßnb eö boch
nicht bie brei »erfchiebenen formen, unter benen ße
ßch barßetten. ®ie erße unter biefen iß bie rcligiöfe,
alöbann folgt bie etbifche, unb enblich bie politifcße.
Unter biefen ßeben wieberum 3Babrbeit, «Diöglichfeit
unb ffiirflichfeit, in ber bwr angegebenen Orbnung.
Dletarbirenb, unb ben ßätigen g^luß ber Diebe bem«
menb, iß nun aber jebe abgefonberte @ntwicfelung
Digilized by Google
179
ewfr untergcorbneten 3bec, wenn bad baju @cl)b#
reiibe |Tct) mit einer l)öl)eren 3bee »erfcf)me4en, unb
an öerfd)iebenen fünften in bie ©ntwiefeiung bVrfel#
ben öermeben ließ. 2ßir nehmen an, baß ein firch#
lieber 9?ebner nach ben Sbeen 9Bahrheit unb SBirf»
lid)feit fpreche, j. S5. baß er bie S3egebenheiten feiner
3eit auö einem retigiöfen @eßd)t^punfte barßeßen
»olle: mit (Sntwicfelung ber ÜBahrheit anhebenb, »irb
er nur, »enn er hierin an einen paffenben Srt ge#
langt ift, einen S3licf auf bie 9Birflicf)feit werfen bür#
fen: bie ©d)ilberung biefer le^teren, wenn er bamit
anhübe, ober ihr eine »on ber ®ahrheit unabhängige
@ntwicfelung gäbe, würbe ein ©tillfianb, unb fein
g^ortfebreiten fepn, unb ffd) Weber mit bem g^olgen#
ben, noch bem Slorhergehenben gut »erbinben laffen.
Senfelben fehler begeht ein 9?ebner öor ©eriebt
ober »or bem SSolf, wenn er bie höhpte 3bee ber
Pflicht unb ber Xugenb jur öorherrfebenben machen
fann, unb mit Sßemacbläfßgung berfelben, ficb in eine
boöon unabhängige Sntwicfelung beö bürgerlichen unb
pofitiuen SÄecbtö einläßt, welche^ er nur afö eine 3«^
gäbe jum (Srficren, unb alö eine SBcftätigung beffel#
ben hätte gebrauchen foßen. 5Wit aßer SSefebeiben#
beit, bie un^ Steueren bei ber Seurtheilung ber großen
3)hißer beö Jlltcrthum^ jufommt, wage ich e^, ben
12 *
Digitized by Google
180
2(cfcf)ine^ in feiner 9?ebc gegen ben Äte(Tpi)on, biefeö
leiteten geWerö ju jeil)en. 2)a fein Singriff anf beit
Semoflljeneg eigentlirf) nod) ber ^Ingenbibee gefdjal),
inbem er fein ?cben unb feinen ßbarafter al^ unwür«
big unb bnffen^irertb barfleßen wollte, fo n>or e^ ein
get)lgrif, fTcb, wie er cö tl)ut, gleid) im Slnfang fo
lange bei ben pofTtioen ©efe^en, woburd) feinem ®eg«
ner bie ii)m 3 ugebad)te Ärone geraubt werben fonntc,
aufju^alten. Sind) empftnbet man eö beim ?efen, wie
fd)wad) biefer ganje erfle Xl)cil feiner 5Äebe fep, unb
wie wenig baburd) ber folgenbe, wo er baö ?eben
beg 25emofH)eneö unterfud)t, »orbereitet werbe: ja eö
i(l jwifd)en biefen beiben Xbeilen eine Äluft ju be»
merfen, über weldje er feine 3u()örer nidjt, o^ne ihre
@emütl)er gänjlid) ab jufüblen, l)inüberfül)ren fonnte.
25aß ©emoflbened biefen ge^lgriff bemerft !)abe, fdjeint
mir au^ bem Umftanbe l)er»oriugel)n, baß er gleid)
im Eingänge feiner 5)iebe gegen bie gorberung feinet
©egnerö ^»rotejlirt, er folte in ber SBertbeibigung bem
felben ^lan befolgen, wie 3ener in berSlnflagc: weit
entfernt baöon, fiellt er oielme!)r bie ^iugenbibee, wo#
nad) er^fpreeben will, boranj'unb er(lnad)bem er
burd) 2>ar(tellung feinet ?eben6 , einen großen itbeil
ber iljm gemad)ten SSorwürfe wiberlegt bot, befd>öf#
tigt er fiel) mit ber Seurtbeilung ber pofftiöen ©efe^e.
Digilized by Google
181
bic bem Slntragc bcö Äteftpl)ou ungünftig ju fe^it fdjte«
nen: »cöl)alb and) »om Sfnfaitgc btcfer SRebc bi^ ju
ihrem (Jnbc fein ©tißjlanb ju bcmcrfen ifl, fonbern
ba^ @emitt{) in @iner 0pannung erholten/ unb »on
bem einen michtigen Moment unoufhoitfam ju bem
onbem fortgeriffen wirb.
@iner Diebe biefen flätigen gfuß ju geben, bied
i(t, unter »iefen fehwierigen Singen in ber S3erebfom#
feit, uielteicht boö ©(hmierigjte. ©o wie ber Sich«
ter, fo wirb ouch fein ©ebicht geboren; in einem fchö#
nen 5D?omente ber SSegeiflemng fleht e^, wie ein ge«
glieberte^ @onje »or ihm, unb ei ifl, wenigflend bem
Entwürfe noch, ohne weitere SDiühe öoKenbet. ©o
wie ober bie Sugenb Diiemonben angeboren ifl, fon«
bern nur burch eine lange Dieihe »on Slnflrengungen
errungen wirb, fo ifl auch bie Diebe, afö ein flttficheö
^robuft, nie in ihrem @ntflehen ooUfommen, fonbern
fte wirb eö nur burch auÄbauernb barauf »erwenbete
Slrbeit unb DKithe. Sa fo wie bie 3ßirffamfeit fefbfl
bcö tugcnbhafteflen ÜJlenfdjen, hoch nie gönjfich »oU«
fommen, b. h* nie bem @efe^e unb zugleich ben
SSerhöItniffen angemeffen fe^n fann, fo fiefle ftch bie
grage aufwerfen, ob eine Diebe, bie ja auch, nnch
meiner SSehauptung wenigflenß, ein fittficheö ipanbelu
ifl, »ollfommen fepn fönne: eine ^rage, bie ich »er«
Digitized by Google
182
netnenb bcontwortcit mbd)tc. ®d)on bic SJngemeffen«
l)fit ber S3or|lfHunflen, »oüpn im »origen Äapitel bie
SKebe mar, i(l eine nur burd) 5lnnäf)erung ju löfcnbc
Slufgabe; benn eb würbe, um il)r »oltfommen gu
genügen, ein wahrhaft göttliche^ Durd)fchnuen aller
Shflrftftfre unb SBerhältnijfe erforberlirf) feijn. Slber
and) bab (tätige gortfchreiten, afö bab gweite »on
unb aufgejleDte @efe$, fann in feiner SBoßfommenheit
wohl nur bem göttlichen ijanbeln in ber SEBeltregie^
rung eigen fepn, nie aber bem mcnfchlichen, welche^
nur immer ©tücfwerf bleibt. 2)och bem fep wie ihm
wolle; fo »iel ifl gewiß, unb h«ri« mir flehet
ein Seber um fo mehr beiflimmen, alb er felbft ein
befferer Dlebner ift, nie flnb im Entwurf ber Dtebe,
wie er ffd) guerfl bem ©eifle barfteUt, bie ©ebanlen
fd)on gu biefem (tätigen, fortfehreitenben Jluffe georb«
net, fonbern ffe muffen bagu »erarbeitet werben. 9Bie
fle ffd) guerff barbieten, ffnb ffe harte, (^röbe, »oit
einanber gefonberte Xheile; biefe muß ber @ei(t er«
greifen, unb ffe burd) ein unenblicffeb ^in# unb S)ex*
wälgen an einanber germalmen, btb ffd) burch biefe
ateibung bie ÜÄaffe entgünbet, unb wie ein glühenbeö
6rg bahinffrömt. 3n biefe Sluflöfung tauchen bie
heren 3been, unb bemächtigen ffd) ber ©ebanfen bie
gu ihnen gehören, welche je^t, ba ffe ffüfffg gewor«
Digitized by Googl
183
ben ffnb, bcr geheimen Äraft gehorchen, bic bad SBer*
wandte jum aSerwanbten jieht, fo ba^ ffc jid) nun
ate eine fefle Äette jufammenrethen.
SßefonberÄ beutfid) jeigt (Ich nun micberum ^tx,
xoai wir fd)on on mehreren Örten hemerft
bag nämlich ber Sharaftcr attein ben Stebner macht
^5nnte n>oh( ber gidnjenbflen ^hAntafie unb ber am
tiefflen forfchenben aSernunft eine folche äterarheitung
ber ©ebonfen gelingen, wenn fte nicht non ber^aft
beÄ UBiUend geleitet unb unterfliiht »erben? S3eibc,
^hontafie unb aSernunft, für fleh attein, jiehen ben
SRebner bon ber fcharfgejeichneten Sinie ah, worauf
er fleh fortbewegen fott, unb berleiten ihn ju unnithem
@tittflanb unb miigigem ^uöbiiben feiner aSorftettun#
gen. ©ie fönnen an ber 33earbeitung gtanjlofer, höchtt
einfacher, auö bem gewöhnlichen ^eben entlehnter aSor#
flettungen, burchauö fein 3nterejfe finben; fie ermü#
ben babei unb »erfuchen, ein unerfreuliche^ Oefchäft
mit einem genugreicheren ju oertaufchen, wenn fie
nicht »on einer anbern Äraft getrieben werben. Unb
bie^ ifl nicht etwa bie eitle ©ucht, »or einer aSerfamm#
lung ju glänjen; beim bie @itelfeit i(l einer folchen
Slnfirengung nicht fähig; ja ge fühlt fich gar nicht
einmal baju aufgeforbert, ba ju ihrer aSefriebigung
eine locfer gearbeitete Siebe, mit einigen glänjenben
Digitized by Google
184
©teilen, genügt. 2)enn fo ctwaö ifi ber 3uhörer gu
beurtl)eilen fä^ig; ntemafö aber, er fet) fo gcbUbet
olö er »oolle, wirb er einer fo tief licgcnbcn SSoEfom«
menl)cit, wie ber (tätige @d)tt)ung ber ©ebanfen i(l,
@ered)tigfeit »oiberfabrcn laffcn. @r fütjlt (Tct) nur
baburd) getroffen, wie »om SGBeben beö Icbenbigen
©eifleö, ohne bie Urfacb biefcr SBirfnng gu tcnnen,
unb eben »»eil fo »iel ©c^öneö unb 93ortrcffIid)e6 in
feinem ©emiitbe entfleljt, »ergibt er, baß ber SRebner
bortreflid) gefprodjen f)abc. Sener 25cmo|lbenifd)e
©tarrffnn, jener eifeme ffleiß, ber gur IBilbung ■ ber
rl)etorifd)en, (tätig fortfd}reitenben Sicibc erforberlid)
i(t, fann nur auö bem S3e(treben entfteben, bie ®emüi*
t^er mit großen 3been angufüllen, über rcelcbcn man
felbft »ergejfen werbe; feinem eigenen ©ewiffen gu ge«
nügen, unb ein guteö Unternebmen mit attem auögu«
(tatten, maß gu feinem Oelingcn beitragen fann: unb
»ad i(t ein fold)eg S3e(treben anberö, afö bie ßttliebc
^aft be^ fd)6n(ten Slu^bilbung
unb ®ürbe?
Digitized by Google
185
0tebented
33on btr Sebenbigteit.
SBir Ijatten im 2(itfange biefer ©djrift »crfud)t,
boÄ ^anbcln beö Dtebnerd in feinem @nt|lef)cn ju er«
0
greifen, wie eö jtd) unter Leitung gemiffer beftimmter
ffttlidjer 3been entfaltet. SBir ba^en ferner in bie#
fern jmeiten Suche bie Sefchafenbeit ber SorfleUurtgcn
femteu gelernt, mit benen ftch bie Sbee bed SÄebnerd
umgiebt, fo wie auch bie 9JegeI, nach welcher biefe
SJorflellungen unter einanber uerfettet »erben. Sc^t
benfen wir und fein .^anbeln, wie ed aud feinem 3n#
nern i« SOBorten bfröortritt, unb biw finben wir, bog
fein gortfehreiten in ber @ntwicfelung feiner 3bee unb'
bie baburch in bem 3«böffr b^®’^ 9 c^>ra(hte 9Birfung,
ouch fein Serbältnig gu bemfelben, ob ed gleich im
sillgemeinen bajfelbe bleibt, hoch jeben Slugenblicf in
einjelnen Umfiänben »erdnbert; unb wir forbem, bag
fein ^onbeln, ohne ©ehwonten im 9Befentlichen xmb
in ber Slbgcht, hoch burch einen bejldnbigen SOBech^
fei in ber ^orm bie öerfchiebenen Schwingungen fei«
ned Serbdltniffed begleite. 2)ied ig bad britte unb
le^te @efe§ ber rbetorifchen Sargellung. 5Bir nen?
nen ed bad @efe$ ber Uebenbigfeit. . ..
Digitized by Googlc
186
ÜDtc feie oorigen, fo tjl aud) bte^ @cfe^ ctl)if(^er
fJbfunft, unb ber pl)iIofopl)ifd)cn wie ber poetifcf)cn
J)ar(lettung gönjKd) fremb. 3« biefen betben ifolirt
fTci) ber ®etfl/ nnb ba er bte nicht hat/ feine
Umgebungen burch feine itbätigfeit }u ergreifen, fo
»erflattet er benfelben auch feinen (Sinfluf auf fid>.
Die ftet^ fleh gleich bteibenbe ?age unb Serfajfung,
morin er uom Einfang bid jum €nbe bed Serfö ’on*
harrt, erlaubt ihm baber, biefem lehteren eine fefle,
unab&nber(iche ^rm ju geben. Die fitttiche Xhotig«
fett hingegen mürbe burch ein fofehed 3fo(iren gänj^
(ich aufgehoben; fie t^ ein bejlänbiged ^ufnehmen
Äußerer ffiirfungen, unb ein eben fo beflänbige« 3«^
rücfmirfen; unb ba atte^ SJeußere ohne ©tillflanb hin
unb h^ fluthet, fo mu^ auch ber hanbelnbe Wenfeh
feine ©tettung gegen baffelbe mit jebem Stugenblicf
toeränbern. Die^ i(l fein Seugen be« SEBißeng unter
bie ®en>a(t ber UmflÜnbe^ fonbem bad einjige SBlitf
tel, ihm bie ^errfchaft barüber ju erwerben; ihr fletö
wechfelnber SInbrang würbe ^ßeö überwältigen, wenn
bie 3(rt ihm ju begegnen, nicht mit eben ber ©chnel«
ligfeit wechfelte. Die wahre Xugenb i(l jwar nach
ber ©eite be^ ©efe^eö hin, unabänberlich biefelbe;
nach ber ©eite be^ $eben^ hin, iff fie aber ftet^ beweg«
(ich unb neu; unb eä ifl nur ÜRange( an ©pannfraft
Digitized by Google
187
St^arafter^^ wenn man, bet g&njiid) oerdnberten
Umflänben, bicfelbe i^anblnng^weife fortfe^en wtE.
Diefer aUer ctbifct)en Xl)ättgfeit ei’gentl)ümlt(f)e
ffied)fel in ber Stellung unb ben ^Bewegungen be^
ipanbelnben, fann in bcr Xbdtigfeit beö Kebner«, ba
(id) btefer nur ber ©ebanfen unb ber SßBorte jur SKea»
Itflmng feiner Sbee bebient, and) nur an ben ®eban#
fen unb ben ©orten, unb an il)rcn (lerö abwed)fetn#
ben ©enbungen, wal)rgenommen werben. X)ieä flnb
bie fogenannten rt)etorifd)en ®ebanfen» unb ©ort«
giguren: ein StuÄbrucf, bei weld)em man ftd> nur
nid)t falt unb fünfllid) jur bloßen Sterbe erfonnene
Scbnörfel benfen muß; woju freilid) ber Slu^brud
»erleiten fönnte; fonbem »on ber ^t)ontaßc, unter
?eitung be^ rbetorifd)en Slffefrö, im Äampfe mit ben
wiberßrebenben ©eßnnungen beö 3til)örcrÄ erfunbene
©enbungen unb Bewegungen ber ®ebanfen unb
©orte: wedbalb and) »ielleid)t biefe le^tercn 3lu^
brücfe, bie feinem fold)en ©ißuerflanbnijfe au^gefe^t
ßnb, ben Borjug »erbienten. Bergteidjen ©enbun»
gen werben ohne Swang unb ©übe im gefelligen
Umgang gebilbeter unb lebhafter ®ei(ler erfunben.
Denn ba bad b^^^^ S^fcKige Seben ein gegenfeitiged
Bearbeiten ber ®emütber, burd) Umtaufd) ber Sin»
fld)ten ifl, wo ein Seber wedjfelnb halb bie SioHe bed
I
/
Digitized by Google
188
9icbnerÄ unb bolb bie beö Subörerö übcntimmt, fo
»irb auö bcr ©prad)c bcjfclbeii, jwar ntd)tö für bie
rl)etorifd)e 9?cil)c bcr SBorilcItungen ju lernen fc 9 n, ba
f«e nur S3rud)fiücfc berfdben cntl)ält; bcjlo ntel)r aber
für bie ffienbungen tn ©ebonfen unb 3Borten, bie
^ter burd) eine ndi)crc 9Birhing unb ©egenmirfung
Icbcnbtgcr unb frdftiger erzeugt werben. Sind) finb
bie fogenannten Figuren, bie öon ben Slebnern angc#
wenbet, unb öon ben 9tbetoren einjeln aufgcjdblt
ben, nur folc^e, tni fUth'd)cn Sßerfel)r bcr üRcnfd>cn
entflanbcnc, ouö bcmfelben ergriffene, unb l|öd)ficnd
nur öerebeltc unb au^gebübete Sfßenbungen bcr Sßor#
flcUung unb beö SJu^brurf^. ©aber bürfen fie, wenn
man ffc recht gebrauchen miß, meber auö Lehrbüchern,
noch felbfl auö ben üoßfommenfien SOBcrfen bcr S3e#
rebfamfeit entlehnt werben, fonbern man muß auf bie
©prachc bc^ Umgangö jurücf gehen, unb fid) aßc bie
Icbcnbigen ißewegungen juiueignen wiffen, woöon man
fich getroffen fühlt, unb bie man felbfl ihr ju. geben
gewußt hat* Ober oicimchr, bcr Dlcbner muß ßch
ben 3uhbrer mit befrimmten 3ügcn, mit aßen feinen
wiberffrebenben Slnßchtcn unb Steigungen »ergegen#
wdrtigcn, unb- fich ben gongen i?crgong bcr ©ache,.
nid)t , .moMologifd) , foiibcru; bialogifcff oorßeßen ; ofö?
Digitized by Googic
189
bonn ttjirb er fül)lcn, wann cö barauf anfommt *),
Slufmcrffamteit ju erregen, ju belehren, ju ermahnen;'
bcn 3ufammenhang ober ben @egcnfa§ mehrerer Oe#
banfen anjugeben; einem Sßonourf ju begegnen, tt}tt
jurücfjufcbleubem; eine ffiahr^eit burch eine unerwar#
tete, iiberrofcbenbe 9Benbung inö ?icht jü fe^en; »on
bem @tnen jum 2(nbern überjugehn; feine @m^)finbung
juriirfjuhalten, ffe burchbrec^en ju loffen u. f. m. S5ei
einem fo tebenbigen ©efiU)I feinet SSer^dltnijfe^, unb
ber borin burd) ihn felbfl hcrt;'orgebrad)ten SBcrdnbe#
rungen, werben, bet jlebem ©d)ritt ben er üorwdrtö
tbut, feine SSorfiellungen, unb burd) biefe and) fein
Siu^brud, eine »erfdjiebene .^orm crl)aitcn.
Sft biefer ÜBed)fcI ber formen in ber r^ctorifdjen
Sorlleltung, ertjifchen Urft)ruhgö, wie wir ju jcigen
bemüht gewcfen ftnb, fo i|i er oud) unter' alten, jur
Erregung be^ Stffeltcd angegebenen SWittctn, bad frdf#
tigfic unb wirffarnfte *♦). 25enn ber SIfeft bc^ 3«^
bbrerö entjünbet itcb an bem 2lffeft beö Siebncrö; unb'
wie fönntc biefer bcuttichcr bewcifeit, baß er gonj »ou
einer 3bee, unb bon bem ©treben flc onbern mitjn#
*) Cicero Orator. 39 ct 40. ‘ ' ' ■ ' - '
y Jam vi>o: ad .aflectui ' nit inagi«' diicit. Quiact, IK; Iv ‘
...u ...ml :: i". J>
Digilized by Google
190
tl)eifen, befeeft fet), afö wenn et bic leSenbigflett ^or#
men bet Darfleßuiig erfd)öpft? 2)ie Slngcmcffenbctt
bet SSorllettungcn für fid) aMn, würbe einen fo(d)en
©nbrucf nid)t bcröorbringen; aud) bic om fcfieflen
gearbeitete Äette bcr ^ebonfen, würbe, wenn jTd)
nid)t ein jebcö ©lieb in berfelben burd) eine eigen«
t{)üntrid)e iBÜbung au^jeicbnete, am ©nbe nur burd)
eine gewijfe ©införmigfeit ermüben. ^ber burd) bie
befonbere unb oft überrafd)cnbc üBenbung, womit jebc
neue SSorjleUung fid) anfünbigt, befommt ffe einen
®tad)el, ber fid) tiefer bem ©emütbe eingräbt, we(«
d)eö ,»on fo toieien ©eiten unauf^örficb gereift unb
getroffen, ficb am ßnbc bem 2lffeft ol)nc SBiberfianb
t)ingeben muff
DieÄ SGBirfen auf ben Siffeft ifl baö unterfd)cibcnbe
SWerfmai, woran man bie rl)etorifd)en giguren crfcn«
nen, unb woburd) man fie »on ben poetifd)cn fon«
bem fann. ®ie le^teren finb toon ber ^^antafie für
bic ^^antafie gefd)offen; ffe finb ein ÜRalcn, ein S3ii«
ben, ein ®arffellen. Die rbetorifcffen ^'guren finb
»on bem ©emütb — fo nenne id) ba^ ganje Snnere
%
beö 5Kenfd)en, in fo fern eö unter ber ?eitung bcd
ffßiffen^ ffel)t — für ba^ ©emütl) l)er»orgebrad)t: ffe
fotten ergreifen, fcffeln, bewegen, fortreißen. ®ie yoe# '
tifd)cn Figuren treten gefeffmüdt unb glänjenb auf.
Digitized by Google
191
unb bic 25id)tfunjt ßefättt ffd) i« il)tem ©cfjimmer;
bie rl)etorifct)en Figuren eine nocfte Äroft, welche
abff(f)tl{cf) atteö (Sepränge »ermcibct, weil baburd) it>re
SBirfung gel)enimt, ober auf bie ^Ijantafte, anjlott
auf ben Siffeft, geleitet »erben lönnte. 2 ßitt man
jtd) ein ©efiitljl für ri)etorifd)e giguren bifben, fo lefe,
man ben Demofll)enc«; benn öon if)m rüi)men bie
ten, baß er feinen Oebanfen borgetragen l|abe, o^nc
ihn auf eine befonbere 2 trt ju ftguriren *); baburt^
»irb man and) am beften inne »erben, »ie groß ber
Unterfd)ieb j»ifd)en r^etorifd)en unb poetifeben gign#
ren fe 9 , benn feine ®dbreibart fann »ol)f bon alle
bem, »aö »ir ^oeße be^ Slu^brucK nennen, freier
fein, aW bie 2 )emoßbcnifd)e. 9Boburd) »ir übrigen«
nid)t behaupten »oUen, baß in eüier Siebe feine bon
ben giguren, bic man ge» 6 bnlid) poctifd)c nennt, 3 U
geßattcn fep. 2 lUe« fommt auf 2 ln»cnbung, ©tel#
lung unb ffiirfung an; unb c« iß fc^r »ol)I mögtid),
baß bei einem berfd)iebencn ©ebraud) unb Bufammen#
bang, biefelbe gigur halb für bie au«male,
balb ben Slffeft errege.
Sei biefer Serfd)iebcnbeit ber poctifdjen unb r^e*
*) Cicero Orator. C. 39. El vero nullus ferc ab co locus
»inc quadam confonmatione sententiae dicitur.
D^ilized by Google
192
torifd)cn gigure«, öcrbient baö Unternehmen \ie auf«
jujät)Ien, eben fo öiel SSeifall bei ben einen, atö SOZiß«
billigung bei ben anbern, ®a bie
ber SiufcnroeU unabhängig macht, unb ihr feinen <5in«
fluß auf ihre ®chö^)fungen öcrflattet, fo werben ihre
formen feine^megeö bon einer nnüberfehbaren 9Ran«
nigfaltigfeit fe^n; benn ihr Urfpmng i(l in ber ^h«”^
tafie allein ju fuchen, bie bei ollem ihren DZeichthum
hoch, wie jebeö menfehliche Vermögen, an gewijfe
entbeefbare ©efe^e gebunben ifL üRan fann baher,
fowohl bei ber Slufjählung ber poetifchen ©attungen,
oK auch bei bem SSerjeichniß ber :poetifchen gigureh,
ju einer erfchbpfenben SBoUfiänbigfeit gelangen. 25o
hingegen bie fittliche 5thötigfeit bcö ÜÄenfehen immer«
^■wahrenb burch feine SBerhältnijfe bebingt wirb, bie in
nie ju bercchnenber SSerfchiebenheit wechfeln, fo ifi eö
auch unmöglich, bie formen, unter welchen biefe Xiia*
'tigfeit erfcheint, mit befriebigenber SBoUflänbigfeit auf«
jujählen. 2)ieö ifl ber ©runb, weöhalb man in ber
©erebfamfeit; nicht wie in ber ^oeftc, gewiffe fich
burch ttnb ©ehalt auöjeichnenbe ©attungen an«
nehmen barf; unb eben beöhnlb wor eö ouch ein thö«
richteö Unternehmen, bie SBenbungen, welche bie ©c«
banfen beö 3?ebnerö, unter ÜKitwirfung ber |letö wech»
fclnben Umflönbc erhalten, unter gewijfe JÄubrifen brin«
gen
Digitized by Google
193
gen ju luoßcu, Wim wäre überljaupt nie barauf »er#
falten, wenn man ben crl^tfcfjen ß^arafter ber S3ercb#
famfeit erfannt, unb fte get)6rig bon ber ^oefcc ju
unterfd)ciben gewußt hätte. 2luc^ liegt e^ am 3lage,
wie fd)lcd)t bieg Unternehmen gelungen fei. ßö giebt
herrlicf)c ©ebanfenwenbungen im 2)emoflhcneö, bie
uoef) fein 9?l)etor in fein SBerjeichniß eingetragen ^at;
unb and) »on ben firchlichen SRebnem (tnb SBiele er»
funben werben, bie ben Sllten gan^ unbefaimt waren.
2luö biefer Sßermengung ber <)oetifcf)en unb rhe#
torifchen Figuren, entjlanb fcf)on bei ben Sllten eine
ganj falfclje Sluffcljt bon bem ©ebraud) uub ber 9Bir#
fung ber leiteten, ßicero unb Quinctilian jlimmcn
barin überein, baß ge jum Xheil alö bloße 2lu^fd)muf#
fung ber 5Kebe, unb jum Skrgnügen be6
gewenbet werben fbnncn *). Sieb barf aber niemalb
if)rc SSeftimmung fepn, wenn ffe anberb, wie wir be#
^u^Men, nid)t bon ber ^l)antajTe für bie ^IjantafTe,
fonbern bon bem ©emütl) für bab ©emüt^ gefdjajfen
werben, ßine anbere bortrejflid)e Siegel über ihren
©ebraudj, bie aber mit jener anberen Sleußerung fei#
*) £i collocationc vcrbonim qaae suniuntiir quasi lumina,
magnum aflerunt ornatuni oratiuni. Cicero Orator. C. 39.
Major par.s lianim riguramm posila est in delcrl.alione.
Qiiiiiclili.m IX. 3.
1.3
Digitized by Google
194
jtf^weged iibercinllimmt, gicbt bcrfcibc Quiiicrilian,
wenn er fagt*), baß 3lUeö, waö bie 2lbjtd)t beö
SÄebnerö md)t beforbert, ihr im 2ßegc flel)t; unb bie
@rjeugung eineö mächtigen 31jfeft^, ber baö ganje
©emütb ergreift, unb in Xbaten ^eroerbridjt, wirb
gewiß burd) nidjtö fo wenig befbrbert, unb folgltd)
fo fcl)r öeri)inbert, afö burcf) jeneö Ieicf)tc ©pief ber
^bantaße, bie »on S3übem ju Silbern gaufcit. 2)eö#
balb behaupten wir, baß in einer Siebe feine §igur ge#
bulbet werben fott, wofern nicht bann, nach Cluincti#
lionö Sfuöbrucf, jebeö 9ßort einen Sljfcft erregt **).
(Sin anberer ©cbrauch ber giguren würbe im SÄebner
eine Slbweicfjung öon feinem 33orf)aben, b. !)♦ «ne
ßttliche ©chwäcfje »erratt)cn, unb anßatt ju feiner
2lbßct)t mitjuwirfen, il)r nur im 3ßegc ßebn, b. b. bie
®emütl)er erfaßen faßen, anßatt ße ^u erwärmen.
ferner ßnb auch h« Stgwrcn, bie in Ifßenbungen
ber ©ebanfen beßebn, jenen Siegeln ber 3(ngemeßen#
heit unb ber ©tätigfeit unterworfen, bie wir für
bie rhetorifchen ©ebanfen überhaupt aufgeßelft haben.
ÜBerat mon bie mdchtigßen unb gewaltigßen unter
biefen Figuren bei geringen SSeranfaffungen tierfchwen#
*) ObsUt cniin quidquid non adjuvnt. Quinctil. VIII. 6.
•*) Quot verba, totidem alTcclus. Quinctil. IX. 3.
Oigilized by Coogle
195
bet, eher jte un»or|id)ttgfr 2Ccife ju einer 3«t ge#
braucht, mo baö ©emiiti) ein fo (Ergreifen
noch nicht erträgt, fo wirb burd) biefe unangemeffene
Sinwenbung ihre SBirffamfeit gehcramt unb oernichtet.
Unb ba, um ju oerhinbern, baß ber Slffeft erfafte,
bic ©ebanfen felbfl in (tätiger SÄeihe fortiaufen müf#
fen, fo i(l e^ ju bemfeiben @nbe and) nothwenbig,
baß bie ffienbung, bie ber eine ©ebanfe genommen
hat, ßd) in biejenige, womit ber folgenbe ©ebanfe
auftreten wirb, ieid)t unb natürlich bcriiere. 2Bobei
noch lu bemerfen iß, baß bie uoUfommenße Figuren#
SSerfettung ihre SÖßirffamfeit berliert, fobaib ße, nach
lurjen 3wifd)enräumen, mehrere ?WaIe hinter cinanber
gebraucht wirb; beim baö fd)on ergriffene ©emuth/
wirb burd) bie Sßicberholung beffen, woburch ei et*
griffen worben, fogleich »on bem Siffefte befreit, unb
jur müßigen ^efchauung ber §orm hingeleitet, bereu
ffiieberJehr in biefem gälte ihm nur einen mußfa(ifd)#
poetifchen ©enuß »crfchaffen würbe,
Unb wie jeber Sßerßoß gegen bic früheren rheto#
rifd)cn ©efe^e, aK ein morafifchft gehler anjufehen
war, fo barf aud) ber fchlcd)te ©ebraud) ber gigu#
ren nie einem ÜKanget an ©enie, foubern immer nur
einer ®d)Wäd)e beö (§h<trafter^ jugefchrieben werben.
$0 iß @iteUeit, wenn man ße jum $runf unb jur
13 •
DigiÜzed by Google
196
Sierfcc »crfcfjwenbet; ifl Stumpfheit beö ftttficfien
©efiibi^, wenn man jTe am unpaffenben Orte ge«
braucht; e^ ijl Trägheit im ^janbelu, Unfdbigfeit ffdj
für höbe 3becn ju begeiflern, wenn man einem @e«
banfen nicht bic fräftigen 5ßenbungcu ju geben »er«
(lebt, burch weiche oliein er ben bcabjlchtigten @in«
bruef berborbringen fann. ®ahcr wirb man auch
nicht burch bic bloße Äenntniß biefer ober anberer 9?e«
geln, fonbem nur burch bie fittlichen SoUfommenbei«
ten, bic jenen gebient entgegengefeht finb, im Stanbe
fepn, bie giguren richtig unb wirffam anjuwenben.
wirb baju ein ®emütb erforbert, baß (Ich für fftt#
liehe 3becn erwärmen fonn; baß bei aUer feiner 95e«
geijlerung einen ruhigen , ficheren Ueberbtief ber Um«
flänbe beibebält; unb bem, an bem wahren SSortbeii
beß Bubörcrß, an feiner SSerebiung, bei weitem mehr
geiegen i|l, aiß an feinem iBeifali.
Kapitel.
^on ber “Pro fa.
3m Sinfang biefeß jweiten SSuchß b^^’O”
anbeifchig gemacht^ bie ©runbjüge ju einer Xbeorie
Digitized by Google
197
ber ^rofa ju entwerfen, unb ffe »on bem ethtfe^en
^rinctp ber fÄ^etorif, boö wir bi^ijer fefige^alten
ben, abjnleiten. 3Btr »erfuc^en je$t, bie^ SBerfpre«
tf)en ju lofen.
2Bir fletten juerfl bie unterfdjeibenben ÜRerfmole
ber ^rofo ouf, inbem wir ffe, um ber größeren 2)eut#
lid)fett wiUen, mit ben eigentl)ümlid)en ^ennieid)en
ber poetifd)en Siebe »ergfeiefjen.
2)er erfie Unterfd)ieb liegt in ber ^eriobe. Siic^t
oW ob (ie ber ^rofa allein eigen wäre, unb in einer
gebilbeten ^oejTc entbehrt werben fonnte. Dod) ffe
erfd)eint in berfelbcn nur afö eine notbwenbige gorm
in 33erfnüpfung ber ©ebanfen, auf weld)e fein »or#
jüglidjer 9tad)bruct gelegt wirb. 3n ber S>rofa bins
gegen befommt ffe, mit SSeibehaltung biefer erften ur#
fprünglichen @igcnfd)aft, nod) eine S5ebeutung,
unb fdjeint ju befonberen jw bienen. 2)aber
üerlangt man in ber ^rofa, baß ßd) febe ^eriobe
burd) etwae @igentbümlid)e^ auöjeidjne, unb ßdj »on
ben »orbergebenben unb nadjfolgenben burd) ihre g^orm
unterfd)eibe; wäbrenb man in ber ^oeße nid)t ta«
beit unb faum bemerft, wenn mehrere höd)ß einfache
unb einanber gattj äbnlid) gebilbete 0ä^e auf einan»
ber folgen.
®cr jweite Unterfchieb liegt in ben SBorten. 3«
Digitized by Google
198
bcr ^ecffe gilt jcbe^ ffiott, ntd)t nur bnrd) fchic 93r*
beutung^ fonbem aud) burct) feinen ^iang unb burc^
fein bloßeö ©afein; bie bem ©inn nod) wid)tig(len
unb untt)id)tigflen hoben olö integrirenbe Xbeile bef#
felben ®onjen^ »ie bie Surger eined greifloot^, giei#
d)en 9iang. 3n ber ^rofo hingegen ifl ber SBertb ber
©orte nod) ihrer S3ebeutung »erfd)ieben; in jebem
©a|e giebt ei eitii ober mehrere, bie burd) eine be#
fonbere ©teKung gehoben unb inö ?td)t gefegt »er#
ben, fo bog bie onbern ihnen untergeorbnet gnb, nnb
nur befh'mmt ju fepn fcheinen, ihnen }u bienen unb
fie JU heben.
Der britte Unterfd)ieb liegt in bem aSerhaitnig ber
langen unb furjen ©pfben, bod in ber ^)oejte SKetmm,
in ber ^rofo Slumernd genonnt wirb. Die aSerfchie#
benheit beiber, laßt fid), fo fcheint ei, am bejlen in
folgenbe ottgemeine SWerfmole gufommenfajfcn. Doö
üRetrum, obgleich ber 3bee ongemejfen, fleUt fid) bod)
ofö etrooö ©elbflflönbigeö bar, nnb fucht eine »on
ben au^gebrüdten @ebanfen unb @efühien unabhan#
gige Siufmerffamfeit auf fid) Ju Jieh«* Deswegen be#
fKmmt eö nicht bioß bie tinjahi unb bie ^oige ber
?dngen unb Äurjen aufö @enaue(le; ei fonbert ffe
and) in einjelnc metrifche ©lieber, bie burd) ihre öftere
©ieberholung um fo mehr bem Ohr unb bem @e#
DigiÜzed by Googic
199
mutt) il)rc bcfonbcre @c(laft cüiprägeu. 3jl üi einer
0prad)e bie SJcrfdjicbenbeit ber Gängen unb Äiirieit
md)t gehörig 6e(limmt, fo erfe^t bic ^oejTe, waö
bierburd) it)rer gorm an @igentl)üntiid)feit unb ©elbjl*
flänbigfeit abgeben würbe, burd) bie 3äbtung ber QpU
ben, n>eld)e bie einjeinen SScr^glieber au6ntad)en, unb
burd) bie regelmäßige SBieberfebr berfelben 8autc am
@nbe ber SScrfc. I5er 9lumeru^
fernt ßd) bon bem ©ebanfen abjufonbern, bleibt bem<
felben jletö untergeorbnet, unb e^ würbe afö einer ber
größten Rebler einer profaifd)en ^eriobe ongefeben
werben, wenn einer ihrer Xbeile, burd) eine ju auf#
fallenbc unb baö ju febr einnebmenbe ^olge »on
Xönen, bie Slufmerffamfeit bon bem 3nbalt auf bie
g^orm jöge. Der 9iumcruÄ orbnet alfo bie ^olge unb
bie 3ai)I bfr Sängen unb Äürjen nur fo, baß ber
Sinbruef ber 9icbc auf bie ßnnlid)en Organe, bem
®inbrucf angemcjfen feb, ber auf baö ©emutb b^f*
borgebrad)t werben foll, bamit biefed nid)t weniger
empßnbc, weil ba^ Obr entweber gar nid)tö emp^n#
ben b^il/ beleibigt worben iß. Unb bamit ber
9tumeruö ßd) nid)t eine, ibm nicht jufommenbe, ©elbß#
ßänbigfeit anmaße, iß eö notbwenbig, unb wirb auch
aügemein geforbert, baß er ßcb oufö ©enauße bem
Snbalt anfd)miege, mit iebem neuen ©ebanfen, ja mit
Digitized by Google
1
200
jeber neuen ^eriobe a6n)cd)ö(e, unb fo in bejlänbiger
ÜKonnigfaltigfeit l)inflrömc.
3(1 ()terburc^, wie icf) glaube, baö ©genthümlicbe
ber ^rofa l)inreicf)enb angegeben, fo frage idj, auö
welchen ^rincipien fann man eine foId)e SEebeform
bebuciren, unb erweifen, bafi (tc fo unb nicht anberö
befchaffen fepn müffe? 2)ieö Problem feheint man fleh
noch ni(i)t aufgegeben ju ha^cn, ba hoch ein abm
liehet, bie poetifchen g'ormen betreffenb, fo Piele Xheo*
retifer befchäftigt hat, unb Poii ihnen fo gtucflich ge#
löjl worben ift. SBarum giebt eg überhaupt eine ^rofa
in ber SEBelt? SIBelcheg (Recht h«t |Tc, neben ber ^oefie
ju erifliren? Sollten bie ÜRenfehen »ielleic()t über#
haupt nur in SBerfen fprechen, unb wäre eg bloß S5e#
quemlichfcit ober Unfähigfeit, wenn fle eg unterlaffen?
Unmöglich, benn man fühlt, baß eg Z)ar(teHungen
giebt, wo bie poetifchen formen burchaug nicht an#
wenbbar flnb; unb bieg rührt nicht etwa Pon ihrer
©chwierigfeit her; benn bie gebilbetc ^rofa hat ihre ei#
genthümlichen (Boriüge, unb folglich ««th »htc ©chwic#
rigfeiten, bie nicht leichter ju befiegen ffnb, alg bie
ber (Berffftfation. (Behauptet fich nun bie ^rofa alg
eine befonbere gorm ber Sarflellung, fo muß ßch
auch SRechtmäßigfeit ihrer Unfprüche aug @rün#
ben erweifen laffen. Ober wollte man, nochbem
I
Digilized by Google
2ül
man bic i)iot^wcnbigfeit ber poerifcfjeii J^ormen bcbu#
cirt batte, bte ^rofa a(ö einen burcbgängtgen itnb
öoHjlänbigen @egenfa$ berfelben aufjleUen, uiib ba«
mit bie ©ad)e f»r abgemadjt anfebn, inbem ja 9iicbtd
fepn tonne, baß nid)t fein @ntgegengefe$teß habe?
3lber biefer ©runbfa^, nid)t ju gebenfen, baß er an
ßd) fetbjl nid)t ju rechtfertigen wäre, tonnte and) hier
gar nicht einmal feine SInwenbung fütben, inbem ßd)
^rofa unb SBerfe jwar unterfcheiben, aber teineßme#
geß burd) lauter entgegengefe$te, unb einanber ent«
fpredjenbe 9Kertma(e, eine paraltef taufcnbe 3(ntitbefiß
bilben. '
Daß 3iecht, mit welchem bie ^rofa ihren ^la^
neben ber ^oefie behauptet, unb bie 9iothwcnbigteit
ber an ihr wahrgenommenen charatteriflifchen jOiert#
male, tann nur bann befriebigenb erwiefen werben,
wenn man fte auß ethifchen ^rincipien conflruirt. Sn
Slbleitung ber Siegeln, welchen baß flttliche ijanbeln
ber SJienfchen, in fo fern eß (Td) ber Siebe bebient,
unterworfen ijl, waren wir biß jum ®efe$ ber ?eben#
bigteit getommen; inbem wir eß weiter entwicfeln,
werben wir barauß bie »Profa, mit Slllern waß fie
Sigenthümlicheß unb Unterfcheibenbeß hat/ entliehen
fehen.
Denn erjllid), ba bem @efc^ ber ?ebenbigteit ju#
Digitized by Google
2()2
folge, jeber ©ebanfc mit einer befoubercn SBenbung
unb Bewegung miftreten foK, fo muß er notiirli«
d)er 2Beifc aud) ber ^eriobe, worin er ffd) barfteUt,
eine eigentijümlidje gönn unb S3iibung mittbeiien.
di läßt ßd) aifo auö biefem eti)ifd)en ©runbe bie
©orgfatt begreifen, mit »etdjer in ber '^rofa bie
^eriobe auögebiibet wirb, bo hingegen in ber ^oeße
eine fofd)e Sluöjeidjnung berfelben, nid)t nur uunö#
tbig, fonberu aud) fehlerhaft fe^n würbe. 2)enn ber
9Bed)fel ber ^eriobenform brüeft einen 2Bcd)fel in ber
©emütb^oerfaßung auö, ber »on bem ßiebner gefor»
bert wirb, ber aber in bem dichter, ba biefer nur
eine unb biefelbc ©cmütbößimmung barßelten will,
nicht ©tatt ßnben barf. 2JZit eben bem 9ted)te, mit
welchem man in ber Dihetorif ©ebanfenßguren am
nimmt, glauben wir auch ^eriobenßguren, bie ßd)
nod) bon ben SBortßguren unterfcheiben, annebmen
ju fönnen: aud) iß ®ieleö, wa^ »on ben SÄhctorf«
unter biefem le^teren 3Jamen angeführt wirb, weni<
ger ffBortßettung alö ^eriobenbilbung , j. 35. Älimar,
Slntitheton, 3fofolon, ^roöapoboßö, unb bie au^
SBerbinbung »on @pibole unb ©pipbora entßehenbe
Äoinoteö.
Slber nicht nur auf beu ^eriobenbau, fonberu
aud) jweitenö auf bie ©tellung ber ÜÖorte, äußert
Digiiized by Google
203
baö @eff$ ber ?cbcnbigfett feinen Einfluß. 2)enn ba
e^ befonberd barauf anfommt, baß bie ©ebonfen nid)t
in cinanber »erflKcßen unb eine gleichförmige SRaffc
hüben, fo müjfen and) bie SBorte, woburch ff cf) ein
jeber am bcutlid)(len auöfpricht, »or ben anbem her»
»orgel)oben unb auögejeichnet werben. SluÄ biefer ethi»
fd)en SInficht ber ^rofa erfiärt ffcf) aifo nicht nur
ber befonbere 5Rachbrucf ber barin'auf bie wichtigflen
2Borte afö ©ubjlanti», Sibjecti», SSerbum, gelegt
wirb, fonbern auch hie ©ntftebung ber erquiffteren
üöortfiguren, a(S ^aronomafe, ^arabiafiole, 3(na#
fiaff^, @panobu^, Siaphora, .^omoioptoton, u. f.w.
3n ber ^oefie wirb ber ©ebrauch biefer Siflwten mit
Siecht »erbammt, weif hier nicht bie 2fu^ jeichnung beö
©inen »or bem Slnbem, fonbern bie SBerbinbung be^
©inen mit bem Stnbem baö ÜBcfentfiche ift. Unb hat
bie ^oeffe ffü) eine ober bie anberc »on biefen ^iflu^
ren angeeignet, wie j. fB. baä ^omoioptoton, notaui
ber Sleim entflanben ju fepn fcheint, fo hat fie hoch
auch jugfeich ihre iSebeutung gäujfich oeranbert; benn
in ber ^rofa wirb ein ©a$ burch baö ^omoioptoton
inbiuibualifirt; in ber ^oefie werben bie Serfe burch
ben SKeim »erfettet unb mit einanber »erbunben.
©nblich brittenö, fann baö ©efe^ ber ?ebcnbigfeit
Weber SKetrum, noch SÄeim, noch abgemeffene ©pf#
Digitized by Googic
' 204
benjabl gcjlattcn; beim baburd) befommt btc äußere
gorm ber SarflcUung eine SÄube unb ein @bemnaaß,
fie brüeft ein genügticbe^ Seijagen aui, meicf)eß jttiar
3 ur 3lii(5bi(bung poetifrfjer 3been notljrpenbig gehört,
aber bem affeftuelteu unb uad) ber Erregung beö SIf#
feW jtrebenben ^anbein bei Stebnerß immer fremb
bleiben muß. 2)ef|en ungeod)tet, ba baö ©gen»
tf)ümlid)e ber rt)etorifcben ©ebonfen nicht nur in bem
^eriobenbau unb ber ÜÖortßettung, fonbem aud) im
S8erl)ältniß ber Gängen unb jfürjen auöjubrücfen jlrebt;
ba jur beßeren 0onberung ber ©ebanfen, baö lang#
famere @inherfd)reiten beö einen, bon bem fd)neUeren
gtuge beÄ anbem gefdjieben, unb burd) baö Ohr ^rm
©emüth bemertbar gemacht werben muß, fo erforbert
bai ©efe$ ber ?ebenbigfeit eine ber jebeömaligen 33or#
ßeßung angemeßene 9)Zifchung ber ©piben in Stiief#
ßcht ihrer Quantität, nur baß bic Slrt unb Sßeife
biefer ÜRifeßung mit jebem ^perioben wech^te, unb nie«
mafö auf Untoßen beö ©ebanfenö befchäftige; wäre
bieö ber gall, fo würbe ber Dtebner, bie nur bem
Dichter jufommenbe, ißm feibß aber burd) baö @e*
fe^ ber ?ebenbigfeit »erbotene SBebaglicßfeit öerratben;
unb auch baö wonach fr ßrebt, bie ^eröorbrin?^
gung beö Sißefteö im Sußorer, würbe unerreicht b(ei#
' ben, fobaib biefer eben fo feßr burd) ben mußfalifchen
Digitized by Google
205
@enuß bcr 3^onfofgc crgofet, aW burcf) b«e Äraft be^
©ebaitfend getroffen würbe.
9^euitte$
0 (b t u ^•
Unfre etf)ifcbc 2lnfTcf)t ber SJerebfamfeit |Tnb wir
bisher bemübt gewefen, naef) bret toerfebiebenen 0et«
ten auSjubitben; iitbem wir jeigten, erfilid), wie alte
ihre wefent(id)cn @efe$c fittlirbeii Urfprungö flnb;
gweitenÄ, wie nur eine flttfid) gute Sefd) affenbeit bei8
Sbflrflftcr^ 3U ibter Befolgung geneigt unb tüd)tig
«
inad)e; britten^, wie ber 9iebner be^ @rfo(geö um fo
ficberer i(l, afö er biefc flttlicben ©ebote firenger beob«
ad)tet, unb alle minber fautern DlitcffTcbten entfernt.
Unb ba wir in SIbIcitung biefer ©efe^e biö jur
Äonjlruftion ber ^rofa, alö einer notbwenbigen 25or#
(leßung^form ber 9?ebe gelangt ftnb, fo glauben wir
hier bie geber nieberlegen ju fbnnen, ba baö ©efagte
genügen muß, 35enienigciv ber unö bfö btf^cr gefolgt
iji, in ben ©tanb gu fe^eu, über bie 9tid)tigfeit unfrer
ipDpotbefe ein Urtbcil gu fällen; unb eö 23emjenigen,
Digitized by Google
206
ber t^r Beifall gtebt^ itun au(t) m'c^t fc^toer fe|>tt
wirb, unfre @runbfä^e auf ^enamatiou unb anbere
SJugenwcrfe ber Sercbfamfctt, n>ot)on wir nid)t ge#
l^anbelt ^aben^ ansumenben.
®ebrucft bei H. SB. @<babe.
Digitized by Goog!
21 n j e I g c.
'Son ^cnl 'SJerfflffer bicfc'J 58u^#, Jpcrm Öber^ßonfillo^
rial*S)iatI), Jpofs unb Ooms^rebiger
Dr. granj 2(;cremin
^tt ®crlin, finb tia je$t folgcnbe ©djriftcn erf4>icnfn:
Die ?cl)rc öom gbttlidjcn SÄeid), bargcjlcüt k.
18-23. I ^()lr.
2lbalbert6 SBefciintniffc. 3weite, vermehrte 3(ttf#
(age. 1835. 1 5 0gc.
jpebräifd)c ©efänge; auö bem ©ngtifet)«! bcö ?orb
93i;ron uberfc^t. 18‘20. 15 0gr.
?eitfabeii für beii d)rifllid)en 5HcItgtonö#Uitä'
tcc.rtd)t. gr. 1'2. 1830. 7| 0gr.
2tt)ciib(lunben C@cbid)te, ©cfpräcbe, tbcologtfdje
3tb(>anb(ungm ). 2 183.3. 2 '51)(r. 10 0gr.
lieber bie beutfd)eii Uniberfitäten. @tn @e#
fprfld). gr.8. ge(). 0gr.
33 om Xobe. ®rei ^rebtgteii, im 3al)rc gel)nt#
ten. gcl). 15 0gr.
<))rebigteit. 8 SJäube, jeberS3anb I X^fr. 10 ©gr.
Caoon unter befonberen 2iteln;
35aSÄreuj(5bri(lt. 333be, jeb.5ßb. lXt)Ir. 10©gr.
3eitgniffc öon St)riflo in einer bewegten
Seif. ‘Prebigten, in ben 3a()ren 1830, 1831, 1832
gcl)o(tcn. 1 ?(;(r. 10 0gr.
gevner ftnb in bem 5SerIage ber Unterjeidineü
ten erfd)ienen:
^'einfinö, S!hei*b., ®ic SSitbung jur beutfeben 5Seü
rebfamteit. 3n SjSricfen an einen 0taat8mann. gr.8.
1831. gel). 15 0gr.
Digitized by Google
Ä»etnftu^, SBorfd)urc ber ©prcc^# iinb 9?cbe<
fun(t, ober tl)corctifcb ? prnfttfcbe 2(nlcitung jum nd)i
ti^cn 0precb«n, 0d)rci6cn unb 93crftc^en bcr beut;
feben 0pracbf- 9?lcrte Tluggube. 8. 1 ^5 0gr.
• Der Dlebiier unb Did)ter, ober SJnleitutig jur
SRebe; unb Diebtfunfr. fünfte 3l'«gga5c. 8. 22J- 0gr.
~ — @efcf)id)te ber beutfd)en ?itteratur, ober ber
0pr«(b;, Dicht; unb SRcbefunfi ber Deutfcbeii biö
auf bie ncue|len Seiten, fünfte 2fuggabe. 8. 1 ^blt-
15 0gr.
.^agen, unb 3. ®ujl. S8üfd)ing, ?itte#
rariftber ©runbrig jur ©efebiebte bee beutfeben ‘Poe|ie
oon ber dlteflen Seit bi« in ba« 16te 3«l)tbunbert.
gr.8. 2 '5b(r. 15 0gr.
^ifebon, g. 3(., ?ettfaben jur ©cfcbicbtc bcr beutfeben
fiitteratur. Dritte, oertnebrte ^luflage. 15 0gr.
lEBacfernogcI, Dr. Ä. ©b. Pb-r Sluönjobl beutfeber
©ebiebte für b^b^fc 0cbulen. S>n*tte, febr oermebrte
2iu«gobe. gr.8. 1 ^blr* 15 0gr.
SBücbncr, Ä., unb ^errmann, .^aubbueb ber
neueren ‘ fronibjifcben 0pra<bc unb 2itteratur, ober
3(u«n)abl intereffanter, ebronoiogifeb georbneter 0tücfe
au« ben beften neueren franj&|ifcben 'Profaiften unb
Dichtern, neb(t Süaebriebten »on ben 9Serfa|fern unb
ihren SSerfen. ‘Profaifeber 5bfd. S«neite, burebroeg »er;
befferte unb oermebrte 3fu«gabe. gr.8. l'Jblt. lO0gr.
(Der poetifebe ^b*‘J loflet ebenfall« 1 $b*t; lO0gr.)
®erlin, im Sanuar 1837.
©Ult cf er unb ip umblot.
Digiiized by Google
Digitized by Google
Digitized by tioogli.-
Digitized by Googk
V’>..
«IM Tug«KJ